Siemens: Hesoun will Kündigungen vermeiden

Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun will den Abbau von 200 Stellen am Wiener Standort möglichst ohne Kündigungen schaffen. Man habe „ausreichend Zeit“, um im Konzern andere Aufgaben für die betroffenen Mitarbeiter zu finden.

„Es ist geplant, die jetzt laufenden Projekte in unserem Bereich der kleinen Kraftwerksturbinen und Industrieturbinen weiterlaufen zu lassen“, sagte Hesoun im Ö1-Interview am Montag. Die geplante Verlagerung der Aktivitäten an einen anderen Standort sei daher frühstens 2020 oder 2021 möglich. „Das gibt uns ausreichend Zeit, für die Mitarbeiter im Konzern entsprechende Platzierungen zu suchen und auch zu finden.“ Hesoun geht daher davon aus, dass man die Kündigungen „so gering wie möglich“ halten werde können.

Wolfgang Hesoun

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Die Beziehung zum Betriebsrat sei „sachlich“, so Hesoun

Gleitpensionen und Altersteilzeiten als Option

Der deutsche Siemens-Konzern hatte am Donnerstag angekündigt, weltweit 6.900 Jobs zu streichen, davon 3.300 in Deutschland. Betroffen sind vor allem die Kraftwerks- und Antriebssparten, durch eine anhaltende Auftragsflaute: Aufgrund des Trends zu erneuerbaren Energien sind Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, nicht mehr gefragt - mehr dazu in Siemens-Jobabbau: Auch Standort Wien betroffen.

Ausschließen könne er Kündigungen in Wien nicht, so Siemens-Österreich-Chef Hesoun. Es habe jedoch auch in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen Umstellungen gegeben, und es sei dabei weitestgehend gelungen, „mitarbeiterverträgliche Lösungen“ zu finden. Möglichkeiten seien neben einer Beschäftigung in anderen Bereichen etwa Gleitpensionen und Altersteilzeiten.

„Kein Sparprogramm“

Es sei „kein Sparprogramm“, sondern man folge „Marktgegebenheiten“, betonte Hesoun im Ö1-Interview. Das Verhältnis mit dem Betriebsrat bezeichnete er als „vertrauensvoll“ und „sachlich“. Im nächsten Schritt würden die Belegschaftsvertreter nun mit den einzelnen Unternehmensdivisionen Gespräche führen und Pläne erstellen.

Siemens-Österreich-Zentrale in Floridsdorf

APA/Georg Hochmuth

Die Österreich-Zentrale von Siemens befindet sich in Floridsdorf

Überrascht sei er vom Stellenabbau auch in Wien nicht worden, erklärte Hesoun: „Wenn sich drei Standorte in Europa mit Engineering beschäftigen, dann ist es naiv zu glauben, dass Entwicklungen völlig ohne Bezug auch auf den dritten Standort außerhalb Deutschlands, nämlich Wien, stattfinden werden.“

Betriebsrat: Vorerst keine Proteste in Wien

Auch der Betriebsrat zeigte sich aufgrund der langen Übergangsfrist beim Stellenabbau zunächst betont betont gelassen. In Deutschland hat es bereits Proteste gegeben - in Wien will man erst einmal abwarten. „Rote Linien im Vorfeld zu definieren, wäre meines Erachtens nach unseriös. Betriebsbedingte Kündigungen in so einer Situation stehen immer im Raum. Aber jede andere Alternative ist dem natürlich vorzuziehen“, so Betriebsratsvorsitzender Andreas Ecker am Freitag - mehr dazu in Siemens streicht in Wien 200 Jobs.

Neues „Living Lab“ für fünf Mio. Euro in Wien

Während in der Kraftwerkssparte gekürzt wird, eröffnete Siemens am Montag ein neues sogenanntes „Living Lab“ in Wien. Darin werden Bio-Prozesse digitalisiert - etwa von Hefezellen, die nicht nur Germknödel zum Aufgehen bringen, sondern in Bioreaktoren auch medizinische Wirkstoffe und Enzyme für Waschmittel und Lebensmittel-Inhaltsstoffe herstellen können.

Neues Living Lab von Siemens in Wien

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Am Montag eröffnete Siemens ein „Living Lab“ in Wien

Die Bioreaktoren wurden dazu mit unzähligen Sensoren und Analysegeräten ausgestattet, die verschiedenste Parameter wie den pH-Wert während des Gärungsprozesses bestimmen. Damit kann man die Prozesse am Computer dann virtuell nachspielen und einzelne Werte verändern, um die Ergebnisse zu verbessern - und auch die Qualität in Echtzeit überwachen.

Die Digitalisierung der Prozessindustrie könne man in Österreich und Europa besonders gut vorantreiben, weil man hier beim Automatisierungsniveau vorneweg sei, so Hesoun. Man arbeite auch mit den Wiener Universitäten zusammen, um die Quote an qualifizierten Abgängern für diesen Bereich zu erhöhen. In das „Living Lab“ investiert Siemens zunächst fünf Millionen Euro.

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