Rote Liste der UNESCO: Vassilakou will nachhaken

Nachdem die UNESCO das historische Zentrum Wiens auf die Rote Liste gesetzt hat, will Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) nachhaken und „falsche Infos“ korrigieren. FPÖ und ÖVP forderten unterdessen ihren Rücktritt.

„Die UNESCO hat bereits im Frühjahr eindeutig mitgeteilt, dass, wenn die Widmung für das sogenannte Heumarkt-Areal beschlossen wird, Wien auf die Rote Liste gesetzt wird. Insofern ist das eine Entscheidung, von der wir wussten. Es ist bedauerlich, dass die Auffassungsunterschiede mit der UNESCO weiter bestehen“, sagte die Ressortchefin.

Rendering neues Konzept für Heumarkt

Isay Weinfeld&Sebastian Murr

Die UNESCO sei auf Vassilakous Argumente nicht eingegangen

„Innenstadt ist tipptopp saniert“

Die UNESCO sei leider nicht auf den Umstand eingegangen, dass das betreffende Hochhaus überarbeitet wird. Es werde zudem ignoriert, dass es sich am Heumarkt bereits um einen Hochhausstandort handle und sich in der Umgebung bereits andere höhere Hochhäuser befinden würden: „Und es wird ignoriert, dass mit dem betreffenden Projekt eine wesentliche Verbesserung des öffentlichen Raums erreicht wird. Auch die Kulturinstitution Eislaufverein wird abgesichert“, so Vassilakou.

Wien wird sich laut Vassilakou bemühen, dass das historische Zentrum wieder von der Roten Liste genommen wird: „Ziel ist, die falschen Informationen zu korrigieren.“ So sei etwa geplant, die Bauordnungsnovelle, die demnächst bevorstehe, zu übermitteln. Mit dieser werde der Schutz von historischen Häusern verstärkt - der in Wien schon jetzt sehr ausgeprägt sei: „Die Innenstadt in Wien ist tipptopp saniert, die Gebäude werden weiterhin genutzt.“ Gleichzeitig müsse es aber möglich sein, dass etwas Neues entstehe.

Dialog mit UNESCO „schwierig“

„Für mich ist der Dialog wichtig“, beteuerte die Stadträtin. Jener mit der UNESCO sei jedoch schwierig, da die Möglichkeiten dazu veraltet und starr seien: „Es ist kaum möglich, den eigenen Standpunkt direkt zu vertreten. Es ist nicht möglich, dass man sich bewegt und zu gemeinsamen Auffassungen findet.“ Stattdessen würden dieselben Vorgaben immer wieder wiederholt, die „im Übrigen sehr schwer vereinbar sind mit den Bedürfnissen von Millionenmetropolen“, wie Vassilakou versicherte.

Vassilakou für FPÖ und ÖVP rücktrittsreif

Vassilakou geriet nach der UNESCO-Entscheidung am Donnerstag einmal mehr ins Kreuzfeuer der Rathaus-Opposition. FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus bezeichnete sie als „endgültig rücktrittsreif“, nahm aber die gesamte Stadtregierung in die Pflicht: Die UNESCO-Entscheidung habe „allein Rot-Grün durch ihr kurzsichtiges Agieren“ in Bezug auf das Heumarkt-Projekt zu verantworten. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) schloss sich der Rücktrittsforderung an.

Selbiges legte auch Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel der Stadträtin nahe. Denn Wien brauche endlich „Stadtplanung, die diesen Namen verdient und einer Weltstadt wie Wien auch würdig ist“. Rot-Grün mache die Stadt zum „Katastrophengebiet“, schlussfolgerte er - denn im Rahmen der Welterbetagung sei vor allem über Kriegs- und Katastrophengebiete diskutiert worden, etwa über das durch ein Erdbeben in Mitleidenschaft gezogene Tal von Kathmandu.

Vom Bezirksvorsteher der Innenstadt, Markus Figl (ÖVP), kam indes die Forderung an die Stadtregierung, „alle Schritte“ zu unternehmen, um das Weltkulturerbe zu erhalten. Figl befürchtet außerdem, dass weiteren Hochhäusern mit der Aberkennung Tür und Tor geöffnet würden.

NEOS für Bausperre

Verärgert zeigte sich auch NEOS, das einmal mehr ein Bürgervotum zum Weltkulturerbe forderte. „Der Weltkulturerbestatus ist zu wichtig, als dass seine Aberkennung nur das Ergebnis eines chaotischen Vorgehens von Rot-Grün am Heumarkt sein darf“, konstatierte Klubobfrau Beate Meinl-Reisiniger. NEOS überlege nun, im ersten Gemeinderat nach der Sommerpause eine Bausperre für das betreffende Areal zu beantragen. Diese solle aufrecht bleiben, „bis die Weltkulturerbefrage geklärt ist“.

Scharfe Worte auch von Parteikollege Zinggl

Scharfe Worte kamen zudem von grüner Seite. Wolfgang Zinggl, grüner Kultursprecher im Nationalrat und seit jeher lautstarker parteiinterner Kritiker des Heumarkt-Projekts, stellte gar die Vermutung an, dass sich die Stadtregierung bewusst vom Weltkulturerbe verabschiede, um im Sinne von Investoren hinderliche Auflagen der UNESCO loszuwerden.

Die Planungssprecher von SPÖ und Grünen, Gerhard Kubik und Christoph Chorherr, demonstrierten in einer gemeinsamen Aussendung durchaus Gelassenheit. „Wien wird immer Weltkulturerbe bleiben, dafür werden wir Sorge tragen“, betonten die beiden Abgeordneten mit Verweis auf einen kürzlich erfolgten Gemeinderatsbeschluss, keine weiteren Hochhäuser in der City zu bauen. Außerdem stünden derzeit 55 Welterbestätten auf der Roten Liste, dennoch besäßen alle Orte nach wie vor den Welterbestatus.

IG-Autoren fordern Erhalt des Welterbestatus

„Die Zeit für Ausflüchte ist endgültig zu Ende, es müssen Verhältnisse geschaffen werden, die den Erhalt des Weltkulturerbestatus garantieren“, forderte IG-Autoren-Autorinnen-Geschäftsführer Gerhard Ruiss bereits in einer Aussendung am Mittwoch.

„Dieses blamable Ergebnis einer sich bei der Bewilligung des Heumarkt-Projektes an Sachverhalten nicht interessiert zeigenden Wiener Stadtpolitik hat sich schon lange vorher abgezeichnet“, urteilte Ruiss. Anstatt sich den Tatsachen zu stellen, habe die Stadtregierung „zu einer Wunschvorstellung nach der anderen gegriffen“.

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