Seisenbacher-Auslieferung weiter offen

Die heimische Justiz bemüht sich weiter um die Auslieferung des Ex-Judokas Peter Seisenbacher. Dieser war am 8. September aus der Auslieferungshaft entlassen worden. Man befinde sich „in Verhandlungen“, heißt es im Justizministerium.

„Die Generalstaatsanwaltschaft und das ukrainische Justizministerium prüfen derzeit, ob die gegen Seisenbacher gerichteten Vorwürfe nach ukrainischem Recht verjährt wären“, erklärte Christian Pilnacek, Strafrechtssektionschef im Justizministerium. Der Judo-Doppelolympiasieger soll nach seiner aktiven Karriere in einem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben.

Frage der Verjährungsfrist

Für Kindesmissbrauch sieht das ukrainische Strafgesetzbuch fünf bis acht Jahre, für Vergewaltigung zehn bis 15 Jahre Haft vor. Ersteres verjährt nach zehn, Vergewaltigung erst nach 15 Jahren. Im heimischen Justizministerium ist man bestrebt, die ukrainischen Kollegen auf die Schwere der Verfehlungen hinzuweisen, die Seisenbacher vorgeworfen werden. „Wir haben daher am vergangenen Freitag eingehend eine Fragenliste der Ukraine beantwortet, um die Einordnung der Vorwürfe in die ukrainische Rechtsordnung zu erleichtern“, meinte Pilnacek.

Man habe vor allem auf das kindliche Alter der mutmaßlichen Opfer, den Tatzeitraum, das Ausnützen einer Vertrauensstellung als Trainer und den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses hingewiesen. Hintergrund: Besonders schwere Fälle von Kindesmissbrauch könnten nach ukrainischem Recht unter den Vergewaltigungsparagrafen fallen, eine Verjährung, die Seisenbachers Überstellung nach Wien im Weg stehen könnte, wäre somit womöglich vom Tisch.

Entscheidung bei einem unabhängigen Richter

Losgelöst von der Einschätzung des ukrainischen Justizministeriums liegt die Entscheidung, ob die Auslieferung genehmigt wird, letzten Endes bei einem unabhängigen Richter. Laut Pilnacek steht die Ukraine knapp vor der Ratifizierung des Vierten Zusatzprotokolls zum Auslieferungsübereinkommen, bei dem die innerstaatliche Verjährung keine Rolle mehr spielt, wenn ein ausländischer Staat auf Basis eines Europäischen bzw. Internationalen Haftbefehls um Auslieferung eines seiner Bürger ersucht.

Auf die Frage, wo sich Seisenbacher derzeit befindet, stellte Pilnacek fest: „Nach unseren Informationen hält er sich in Kiew auf und es wurde ihm der Pass abgenommen.“

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