Tierkämpfe als Schauspiel im alten Wien

Was ist ein Hetztheater, und seit wann dürfen Hunde in den öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren? Das Buch „Altwiener Tiergeschichten“ zeigt, wie sich Tierhaltung in Wien seit dem späten 19. Jahrhundert verändert hat.

Wildhirsche werden von Jagdhunden verletzt, Bären, Wölfe und Hunde kämpfen gegeneinander und Ochsen werden im Zweikampf von Menschen getötet. Von 1755 bis 1796 veranstaltet das Tierhetztheater in der Landstraße wöchentlich derartige Tierkämpfe.

Ähnlich wie bei den Tierkämpfen des Alten Roms geschieht das zur Belustigung der rund 3.000 Menschen, die in dem Amphitheater Platz finden. Erst durch einen Brand am 1. September 1796, bei dem fast alle Tiere im Feuer umkommen, wird der Betrieb des Theaters eingestellt. Laut einem Artikel der „Wiener Zeitung“ aus dem Jahr 1907 bewilligt der damals regierende Kaiser Franz die Wiedereinführung des Theaters nicht.

Fiaker

APA / Herbert Pfarrhofer

Mit der Einführung der ersten Straßenbahn sinkt der Bedarf an Fiakern

Großteils anonym verfasste Artikel

Diesen und rund 70 weitere Zeitungsartikel, Leserbriefe und Feuilletons sammelte Thomas Hofmann für das Buch „Altwiener Tiergeschichten - erlesene Geschichten und feine Feuilletons“. Die großteils anonym verfassten Arbeiten wurden zwischen 1868 und 1944 veröffentlicht und zeigen, welche Rolle Tiere in der Entwicklung Wiens zu einer Großstadt gespielt haben.

So prognostiziert ein Redakteur der „Wiener Neueste Nachrichten“ im November 1926 etwa das Aussterben der Pferde in Wien. Denn mit der Einführung der ersten Straßenbahn 1897 und der damit verbundenen wachsenden Beliebtheit der Benzinautos sinkt die Anzahl an Fiakern, Kutschen und Einspännern. „Der ununterbrochene Fortschritt der Technik ist der Tod der animalischen Arbeit (Er wird vielleicht einmal auch der Tod der manuellen menschlichen Massenarbeit sein)“, schreibt der Journalist.

Diese Veränderung wirke sich nicht nur auf das Stadtbild aus, in dem Pferde nur noch selten die Ringstraße überqueren, sondern vor allem auf die Pferdezüchter. Die sinkende Nachfrage nach Zugpferden bedeutet für sie große wirtschaftliche Probleme, heißt es in dem Artikel. Ausgestorben sind die Fiaker im Gegensatz zu der Prognose des Redakteurs jedoch nicht. 90 Jahre später werden sie in Wien vorrangig im Tourismusbereich eingesetzt.

Einführung der Hundesteuer 1869

Ein Artikel der „Wiener Zeitung“ aus dem Jahr 1869 beschreibt hingegen die damals neu eingeführte Hundesteuer. Pro Hund müssen laut dem Gesetz vier Gulden im Jahr bezahlt werden. Jeder Hundebesitzer erhält eine Marke mit der Nummer des Steuerregisters und der Jahreszahl, die die Hunde um den Hals tragen müssen.

Freilaufende Hunde ohne Marke werden von dem „Wasenmeister“ eingefangen und nach drei Tagen getötet, sofern sich der Eigentümer nicht meldet. Mit der Einführung der Hundesteuer sollte das Problem der freilaufenden Hunde gelöst werden.

57 Jahre später berichtet die „Arbeiterzeitung“, dass Hunde erstmals in den öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren dürfen. Die Hunde dürfen jedoch eine Schulterhöhe von 60 Zentimeter nicht überschreiten und müssen gesund sein. Ähnlich wie bei der Mitnahme von Fahrrädern heute gibt es auch zeitliche Einschränkungen: Die Vierbeiner dürfen nur außerhalb der Stoßzeiten in der Wiener Stadtbahn mitfahren.

Veranstaltungshinweis

Buchpräsentation Thomas Hofmann „Altwiener Tiergeschichten - erlesene Geschichten und feine Feuilletons“, Mittwoch, 18.30 Uhr im Naturhistorischen Museum, Burgring 7, 1010 Wien

Dass Tierhaltung auch extreme Formen annehmen kann, zeigt ein Zeitungsbericht vom September 1908. Eine 60-jährige Beamtenwitwe sammelt laut diesem gemeinsam mit ihrer Tochter etwa 100 Katzen in ihrem Haus.

Die teilweise kranken Tiere kaufen sie fremden Leuten ab und pflegen sie in der Wohnung. Wen sie nicht retten können, töten sie. Der Gestank der Tierkadaver macht die Polizei schließlich auf das Haus aufmerksam. Diese brachten die Katzen weg und übergaben die beiden Frauen an eine Landesheil- und Pflegeanstalt in Niederösterreich.

Haustierhaltung in der Zwischenkriegszeit

Wie wichtig Haustiere auch in Zeiten der Krise sind, betont hingegen ein Artikel aus dem Jahr 1923. Denn trotz der anhaltenden wirtschaftlichen Probleme Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg ist die Ordination des Veterinärmediziners Franz Halla gut besucht.

Täglich kommen zahlreiche Menschen mit ihren erkrankten Haustieren zu ihm, egal wie reich oder arm sie sind. Für den Verfasser des Artikels bedeutet diese Fürsorge nicht nur eine „Hebung der allgemeinen Humanität und des Mitgefühles“, sie verdeutlicht auch, dass diese Tiere für viele Menschen besonders in schweren Zeiten Trost bieten und ein „unersetzliches“ Lebewesen sind.