Terrorprozess: Sieben Jahre Haft

Weil er sich in führender Funktion in der radikalislamischen tschetschenischen Terrororganisation „Emirat Kaukasus“ betätigt haben soll, ist am Donnerstag ein 38-jähriger Tschetschene zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Der dem Schwurgericht vorsitzende Richter bezeichnete Magomed I. (38) in der Urteilsbegründung als den „Auslandsvertreter“ der Terrororganisation. Vom Vorwurf, sich Ende August 2012 als Anführer einer 17-köpfigen tschetschenischen Kämpfertruppe an der georgisch-russischen Grenze ein Feuergefecht mit georgischen Truppen geliefert zu haben und für den Tod von drei gegnerischen Soldaten verantwortlich zu sein, wurde der Angeklagte allerdings freigesprochen.

Kein Zeuge erschienen

Die Geschworenen verneinten den inkriminierten dreifachen Mord im Rahmen einer terroristischen Vereinigung einstimmig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Wolfgang Blaschitz erbat Bedenkzeit, Staatsanwalt Leopold Bien gab vorerst keine Erklärung ab.

Bei der Verhandlung war von sieben am Donnerstag zu diesem Beweisthema von der Anklage geführten georgischen Zeugen kein Einziger erschienen. Die georgischen Behörden seien „ganz offensichtlich nicht bereit, das an sie ergangene Rechtshilfeersuchen zu erledigen“, fasste Richter Andreas Böhm die vergeblichen Bemühungen zusammen, die Zeugen - allenfalls auch per Videokonferenz - befragen zu können.

Zwar hatte Georgien der Wiener Justiz vor Monaten schriftlich „volle Unterstützung“ bei der Führung des Strafverfahrens gegen I. versprochen. Den Worten folgten jedoch keine Taten, obwohl ein in Georgien aufhältiger österreichischer Kontaktbeamter wiederholt darauf gedrängt hatte.

Asyl in Österreich seit 2009

Laut Anklage soll I. eine 17-köpfige tschetschenische Kampftruppe angeführt haben, die über das georgische Lopota-Tal in der russischen Teilrepublik Dagestan einfallen und dort Anschläge verüben wollte. Die georgischen Sicherheitsbehörden bekamen davon Wind und lieferten sich mit den Tschetschenen eine Schießerei, bei der drei georgische Militärs und sieben mutmaßliche Terroristen ums Leben kamen.

Die Staatsanwaltschaft Wien legte im Zusammenhang damit I., der 2005 von Tschetschenien nach Österreich gekommen war und der seit November 2009 als Konventionsflüchtling Asylstatus genießt, mehrfachen Mord im Rahmen einer terroristischen Vereinigung nach den Paragrafen 278 b Absatz 2 (terroristische Vereinigung) und 278 c (terroristische Straftaten) StGB zur Last.

Außerdem soll sich I. von Österreich aus in einer höherrangigen Funktion für das „Emirat Kaukasus“ betätigt haben, das einen unabhängigen islamistischen Gottesstaat im Nordkaukasus errichten möchte.

Falsche Angaben

Vor diesem Hintergrund hätte er nach seiner Flucht nach Österreich im Asylverfahren falsche Angaben gemacht. Er sei im Sommer 2012 allein und ohne irgendeinen Auftrag nach Georgien geflogen, weil seine Schwester entführt worden sei und er ihre Freilassung bewirken wollte, so die Angaben des Angeklagten. Dort hätte er dann von einer geplanten Aktion von jungen Tschetschenen erfahren. Er habe sich der Gruppe angeschlossen - jedoch nicht aus Überzeugung und schon gar nicht als Kommandant, sondern als „Maulwurf“.

Vor Erreichen des russischen Territoriums will I. eine SMS an Islam Kadyrow, den Bruder des tschetschenischen Präsidenten, geschickt und vor dem geplanten Terrorakt gewarnt haben. Daraufhin seien georgische Spezialkräfte informiert worden, die den Grenzübertritt der tschetschenischen Kämpfer verhindert hätten. Er selbst habe am Feuergefecht mit den georgischen Soldaten gar nicht teilgenommen, sondern sich vor der Schießerei abgesetzt, so die Darstellung des 38-Jährigen, der sich seit April 2016 in Wien in U-Haft befindet.