Albertina zeigt „Revolutionär“ Robert Frank

Sein Einfluss kann nicht unterschätzt werden: Robert Frank revolutionierte im 20. Jahrhundert die Reportage- und Street-Fotografie. Einen „Blick über die Schulter“ des heute 92-Jährigen gewährt nun die Albertina.

Der schweizerisch-amerikanische Künstler schuf mit Werkgruppen wie „The Americans“ schonungslose Arbeiten über Armut, Rassismus und eine zerrissene Gesellschaft. Ganz nah am Fotografen ist man nämlich bei einer Auswahl seiner insgesamt 27.000 Negative, die zwischen 1955 und 1956 auf Reisen quer durch die USA entstanden.

Rot markiert erkennt man darauf die von Frank getroffene Auswahl, die in rund 1.000 Arbeitsabzügen resultierte. Aus ihnen kondensierte der 1924 in Zürich geborene Fotograf schließlich 83 Bilder, die sein weltberühmtes Buch „The Americans“ bilden sollten. „Hier zeigt sich, wie unsentimental und schonungslos er sich seinem eigenen Werk widmet“, erläuterte Kurator Walter Moser am Montag bei einer Presseführung.

Neue Bildsprache

Bis es so weit kam, hatte Frank schon einen langen Weg hinter sich gebracht: In der Schweiz bei verschiedenen Studios ausgebildet, emigrierte er 1947 in die USA und arbeitete für Magazine wie „Harper’s Bazaar“. Dessen Artdirector Alexey Brodovitch sollte wesentlichen Einfluss auf seinen jungen Kollegen haben und riet ihm zu einer Kleinbildkamera, einer 35-mm-Leica.

Neben seinen kommerziellen Aufträgen begann damit Franks Suche nach einer neuen Bildsprache, die er mit ersten Reisen nach Paris und London zutage förderte. Zum Teil noch recht klassisch komponiert, schält sich hier sein sezierender Blick heraus, wurden seine Arbeiten komplexer und narrativ ehrgeiziger.

Gängige Konventionen gebrochen

Reüssieren konnte er damit zunächst allerdings nicht, im Gegenteil: Die erhofften Publikationen bei „Life“ oder ähnlichen Kalibern blieb aus, Franks kompromissloser Zugang wurde in den 50ern durchwegs abgelehnt. Folglich veröffentlichte er ausgewählte Fotos selbst als Buch, von „Black White and Things“ erschienen gerade einmal drei Exemplare.

Veranstaltungshinweis

Ausstellung „Robert Frank“ von 25. Oktober bis 21. Jänner in den Galleries for Photography der Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien. Täglich 10 bis 18, Mittwoch und Freitag bis 21 Uhr

„Die Ablehnung war eine Triebfeder, er verfolgte konsequent seinen eigenen Weg“, so Moser. Auf Anraten von Walker Evans bewarb sich Frank für zwei Guggenheim-Stipendien, aus den damit finanzierten Reisen sollte letztlich „The Americans“ entstehen. „Hier hält er der Gesellschaft einen Spiegel vor.“

Denn was sich zuvor schon in „People You Don’t See“ artikulierte, brachte Frank nun auf die Spitze: Menschen vom Rande der Gesellschaft rückte er in den Fokus und brach dabei gängige Konventionen. Die US-Flagge erscheint nicht repräsentativ und identitätsstiftend, sondern wird von Frank als Störfaktor gezeigt.

„Symbole ins Gegenteil verkehrt“

„Er verkehrte solche Symbole in ihr Gegenteil“, unterstrich Moser. Weitere Sujets aus dieser Reihe sind Politiker, Paraden und Cowboys - gemeinhin Herzstücke der USA, die ein „Fremder“ schonungslos ablichtete. Denn die Kritik war zunächst abwertend, erst nach knapp einem Jahrzehnt sollte sich Frank sukzessive mit seinen Fotos durchsetzen.

Robert Frank

Robert Frank, Sammlung Fotostiftung Schweiz, Schenkung des Künstlers

Wellfleet, Massachusetts, 1962

An Wiederholung war er allerdings nicht interessiert, weshalb er sich bald dem Medium Film zuwandte. Erste Belegpunkte für diesen seriellen Zugang war auch die Werkgruppe „From The Bus“. Seine Videoarbeiten werden in der Schau thematisiert, vertiefend kann man sich ihnen von 10. bis 27. November im Filmmuseum widmen.

Später ging es für Frank wieder zurück zur angestammten Ausdrucksweise, wenngleich mit neuen Möglichkeiten: Montagen, die Bearbeitung der Bilder und auch die kritische Integration älterer Arbeiten und Motive kamen nun zur Anwendung. Es zeigt sich, dass die Kompromisslosigkeit eine wesentliche Konstante für diesen Künstler ist.

„Robert Frank hat der Ausstellung zugestimmt, ohne ihn gibt es keine Ausstellungen, keine Publikationen“, ergänzte Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Die Kontrolle über sein Werk ist für Frank ganz wesentlich, auch weil er diesbezüglich einige schlechte Erfahrungen gemacht hat. Entstanden ist letztlich eine Retrospektive, „in deren Zentrum jene Menschen stehen, die wir übersehen“, so Schröder. „Robert Frank hat ihnen ein Gesicht gegeben.“

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