Gefängnisse: Maßnahmen zur Deradikalisierung

Maßnahmen zur Deradikalisierung von Dschihadisten in Gefängnissen hat es bisher als Pilotversuch gegeben. Nun soll es eine österreichweit Umsetzung geben, so Justizminister Brandstetter am Donnerstag in der Justizanstalt Simmering.

Die Insassen in der Justizanstalt Simmering, verbüßen Haftstrafen bis höchstens fünf Jahre wegen Drogendelikten, Diebstahl oder Raub. Unter den Insassen sind auch Dschihadisten. Bundesweit sitzen derzeit 64 Personen wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Islamistisch radikalisiert haben sich die meisten vor dem Gefängnis.

Im Strafvollzug sollen sie von Anfang an deradikalisiert werden. Ziel ist es, sie von der religiös begründeten, extremitischen, gewaltbejahenden Ideologie los zu bekommen. Betreuung durch anerkannte Imame ist - auch in Simmering - nur eine der Maßnahmen, das zeigen Begleitstudien. „Wichtig ist mir, dass man Seelsorge und deradikalisierende Maßnahmen auseinander hält“, so ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter gegenüber „Wien heute“.

Justizminister Wolfgang Brandstetter und ÖVP-Obmann Gernot Blümel

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Justizminister Wolfgang Brandstetter mit dem Wiener ÖVP-Obmann Gernot Blümel in der Justizanstalt Simmering

Gespräche und Ausbildung

Zu den Maßnahmen zählen Gespräche mit Psychotherapeuten, Psychologen und Sozialarbeitern sowie Anti-Gewalt-Training und politische Bildung. Dazu kommt Beschäftigung: Arbeiten für Firmen draußen, Lehrabschlüsse nachholen, Aus- und Fortbildung für die Zeit danach.

In Simmering können die Häftlinge zu Maler- und Beschichtungstechnikern, Restaurantfachmännern, Köchen, Metallbearbeitungstechnikern, Bauspenglern, Bäcker und bald auch zu Tischler und Maurer ausgebildet werden, sagte die Leiterin vom Wirtschaftsbereich der Strafanstalt, Klaudia Osztovics. In den vergangenen 30 Jahren haben 1.000 Häftlinge dort ihren Lehrabschluss gemacht.

Alle anderen Insassen können in ihren Berufen weiterarbeiten, 80 Prozent der 383 Insassen in Simmering haben eine Beschäftigung. Man sei bestrebt, auch im Sommer aufgrund von Urlauben keine Betriebe zu schließen, hieß es aus der Justizanstalt.

Justizanstalt Simmering

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In der Justizanstalt Simmering können Häftlinge etwa einen Lehrabschluss machen

Probleme bei Suche nach Wachebeamten

Bei der Justizwache sind in ganz Österreich derzeit 60 Planstellen offen. Da die Beamte nicht nur bewachen, sondern sich auch um die Ausbildung und Beschäftigung der Häftlinge kümmern sollen, ist es nicht einfach, Bewerber für diese Anforderung zu finden. „Ja, wir haben ein Problem bei der Rekrutierung“, gab Justizminister Brandstetter zu.

In der Justizanstalt Simmering fehlen laut Leiter Wolfgang Huber aufgrund von Pensionierungen vorerst vier Justizwachebeamte, was eine Mehrbelastung für die Kollegen bedeutet. Bis Ende des Jahres werden in Österreich 100 neue Justizwachebeamte in den Dienst gestellt. Deren Schulung hat Anfang des Jahres begonnen.

„Die Nachbesetzung ist nicht so einfach“, meinte Brandstetter. Denn für den Justizwachbeamte sei es eine Doppelbelastung, neben der Bewachung eine handwerkliche Ausbildung zu haben. Zudem müssen sie psychisch gefestigte Persönlichkeiten sein, erklärte der Justizminister.

Maßnahmen gegen Radikalisierung

Als Pilotversuch gestartete neue Maßnahmen sollen jetzt großflächig zum Einsatz kommen, etwa in der Justizanstalt Simmering.

Sanierung der Josefstadt ab 2019

Derzeit wird der ehemalige Zöglingstrakt in Simmering - dort waren bis 1975 jugendliche Strafgefangene untergebracht - umgebaut, der weiteren Platz für Häftlinge bieten soll. Das könnte insofern zum Tragen kommen, denn bald soll die derzeit völlig überfüllte Justizanstalt Wien-Josefstadt saniert werden.

Bis 2019 wird die Planung beim Finanzministerium einreicht, sagte Josef Schmoll aus dem Justizministerium. Dabei dürfte Trakt für Trakt saniert werden und die Häftlinge in andere Justizanstalten untergebracht - mehr dazu in Justizanstalt Josefstadt wird generalsaniert.