Transsib bis Wien: Studie ortet riesige Chancen

Zuletzt ist es still geworden um die länger angedachte Verlängerung der Transsib-Breitspurbahn für Güterverkehr bis in den Raum Wien. Jetzt gibt es eine Machbarkeitsstudie, die riesige wirtschaftliche Chancen ortet.

Inhalte der Studie haben am Freitag Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ), ÖBB-Infrastrukturvorstand Franz Bauer und der Deloitte-Partner sowie Studienautor Alexander Kainer in Wien präsentiert. Grundtenor: Die Breitspurverlängerung samt Bau eines Terminals auf österreichischem Boden würde der heimischen Wirtschaft einen großen Schub verleihen. Es könnten jährlich rund 20.000 Züge mit 67 Waggons, auf die jeweils zwei Container passen, ankommen.

Leichtfried: Baustart ab 2023 möglich

Aus Sicht von Leichtfried ist die Entscheidung für eine rund 400 Kilometer starke Verlängerung ab dem ostslowakischen Kosice bis in den Wiener Raum „jetzt“ zu treffen. Er selbst bekenne sich voll und ganz zur Verlängerung. „Österreich ist das logische Land, wo die Transsib enden soll. Hier kann die Transsib an das hochrangige europäische Eisenbahnnetz, die Schifffahrt und auch den Flughafen Wien angebunden werden“, so der Minister.

Details zu einer konkreten Trasse oder einem Ort für den geplanten Containerterminal könne man aber noch keinen nennen, dafür sei es „noch zu früh“, so Leitfried. Technisch ist laut dem wahlkämpfenden SPÖ-Politiker ein Baustart 2023 möglich. Der Betrieb könne rund zehn Jahre später starten.

„Ich will Österreich zur Logistikdrehscheibe in Europa machen“, so Leichtfried. Das schon bestehende Kreuz von drei europäischen Eisenbahnkorridoren spreche neben der Donau und dem Airport für Wien als Anbindungsort der Transsib. „Die Warenströme sind jedenfalls vorhanden und die Eisenbahn ist schneller und ökologischer als die Schifffahrt zwischen Ostasien und Europa.“

Rund 6,5 Mrd. Euro Baukosten

ÖBB-Vorstand Bauer strich die „gute und intensive Kooperation“ zwischen den Eisenbahngesellschaften der vier Partnerländern hervor. „Das Projekt ist machbar. Ziel ist eine einspurige Breitspurverbindung mit Ausweichstellen.“ Private Investoren sollen wahrscheinlich mit an Bord. Dann könne man schauen, wie man die Baukosten auf alle Projektpartner verteilen könne.

Die gesamten Baukosten für die Verlängerung samt Trockendock würden rund 6,5 Mrd. Euro ausmachen. Auf österreichischem Boden alleine würde die Verlängerung rund 85 Mio. Euro kosten und der Containerterminal rund 850 Mio. Euro. Dazu würde man eine weitere Milliarde Euro in die Verstärkung des bestehenden Bahnnetzes stecken. Finanzierungsdetails zwischen den vier Partnerländern sind freilich noch gänzlich offen. Die EU-Russland-Sanktionen würden das Projekt weder gefährden, noch bremsen. Seitens der EU gebe es wohlwollende Signale zum Projekt.

Absichtserklärung vor vier Jahren

Laut Studienautor Kainer würde die Breitspurbahnverlängerung mit Terminal von der Bauphase bis zum Vollbetrieb 127.000 heimische Jobs schaffen und sichern. Zu Spitzenzeiten könnten durch Bau, Betrieb und Betriebsansiedelungen in Terminal-Nähe 9.000 Arbeitsplätze entstehen. Langfristig würde der Betrieb für rund 4.000 Jobs sorgen. Von einer Gesamtwertschöpfung von 30 Mrd. Euro bis 2054 (nach einem rund 30-jährigen Betrieb) würde die Hälfte auf Österreich entfallen. Für die Slowakei wurde eine Wertschöpfungsanteil von zehn Mrd. Euro errechnet.

Für die Verlängerung der Breitspurbahn hatte sich zuletzt beispielsweise auch stets der ÖVP-Wirtschaftsbund Wien deutlich ausgesprochen. Vor vier Jahren hatten die Bahnchefs Russlands, der Ukraine, der Slowakei und Österreichs - damals noch der jetzige Kanzler Christian Kern (SPÖ) - eine Absichtserklärung unterzeichnet.

Wirtschaftskammer: Nicht mehr nur reden

Eine große wirtschaftliche Chance in der Transsib-Verlängerung sieht auch Davor Sertic, Obmann der Transportsparte in der Wiener Wirtschaftskammer. „Doch jetzt darf nicht mehr nur geredet werden, jetzt muss eine Entscheidung fallen“, konstatierte er in einer Reaktion auf die Machbarkeitsstudie. Sonst lande das Projekt in einer „endlosen Warteschleife“. Auch ohne diese Studie seien die positiven Effekte zudem längst bekannt.

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