„White Rabbit“: Geplantes Chaos im Theater

Wovon das Stück „White Rabbit, Red Rabbit“ handelt, erfährt die Schauspielerin Claudia Kottal erst, wenn sie auf der Bühne steht, um es vorzutragen. Warum sie gerade das spannend findet, erzählt sie im Gespräch mit wien.ORF.at.

Ein Stück ohne Proben, ohne Regisseur und mit einem anderen Schauspieler in jeder Vorstellung: „White Rabbit, Red Rabbit“ legt großen Wert auf Spontanität. Für Claudia Kottal ein Grund, mitzumachen: „ Ich finde es total spannend, dass es eine einmalige Sache ist, man kann in dem Chaos eigentlich nichts falsch machen.“

Claudia Kottal

Moritz Schell

Kottal spielt das Stück am 7. November im Spektakel in Margareten

Obwohl sie nicht weiß, wovon das Stück handelt, vermutet sie ein „starkes Stück mit starker Message“. Ob sie Recht hat, erfährt die Schauspielerin am Tag der Aufführung, denn die Darsteller bekommen das Skript erst auf der Bühne und lesen es vor dem Publikum zum ersten und einzigen Mal.

„Mache mir keine Sorgen“

„Ich glaube, das ist eine totale Typ-Sache aber für mich ist das sehr entspannt. Ich mache mir keine Sorgen oder Gedanken darüber, weil ich mich ja gar nicht vorbereiten könnte“, sagt Kottal. Für sie ist dieses Stück eine angenehme Abwechslung. Im Vorfeld zu sehen, wie jemand anders ihre Rolle spielt, mache ihr ohnehin eher Angst und führe häufig in eine Richtung, von der sie danach nicht mehr wegkommt.

Die einzigen Informationen erhält Kottall 48 Stunden vor Beginn. In einem Brief bekommt sie dann wenige Instruktionen zum Vortragen. Über den Autor des Stücks, Nassim Soleimanpour, möchte sie zusätzlich recherchieren. „Das ist für mich eine wichtige Inspiration.“

Soleimanpour schrieb das Stück im Jahr 2010. Weil der Iraner den verpflichtenden Militärdienst verweigerte, bekam er keinen Reisepass und durfte das Land nicht verlassen. Stattdessen sollte das Stück für ihn um die Welt reisen.

Über 1.000 Inszenierungen weltweit

„Die Tatsache, dass es die Welt schon bereist hat, spricht auch für das Stück“, sagt Kottal. Seit seiner Uraufführung 2011 wurde „White Rabbit, Red Rabbit“ bereits über 1.000 Mal in mehr als 25 Sprachen aufgeführt, unter anderem in New York, London und Paris. Unter den Darstellern sind auch international bekannte Schauspieler wie Whoopi Goldberg, Nathan Lane und John Hurt. Kottal ist eine von neun Schauspielern, die das Skript bis Ende Jänner in Wien vortragen werden.

Den leeren Platz in der ersten Reihe, der bei jeder Inszenierung als Symbol für den fehlenden Autor freigelassen wird, könnte Soleimanpour mittlerweile füllen. 2013 entdeckten Ärzte bei ihm eine Augenerkrankung und schlossen ihn aus dem Militärdienst aus. Seitdem hat er einen Reisepass und darf den Iran verlassen.

Melanie Gerges, wien.ORF.at

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