Kern: „Auf keinen Fall“ Bürgermeister

Das Amt als Wiener Bürgermeister ist für SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern „auf keinen Fall“ ein Plan B, falls er nicht wieder Bundeskanzler wird. Im „Wien heute“-Interview erklärte er außerdem, wie er die Mieten in der Stadt senken will.

„Ich habe mich entschieden, zehn Jahre meines Lebens der Politik zu widmen“, sagte Kern in Interview mit „Wien heute“-Moderatorin Ulrike Dobes. „Und aus meiner Sicht ist dieser Weg ganz eindeutig einer in der Bundespolitik und nicht in der Wiener Politik.“ Man habe ihn auch nicht gefragt, ob er die Nachfolge von Michael Häupl antreten wolle, der Anfang nächsten Jahres zunächst einmal sein Amt als Wiener SPÖ-Chef zurücklegt - mehr dazu in Häupl: Neuer Wiener SPÖ-Obmann im Jänner.

Christian Kern im Interview

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Kern will, dass Gebühren nicht mehr auf Mieter abgewälzt werden

Ludwig „absolut geeignet“

Anfang nächsten Jahres werde man „in Ruhe eine Nachfolgeentscheidung treffen“, meinte Kern. In Spiel gebracht hatte sich bisher ja der jetzige Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Hält Kern ihn für geeignet? „Die SPÖ hat eine große Zahl an Menschen, Männern und Frauen, die ich für absolut geeignet für das Amt halte. Michael Ludwig ist einer davon“, so der SPÖ-Spitzenkandidat.

Ein Kampf innerhalb der Wiener Partei, zwischen den Flächen- und Innenstadtbezirken, finde außerdem nur in den Medien statt. „In realita stehen alle miteinander hinter den Idealen, hinter den Werten der SPÖ, sind gut motiviert.“ Auch an Häupls „Kampfkraft“ habe er nicht den geringsten Zweifel, so Kern: „Ich bin froh, dass er an meiner Seite in diese Wahlauseinandersetzung geht.“

Kindergärten: Schärfere Kontrollen „richtiger Weg“

Angesprochen auf die erneute scharfe Kritik von ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz an den islamischen Kindergärten in Wien, meinte Kern, man müsse „den Weg der konsequenten Kontrollen fortsetzen“. Kurz hatte Steuergelder für islamische Kindergärten im „Wien heute“-Interview als „Wahnsinn“ bezeichnet - mehr dazu in Kurz: Geld für Islam-Kindergärten „Wahnsinn“.

„Was wir nicht dulden können, ist, wenn kleine Kinder indoktriniert werden“, so Kern. Wenn Kindergärten pädagogische Standards nicht erfüllen, brauche es konsequente Sanktionen bis hin zur Schließung. Das passiere aber bereits, es habe in Wien über 3.000 Kontrollen gegeben. „Die Kontrollen zu verstärken ist sicherlich ein richtiger Weg, den die Stadt eingeschlagen hat.“ Im Herbst werden schärfere Regeln für die Wiener Kindergärten beschlossen - mehr dazu in 2.410 Kontrollen in Kindergärten.

Interview mit Christian Kern

Das gesamte „Wien heute“-Interview mit SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern auf dem Sportplatz des SC Simmering zum Nachsehen

Grundsätzlich müsse man jedoch sehr aufpassen, „dass wir nicht Diskussionen führen, wo wir einen Teil unserer Gesellschaft schon vornherein ausschließen, schon von vornherein mit Misstrauen begegnen“, betonte der SPÖ-Spitzenkandidat. Es gebe gerade in Wien sehr viele Muslime, die sehr gut integriert seien.

Mieter sollen um 400 bis 500 Euro entlastet werden

Die im Regierungsprogramm eigentlich vorgesehene Einführung eines neuen Mietensystems sei gescheitert, „weil die ÖVP da die falschen Interessen geschützt hat, nämlich insbesondere von den Besitzern von Zinshäusern“, stellte Kern fest. Dieses Mietensystem hätte den enormen Anstieg der Mieten begrenzen sollen.

Christian Kern im Interview

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Christian Kern im Interview mit Ulrike Dobes

Wenn es nach Kern geht, sollen die Vermieter Makler-Vermittlungsgebühren und die Grundgebühren künftig nicht mehr auf die Mieter abwälzen können. „Was so 400, 500 Euro im Jahr niedrigere Kosten bedeuten würde für die Mieter.“ Für niedrigere Mieten soll auch mehr Wohnungsbau sorgen. Ankurbeln will Kern diesen durch bessere Rahmenbedingungen, etwa mit einer Wohnbaubank und eigenen Widmungskategorien für den sozialen Wohnbau. 10.000 Wohnungen sollen so pro Jahr zusätzlich gebaut werden.

5.000 zusätzliche Lehrer als Koalitionsbedingung

Bei den von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) angekündigten 5.000 zusätzlichen Lehrern für Österreichs Schulen sei „ein wesentlicher Teil davon“ für Wien vorgesehen, erklärte Kern. Denn Wien sei die am schnellsten wachsende Stadt in Österreich. Die zusätzlichen Lehrer seien zudem eine Koalitionsbedingung.

Die anstehende Pensionierungswelle bei den Lehrkräften könne man zunächst damit abfedern, dass derzeit über 4.500 Lehrerinnen und Lehrer auf einer Warteliste stünden. Trotzdem brauche es zusätzliches Lehrpersonal, um die Kinder besser zu fördern. „Wir werden auch mit Quereinsteigern arbeiten müssen, denen wir es erleichtern, von einer anderen Karriere, zum Beispiel als Sozialarbeiter, in den Lehrberuf einzusteigen.“

Kein „brasilianischer Stil“ beim Fußball

Für den persönlichen Talk mit Radio Wien wählte Kern den Sportplatz des SC Simmering. „Es ist immer wichtig, dass man nie vergisst wo man herkommt. Ich habe hier meine ersten Fußballschuhe zerrissen. Wenn man jetzt hier den Ball die Böschung runterschießen würde, würde er direkt im Balkon meiner Mama landen“, begründete Kern im „Guten Morgen Wien“-Interview mit Bernhard Weihsinger die Auswahl des Ortes.

Am Sportplatz des SC Simmering erinnerte sich Kern an seine Auftritte im defensiven Mittelfeld, als Vorstopper oder in Verteidigungspositionen: „Ich war eher der Typ Wasserträger. Mein Spielstil war ehrlich gesagt nicht brasilianisch sondern eher von großer Laufbereitschaft geprägt.“ Kern erinnerte sich auch an „eine kleine beschränkte Zahl an Toren“, die er selbst erzielt hatte. Gern erzählte er von einem Elfmetertor: „Da war ich sehr stolz, dass ich damals den Elfmeter schießen durfte. Die Wahrheit ist, dass wir schon 4:0 vorne waren und ich konnte nicht mehr viel falsch machen.“

Das Radio-Wien-Interview mit Christian Kern zum Nachhören:

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Tochter mag Öffentlichkeit „gar nicht“

Zeit für private Gespräche mit seiner Ehefrau finde er derzeit oft nur am Abend, wie der Bundeskanzler erzählte: „Es ist so, dass man bei einem Glas Wein über die Erlebnisse des Tages spricht, über unsere Tochter, die jetzt in eine neue Klasse geht, das ist ein wichtiger Ausgleich.“ Im Rückblick auf seine eigene Schulzeit sah sich Kern als „selektiven Streber in Gegenständen wie Geschichte, Philosophie, Deutsch“: „Im großen und ganzen war ich ein echter Durchschnittsschüler.“

Ein Privatleben ist Kern wichtig: „Die Freundinnen unserer Tochter kommen natürlich auch zu uns. Sie ist im Juni zehn Jahre alt geworden, in diesem Alter sind Sleep-Overs sehr populär und es schlafen ständig Freundinnen unserer Tochter bei uns.“ Es sei wichtig, dass sie so natürlich wie möglich aufwachsen könne. „Ihr geht das manchmal mit der Öffentlichkeit auf die Nerven, sie mag das gar nicht.“

„Privat bin ich natürlich T-Shirt-Träger“

Wegen des Wahlkampfs muss sich Kern derzeit auf „Pizza bestellen“ („phantasielos – Pizza Margharita“) beschränken, sonst ist er „Familienkoch“: „Pastagerichte, Hühnergerichte – es gibt das Jamie-Oliver-Kochbuch, mit Gerichten, für die man angeblich nur 15 Minuten braucht. Ich brauche immer eineinhalb Stunden. Aber es ist dann immer essbar.“ Auch Sport beschränkt sich für den Jogger und Radfahrer Christian Kern derzeit oft auf ein Trainingsprogramm daheim: „Es gibt eine tolle App einer österreichischen Firma, wo man mit 20 Minuten Aufwand eigentlich sehr viel machen kann.“

Seinen Ruf als Stilikone erfüllt Kern hauptsächlich im Amt: „Als Bundeskanzler repräsentiert man das Land und kann nicht abgerissen daher kommen. Aber privat bin ich natürlich T-Shirt-Träger.“ Er sei nicht der „typische Heimwerker“: „Von meinem Vater, der Elektriker war, hab ich mir einiges abgeschaut. Wenn Zeit bleibt, dann wird selbst herumgebastelt.“

Persönlich und politisch

Fünf Wochen vor der Nationalratswahl waren die Spitzenkandidaten an ihren Lieblingsplätzen in Wien zu erleben. Zunächst im persönlichen Talk auf Radio Wien, in „Wien heute“ dann im politischen Interview - mehr dazu in Spitzenkandidaten an ihren Lieblingsplätzen.

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