Klimapolitik braucht positive Erzählungen

Im Wahlkampf haben die Grünen stark auf Umwelt und Klimaschutz gesetzt - und flogen prompt aus dem Parlament. Damit Umweltpolitik heute noch bewegen kann, braucht es laut Politik und Experten vor allem positive Zugänge.

Studien belegen, dass sich die Erde erwärmt, extreme Klimaereignisse wie Rekordsommer oder heftige Stürme werden auch in Wien immer spürbarer - dennoch spielt Klimapolitik derzeit kaum eine Rolle. Mit den Grünen wurde jene Partei abgewählt, die am ehesten mit Klima- und Umweltschutz in Verbindung gebracht wird. Die Massen scheint man schon lange nicht mehr mit diesem Thema mobilisieren zu können.

Hainburg Konferenz der Tiere

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Die legendäre „Konferenz der Tiere“ gegen das Kraftwerk Hainburg

Hainburg als Sternstunde der Umweltpolitik

1984 in Hainburg sieht das noch ganz anders aus: Tausende Menschen kommen, um gegen das dort geplante Kraftwerk zu demonstrieren. Die Au-Besetzung gilt als Sternstunde der Umweltpolitik und markiert auch den politischen Anfang der Grünen. Ein großes Missverständnis, meint Meinungsforscher Christoph Hofinger vom Institut SORA im „Wien heute“-Interview.

„Hainburg und Zwentendorf waren hier für viele Symbole, vor allem Hainburg. Und weil dieses Ereignis Hainburg so zentral war, wurde das auch missinterpretiert, dass es allen, die dann Grün unterstützt haben, fast nur um Ökologie und Umwelt gegangen ist“, so Hofinger. Das war laut Hofinger jedoch nur ein Teil der Bewegung gewesen. Wichtig sei vor allem auch der Protest gegen althergebrachte Strukturen und Eliten gewesen - auch später ein wichtiges Wahlmotiv für die Grünen, neben ihrer Polarisierung in Migrations- und Integrationsfragen mit der freiheitlichen Partei.

Hofinger

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Laut Hofinger werden die Grünen nicht hauptsächlich aufgrund Umweltthemen gewählt

Falsche Kommunikation bei Umweltthemen

„Mutter Erde“-Schwerpunkt

„2° sind mehr, als du denkst“ lautet das Motto des diesjährigen ORF-„Mutter Erde“-Schwerpunkts. Von 10. - 17. November widmet sich der ORF auf allen seinen Kanälen dem Klimaschutz.

Dennoch bleibt Umweltpolitik Kernthema der Grünen. Auch bei der Wahl setzen sie wieder darauf - und fliegen prompt aus dem Parlament. Umwelt kann aber mobilisieren, dass sie es derzeit kaum tut, liegt vor allem an der Kommunikation - da sind sich Experte und Politik einig. „Ich glaube, dass Umweltschutz und Umweltpolitik nicht ausgedient haben, sondern nach wie vor gefragt sind - nur wir haben es nicht so gut angestellt“, gibt sich Rüdiger Maresch, Umweltsprecher der Wiener Grünen, selbstkritisch.

„Gerade beim Klimaschutz war die Erzählung so, dass sie den Menschen tendenziell Angst bereitet hat oder ein schlechtes Gewissen. Es gab in der öffentlichen Debatte keine Erzählung die Erlösung, also ein Abwenden der Apokalypse, gezeigt hat“, kritisiert Hofinger.

Mobilisierung mit Glyphosat gelang

Immer wieder gelingt die Mobilisierung mit Umweltthemen aber doch - zum Beispiel in der Debatte um Glyphosat. Österreich wird auf EU-Ebene gegen das Pestizid stimmen - nicht zuletzt aufgrund der Kampagnen von NGOs, die auch die Stimmung in der Bevölkerung beeinflussten. „Es geht auch ein Stück weit darum, wie plausibel oder wie nahe Ursache und Wirkung sind. Wenn ich ein Pestizid verbiete, dann ist es weg. Und bei Klimathemen ist diese eindeutige Wirkung so nicht gegeben“, erklärt das Adam Pawloff, Energiesprecher bei Greenpeace.

Grüne Umweltpolitik

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Klimaschutz braucht laut Politik und Experten eine neue Art der Kommunikation

Klimaschutz braucht laut Experten also eine neue Form der Kommunikation - im besten Fall positive Erzählungen. Laut Hofinger wären das beispielsweise Geschichten, wie sich Klimaschutz etwa positiv auf die Wirtschaft auswirken kann.

„Mit Katastrophismus kommt man nicht weit“

Maresch sieht das ähnlich: „Weil ich kann x-mal sagen, wir verbrauchen den Planeten und unsere Enkelkinder werden es nicht gut haben. Weil das glaubt keiner - mit Katastrophismus kommt man halt nicht weit. Es ist auch nicht genug, zu sagen, ich bin für Klimaschutz, weil da kann sich keiner was drunter vorstellen, das ist zu abstrakt, daran müssen wir arbeiten.“ Zudem müsse man den Menschen glaubhafter vermitteln, dass Umweltschutz keine Einschränkungen für ihren Alltag und ihren Lebensstandard bedeuten würden.

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