Künstlerin wohnt in Bushaltestelle

Eine Bushaltestelle als Zuhause: Die Künstlerin Barbara Ungepflegt ist am Donnerstag für zwei Wochen in die 5B-Haltestelle auf dem Wallensteinplatz gezogen. Die Aktion versteht sie als Kritik an sozialen Medien und Airbnb.

„Ich war gerade am Klo, ich habe einen Apfelstrudel gegessen. Auf den sozialen Medien wird alles Mögliche kommuniziert. Aber wen interessiert das?“, sagt Ungepflegt im Interview mit wien.ORF.at. In der Bushaltestelle auf dem Wallensteinplatz in Wien-Brigittenau macht sie nun genau das, was viele nur über die sozialen Medien machen: Sie teilt ihren Alltag mit allen.

airpnp Kunstprojekt Barbara ungepflegt

Gerges

Barbara Ungepflegts Alltag wird für die Passanten zum Schaustück

Einblicke durch Glaswand fast rund um die Uhr

Durch die gläserne Wand können Passanten sie bis zum 28. September beim Kochen, Essen, Lesen oder Entspannen beobachten. Beim Einzug in das neue Zuhause musste Ungepflegt platzbedingt einige Kompromisse machen. „Ich habe mich ziemlich einschränken müssen, was mir sehr schwer fiel, weil ich eigentlich ein sehr üppiger Mensch bin. Ich habe Wäsche für eine Woche mitgenommen, ein ausziehbares Sofa und eine kleine Küche mit einem Spülbecken, wobei ich mir das Wasser hier vom Platz holen und auch wieder entleeren muss.“

Besucher sind in dem kleinen Zuhause willkommen. Nur wenn sie schläft, verschließt Ungepflegt die kleine Tür. „Ich glaube, die Ruhe wird mir schon fehlen“, sagt die Künstlerin. Vor allem, wenn Menschen nachts gegen die Scheiben klopfen würden. Für ein wenig Privatsphäre will sie die Installation zeitweise verlassen. „Wohnen bedeutet nicht inhaftiert sein, deshalb gehe ich bestimmt auch hinaus, um Einkäufe zu erledigen oder auch einmal in ein Cafe zu gehen.“ Und für den Notfall hat die Haltestellen-Wohnung auch Vorhänge.

airpnp Kunstprojekt Barbara ungepflegt

Gerges

Mit dem Projekt will Ungepflegt die Plattform Airbnb kritisieren

„Großer Schaden“ durch Airbnb

Das Projekt trägt den Titel „Airpnp“, was für „Air pause and peep“ steht, auf Deutsch in etwa: stehenbleiben und spechteln. Der Titel ist angelehnt an den Namen der Online-Vermietungsplattform Airbnb, die Ungepflegt mit der Aktion ebenfalls kritisieren will. Über Airbnb können Privatpersonen ihre Wohnungen für kurze Zeit vermieten.

„Die Plattform richtet für die Hotellerie einen großen Schaden an", so die Künstlerin. „Touristen ziehen immer mehr in den Kern von Städten, davon profitieren zwar die Besitzer der Wohnungen, aber das städtische Leben wird dadurch ruiniert, da es eigentlich nur mehr touristische Innenstadtkerne gibt.“

Während Wohnungen über Airbnb quasi mit allen geteilt werden, findet Ungepflegt im öffentlichen Raum vermehrt Verbote und Einschränkungen: "Ich finde es sehr befremdlich, dass auf öffentlichen Parkbänken Verstrebungen montiert werden, damit man sich nicht hinlegen kann. Als wäre ein schlafender Mensch eine Bedrohung. So kann man das Problem der Obdachlosigkeit nicht lösen.“

Film über Projekt geplant

Die Haltestelle auf dem Wallensteinplatz habe sie aus Platzgründen ausgewählt, so Ungepflegt. Die Fußgänger würden nicht behindert. Und auch die Funktion der Haltestelle ist nicht beeinträchtigt - die Künstlerin wohnt strenggenommen in einem extra errichteten Anbau im Haltestellen-Stil. Das Kunstprojekt ist eine Koproduktion mit der Spielstätte brut. Ungepflegts Erlebnisse werden von ihrem Kollegen Peter Ahorner auch gefilmt. Aus dem Material soll im kommenden Jahr ein Semidoku-Spielfilm entstehen.

Melanie Gerges, wien.ORF.at

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