Wega: Verletzte und Erfahrung bei G20-Demos

215 Polizisten aus Österreich sind in der Vorwoche beim G20-Gipfel in Hamburg im Einsatz gewesen, darunter 74 Beamte der Wega. Fünf Polizisten wurden verletzt, Einsatzleiter Ernst Albrecht verwies auf Erfahrungen für die Zukunft.

„Wir haben Erfahrungen zur Einsatzführung und zur Konzeption des Einsatzes gemacht. Wir haben für uns selbst gelernt, dass wir der Belastung Stand gehalten haben, das ist auch nicht selbstverständlich bei solchen Einsätzen. Und wir können in bestimmten Bereichen jetzt vorausdenken - wir hoffen, dass wir eine solche Lage in Österreich nicht haben werden, aber man kann sich intensiver hineinversetzen und das in die Ausbildung aufnehmen“, bilanzierte Albrecht im ORF-Interview.

Geholt hat man die österreichischen Polizisten auf Basis des 2003 abgeschlossenen „Deutsch-Österreichischen-Polizei- und Justizvertrages“ sowie des „Prümer Vertrages“ aus dem Jahr 2005. Insgesamt kamen 215 nach Hamburg, darunter waren 74 Polizisten der Wega und 20 Beamte des Einsatzkommandos Cobra. Letztere etwa waren am Flughafen sowie im Schanzenviertel eingesetzt. Die Wega war ab 3. Juli bei Kontrollmaßnahmen und bei der Räumung im Schanzenviertel eingesetzt.

Ernst Albrecht

ORF

Ernst Albrecht im ORF-Interview

Betonplatten und Molotow-Cocktails

„Ab 6. waren wir an vorderster Front bei der als problematisch eingestuften Demo“, erklärte Albrecht am Dienstag mit Verweis auch auf die „Welcome to Hell“-Demo. Die Räumung des Schanzenviertels etwa dauerte bis 4 Uhr Früh, man blieb bis 7. im Einsatz ohne einer Minute Schlaf. „Der 7. war der schlimmste Tag“, es habe Brandstiftung und Plünderungen gegeben. Die Angriffe auf die Einsatzkräfte seien massiv geworden.

Albrecht schilderte etwa, dass auf Dächern Betonplatten zum Runterwerfen vorbereitet worden seien, auch von Molotow-Cocktails war die Rede. Die Kollegen der Cobra mussten daher die Hausdächer sichern. Was das Werfen von Pflastersteinen betrifft, habe man „eine neue Qualität“ erreicht, denn hinter Barrikaden seien Steine für Werfer vorbereitet worden: „Da wurde arbeitsteilig vorgegangen“, berichtet Albrecht weiter. „Mir fällt kein anderer Begriff als bürgerkriegsähnliche Szenarien ein“, so der Wega-Kommandant.

„Das war ein sehr schwieriger Einsatz“, aus dem man aber auch viel an Erfahrung mitgenommen habe, resümierte er. Durch Angriffe seien etwa Funkgeräte zerstört worden, man will daher auch wieder mit Handzeichen untereinander kommunizieren, nannte Albrecht ein Beispiel. Laut seinen Angaben habe das halbe Kontingent Blessuren wie Prellungen und Schürfwunden erlitten, auch ein Treffer auf den Kopf wurde verzeichnet. Fünf Polizisten der Wega wurden bei dem Einsatz leicht verletzt.

Bilanz nach WEGA-Einsatz in Hamburg

72 WEGA-Beamte waren in den Krawall-Nächten beim G-20-Gipfel dabei. Jeder zweite hat sich Prellungen oder Schürfwunden eingefangen.

„Gewalt um der Gewalt Willen“

Cobra-Direktor Bernhard Treibenreif ist auch Präsident von Atlas, einem internationalen Netzwerk für Spezialeinheiten. Dass bei großen Demos Sondereinsatzkräfte zum Einsatz kommen, sei nicht üblich, hier sei es jedoch um den Beschuss von Fahrzeugen und Brandstiftung gegangen.

Er gab auch zu bedenken, dass etwa Stahlkugeln Schutzbekleidung durchdringen können: „Das hat eine Qualität, die hat nichts mehr mit einer normalen Demo zu tun. Das ist Gewalt um der Gewalt Willen.“ Insgesamt sei ein gewaltiger Aufwand betrieben worden, die Stäbe müssen daher entsprechend hochgefahren werden bei derartigen Großeinsätzen, zog Treibenreif Bilanz.

Sobotka für Änderungen im Versammlungsrecht

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bedankte sich bei den Polizeieinheiten für ihre Arbeit. Der Einsatz habe gezeigt, dass die Ausbildung der österreichischen Polizisten hervorragend ist, hier werde man daher weiter Top-Maßstäbe anlegen und immer wieder nachjustieren. Der Mannschaftsstand soll auch nach 2018 weiter ausgebaut werden, um die Bedürfnisse der Basis und der Spezialeinheiten abzudecken.

Sobotka meinte, linksextremistischer „fast Terror“ sei lange Zeit negiert worden. Aber: „Es kann nie sein, dass uns Linksextreme vorschreiben, wo wir Veranstaltungen abhalten.“ Der Minister betonte weiters: „Es geht nicht um die Frage des Verschärfens. Die Polizei macht ihre Arbeit nicht aus Jux und Tollerei, sondern um den Staat als Ganzes zu beschützen.“

Widerstand gegen die Staatsgewalt sei daher als Verbrechen und nicht als Kavaliersdelikt einzustufen. Der Ressortchef pochte außerdem auf weitere Änderungen im Versammlungsrecht, kündigte für Donnerstag einen Initiativantrag an und geht davon aus, dass dies „in guter Form“ verabschiedet werden kann.

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