Finanzbeamtin „spionierte“ nach Daten

Wegen Amtsmissbrauchs ist eine ÖVP-Gemeinderätin aus Niederösterreich am Landesgericht zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Die Beamtin eines Wiener Finanzamtes hatte nach Gemeinderatskollegen „spioniert“.

Die Angeklagte war hauptberuflich als Sachbearbeiterin in einem Wiener Finanzamt beschäftigt. Laut Anklage tätigte sie über Jahre hinweg im finanzinternen Register regelmäßig verbotene Suchabfragen, die sich unter anderem auf andere Gemeinderäte der Ortschaft im östlichen Niederösterreich bezogen.

Von einer Vielzahl von Fällen wurden letzten Endes 28 zur Anklage gebracht. Während manche Abfragen mit Wissen und Duldung der Betroffenen erfolgten, die etwa auf kurzem Weg allfällige Steuerrückstände in Erfahrung bringen wollten, führte die Angeklagte die inkriminierten Fakten ohne Einverständnis der Betroffenen und vor allem ohne dienstliches Interesse durch.

Angeklagte: „Suche nach Geburtsdaten“

Vor Gericht behauptete die Angeklagte, sie habe vorwiegend Adressen und Telefonnummern nachgeschaut. „Ich hab den schnellen Weg gesucht“, erwiderte sie auf die Frage, weshalb sie sich dazu nicht eines Telefonbuchs bedient hätte. Auch Geburtsdaten hätte sie eruiert - „zum Gratulieren“, wie sie vorgab.

Ob es sich bei den Geschädigten um Vertreter anderer politischer Gruppierungen handelte und ob es in dem einen oder anderen Fall nicht vielleicht doch auch um finanzielle Dinge ging, blieb in der Verhandlung ungeklärt. Richterin Claudia Bandion-Ortner gab sich mit den Angaben der Angeklagten zufrieden und hakte nicht weiter nach.

Befangenheit bei Akt des Bruders

Ein weiterer Anklagepunkt betraf einen Akt, den die Finanzbeamtin wegen Befangenheit nicht bearbeiten hätte dürfen. Ihre Eltern hatten ihrem Bruder zu Lebzeiten ein landwirtschaftliches Grundstück überschrieben, auf dem der Unternehmer eine Halle errichten wollte. Er suchte in weiterer Folge um eine Baubewilligung an. Dass im zuständigen Finanzamt just seine Schwester mit dem Akt betraut war, erschien dieser nicht hinterfragenswert.

Sie habe in dem Akt eine Flächenänderung vorgenommen, aber keinen Grundvermögensakt anlegen können, weil die neue Parzelle noch nicht vermessen war, machte sie auf den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf, nicht im Sinn des Gesetzes gehandelt zu haben, geltend: „Ich kann nichts bewerten, wenn ich keine Fläche habe.“

Allerdings war die Schenkung schon im Jahr 2007 erfolgt, und bis zum November 2015 wurden für das Grundstück keine Steuern entrichtet, weil die Angeklagte die Baubewilligung - aus welchen Gründen auch immer - in einem anderen Akt verschwinden hatte lassen. Weder wurde die Bewilligung finanzintern im System angelegt noch schien sie in der Evidenz auf. Erst nachdem die verbotenen Abfragen aufgeflogen waren und die Finanzbeamtin aufgrund dessen ihren Job verloren hatte, wurde von ihrem Bruder im Nachhinein Grundsteuer bezahlt.

Urteil von zehn Monaten rechtskräftig

Bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren fand der Schöffensenat die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Die Gemeinderätin war damit einverstanden, das Urteil ist bereits rechtskräftig. Ob es Auswirkungen auf ihre politische Tätigkeit haben wird, ist offen.

Ein automatischer Amtsverlust wäre erst bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr vorgesehen. Vorerst hat es jedenfalls keine Konsequenzen gegeben. Laut der Homepage der betreffenden Ortschaft sitzt die Frau nach wie vor für die ÖVP im Gemeinderat und ist als geschäftsführende Gemeinderätin mit den Agenden Wirtschaft, Gewässerschutz und Landwirtschaft betraut.