EU-Agenturen ziehen nicht nach Wien

Weder die EU-Arzneimittelagentur (EMA) noch die EU-Bankenaufsicht (EBA) wird nach Wien übersiedeln. Den Zuschlag für die EMA erhielt Amsterdam. Wien scheiterte bei beiden Abstimmungen in der ersten Runde.

Die EMA wird im Zuge des Brexit aus London nach Amsterdam verlagert. Der deutsche Außenamtsstaatssekretär Michael Roth gratulierte Amsterdam auf Twitter. Diplomaten bestätigten, Amsterdam habe nach einem Unentschieden gegen Mailand in dritter Runde durch Losentscheid gewonnen. Wien war bereits in der ersten Runde der Abstimmung unter den 27 EU-Staaten über den künftigen EMA-Standort mit vier Punkten ausgeschieden. Das bedeutet, dass nur ein anderer EU-Staat - als Drittpräferenz - für Wien gestimmt hat. Die restlichen drei Punkte kamen als Erstpräferenz von Österreich selbst.

Aus jeweils in der ersten Runde

Laut Diplomaten erhielt Mailand in der zweiten Runde des EMA-Votings zwölf Stimmen, vor Amsterdam mit neun. In der ersten Runde erzielte Mailand bereits 25 Punkte, gefolgt von Amsterdam und Kopenhagen mit jeweils 20 Punkten sowie Bratislava mit 15 Punkten. Mit fast 900 Mitarbeitern zählt die EMA zu den größten EU-Agenturen.

Nach der Entscheidung über die EMA ist Wien auch im Rennen um die EBA ausgeschieden. In die zweite Abstimmungsrunde kamen am Montag in Brüssel laut Diplomaten Paris, Frankfurt und Dublin. In die finale Runde waren dann noch Paris und Dublin eingezogen, wo es erneut zu einem Unentschieden kam - den Losentscheid gewann dann Paris.

Wien zieht positives Resümee

Nach dem enttäuschenden Abschneiden im Rennen um die EMA hat die Stadt Wien dennoch ein positives Resümee gezogen. Es sei gelungen, „den Bekanntheitsgrad der Stadt als gut ausgestattete Wirtschaftsmetropole zu steigern“, betonte Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) am Montagabend in einer Aussendung.

„Wien hat eine starke Bewerbung abgebeben, die nicht zuletzt auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der EMA gepunktet hat“, so Brauner. Wien habe sich als „Top-Standort für die Pharma- und Life-Science-Branche positionieren“ können, zeigte sie sich erfreut über die „positive internationale Medienresonanz“ auf die EMA-Bewerbung.

Sie strich auch die gute Zusammenarbeit von ÖVP- und SPÖ-geführten Ministerien, Stadt und Wirtschaftsvertretern hervor. „Damit haben wir bewiesen, dass es möglich ist, auch in politisch turbulenten Zeiten über verschiedene Ministerien und Interessensgruppen hinweg gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um im Standortwettbewerb so stark wie möglich aufzutreten.“

Wien bot zwei Standorte an

Die Stadt Wien hatte für die EMA einen Bürokomplex beim Praterstern und die frühere Postzentrale auf der Erdberger Lände als neue Standorte für die europäische Arzneimittelagentur (EMA) angeboten. In einem Werbevideo versicherte die Stadt, dass 25 Jahre keine Miete gezahlt werden müsste und bei der Übersiedlung von London nach Wien soll den 900 Mitarbeitern bei der Wohnungssuche großzügige Unterstützung angeboten werden.

Die Wiener Wirtschaftskammer rechnete bei einem Zuschlag mit einer Wertschöpfung von rund 133 Millionen Euro pro Jahr - mehr dazu in Politik wirbt für Wien als EMA-Sitz und EU-Agentur würde eine Milliarde Euro bringen.

Bratislava unter den Favoriten

19 Städte haben sich für die Europäische Arzneimittelagentur beworben, darunter die Hauptstädte Amsterdam, Athen, Bratislava, Brüssel, Bukarest, Kopenhagen, Dublin, Helsinki, Sofia, Stockholm, Valletta, Warschau und Zagreb.

Nach Einschätzung von Beobachtern hätte Bratislava gute Karten, wenn die geopolitischen Kriterien überwiegen: Die Slowakei zählt zu den fünf EU-Staaten, die bisher keine Agentur haben. Die Bewerbung Bratislavas wird zudem von den Visegrad-Staaten unterstützt. Sollte die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit im Vordergrund stehen, dürften Amsterdam und Kopenhagen bessere Karten für die EMA haben. Unter den EMA-Beschäftigten ist Amsterdam Favorit.

Acht Bewerber um Bankenaufsicht

Acht Städte bemühen sich um die EU-Bankenaufsicht (EBA). Neben Wien gehen Brüssel, Dublin, Frankfurt/Main, Paris, Prag, Luxemburg und Warschau ins Rennen. Im Jahr 2016 verfügte die EBA laut Jahresbericht über ein Budget von 36,5 Mio. Euro und beschäftigte 169 Mitarbeiter, die meisten mit italienischer, deutscher oder spanischer Nationalität.

Ein Land kann nur eine der beiden Agenturen erhalten. Am Montag wird im Allgemeinen Rat zuerst über die EMA abgestimmt, dann über die EBA. Es stimmen die 27 EU-Staaten ohne Großbritannien ab. In beiden Fällen gibt es eine geheime Abstimmung mit jeweils bis zu drei Wahlgängen. Veröffentlicht sollen nur die Gewinner werden, aber keine Punkte und Zwischenstände. Die Stimmzettel sollen nach der Abstimmung vernichtet werden. Für Österreich nimmt Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in Vertretung von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) an der Abstimmung teil.