„Whatchado“-Gründer schmiss selbst Schule

Vom Flüchtlingskind über den Schulabbrecher hin zum erfolgreichen Gründer der Berufsplattform „Whatchado“. Im „Wien heute“-Interview spricht Ali Mahlodji von Bildung, Integration und dem Gefühl, nicht gut genug zu sein.

Als Zweijähriger floh Ali Mahlodji mit seiner Familie aus dem Iran nach Österreich. Seine Eltern, beide Akademiker, wurden vom Mullah-Regime verfolgt. Die erste Station war ein Flüchtlingsheim in Traiskirchen, danach wuchs er in Simmering auf. Knapp vor der Matura brach Mahlodji die Schule ab, um zu arbeiten. Dennoch ist Bildung für ihn heute ein hohes Gut: „Ich habe die Schule damals hingeschmissen, weil ich Angst hatte, vor vielen Menschen zu sprechen. Ich habe gestottert. Aber ich wusste auch ganz genau, eine Ausbildung, die du einmal gemacht hast, kann dir keiner mehr wegnehmen“, sagt er im „Wien heute“-Interview.

Mahlodji

ORF

Ali Mahlodji versucht, Jugendliche von Bildung zu überzeugen

Das versucht er auch Jugendlichen zu vermitteln, mehr als 50.000 Jugendliche besuchten er und sein Team in den vergangenen Jahren: „Ich erzähle ihnen ganz klar, wie es in der Arbeitswelt aussieht und ich mache ihnen auch klar: Sie haben nur eine Lebenszeit und da ist Bildung die eine Sache, die einen wirklich oft weiterbringt. Und Jugendliche verstehen das auch, wenn man ihnen diese Eigenverantwortung zusteht“, ist Mahlodji überzeugt, der 2013 zum europäischen Jugendbotschafter ernannt wurde. Seine eigene HTL-Matura und einen FH-Abschluss holte er am zweiten Bildungsweg nach.

40 Jobwechsel bis zur „Whatchado“-Gründung

Stottern und Schulabbruch haben den heute erfolgreichen Unternehmer jedenfalls nicht abgehalten. Mehr als 40 Mal wechselte er den Job, bis er schließlich 2012 in Wien das Start-up-Unternehmen „Whatchado“ (englisch umgangssprachlich für „Was machst du?“) gründete - eine Karriereplattform, auf der Menschen von ihrem Leben und ihren Berufen berichten. „Was wir oft sehen, ist das Gefühl, einfach nicht gut genug zu sein. Als ich die Schule abgebrochen habe, hatte ich auch das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Aber ich hatte zum Glück immer Menschen in meinem Leben, die mir Mut gegeben haben.“ Das will nun auch Mahlodji vermitteln.

Selbst nach Österreich geflüchtet, beschäftigt den gebürtigen Iraner auch die derzeitige Situation von Flüchtlingen in Wien. Dass viele - trotz möglicher Qualifikationen - erst einmal in Hilfsjobs landen, sieht er nicht als Problem: „Als wir geflohen sind, waren die ersten Jobs, die meine Eltern angenommen haben, auch Hilfsarbeiterjobs: Mein Vater hat Boden geputzt, meine Mutter hat Boden geputzt - aber sie haben dann ihre Chancen genutzt.“ Wichtig sei nicht zu fragen, warum Menschen in diesen Jobs landen, sondern zu schauen, dass es Chancen gibt, die diese nutzen können.

Mahlodji

ORF

Zusammen mit seinen Eltern flüchtete Mahlodji aus dem Iran nach Österreich

„Geh wieder zurück, du bist ein Brauner“

Sein Leben und seine Erfahrungen hat Mahlodji jetzt auch in seinem Buch „Und was machst du so?“ festgehalten. Auf Ablehnung ist er Zeit seines Lebens gestoßen: „Ich denke, das habe ich in meinem Leben früh gehört: Geh wieder zurück, du bist ein Brauner. Die Antwort ist: Niemand sucht sich freiwillig aus, das eigene Land zu verlassen, niemand steht auf und sagt: Ich lasse meine Familie und Freunde zurück und verlasse meine Heimat und gehe in ein Land, in dem mich keiner kennt.“

Ablehnende Menschen werde es jedoch immer geben - und er könne diese Haltung auch nachvollziehen: „Ich denke, wenn wir Angst vor Dingen haben in dieser Welt, dann ist immer eine große Ablehnung da.“ Mahlodji hat aber auch ein Gegenmittel parat: „Ich habe immer versucht, mit den Menschen in einen Dialog zu treten. Dialog ist das Einzige, was Menschen wirklich dazu bringt, ihre Sichtweise zu verändern.“

Link: