Empörung in Wien über Bildungspläne

Die kolportierten Vorhaben von ÖVP und FPÖ in Sachen Bildung stoßen in Wien auf heftige Ablehnung. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) spricht etwa von einem „Schlag ins Gesicht“. Die Grünen finden es „zum Weinen“.

„Der Bildungszugang, der sich in den schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen derzeit abzeichnet, lässt sich in drei Worten am besten zusammenfassen: Sparen, Auslese und Ignoranz von positiven pädagogischen Zugängen“, befand Czernohorszky. Würden Ressourcen reduziert, gehe dies auf Kosten von individueller Förderung, warnte er.

Jahrelange Praxis in Wien ignoriert

Harsche Kritik übte der Ressortchef an den Noten-Plänen: „Wenn es um Ziffernnoten statt verbaler Beurteilung geht, wird eine in Wien an über 260 Schulen jahrelang gelebte Praxis ignoriert, die sich sehr bewährt hat.“ Gerade die alternative Leistungsbeurteilung sei aus der pädagogischen Praxis von und mit Lehrern entstanden und würde auch laufend weiterentwickelt. Es sei „wirklich unglaublich“, dass man diesen Lehrern einfach ausrichte, dass diese Form der Beurteilung nicht mehr gewünscht sei, wetterte Czernohorszky.

Er will, dass die Lehrer selbst gefragt werden, was sie davon hielten. Auch die angekündigten Sparpläne seien für Lehrkräfte im Ballungsraum „ein Schlag ins Gesicht“. Die Pläne seien insgesamt ein bildungspolitischer Rückschritt um Jahrzehnte: „Wer nicht bereit ist, Kinder individuell zu fördern, kann sich nur damit helfen, sie in Kasteln zu zwängen!“

Rohrstaberl und Eselsbank zu erwarten?

Der Kritik schloss sich auch der grüne Regierungspartner an. Der Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn, fand drastische Worte: „Es ist zum Weinen, was ÖVP und FPÖ für Österreichs Schulen planen.“ Und er fragte, was als nächstes zu erwarten sei: Rohrstaberl oder Eselsbank? Schüler und Lehrer hätten sich mehr Unterstützung verdient. Kein einziger zusätzlicher Euro soll in die Schulen investiert werden. Wenn Schulen Geld brauchen, dürfen sie sich bei Konzernen anstellen und Werbeflächen bereitstellen.

Außerdem werden auch noch alle pädagogischen Erkenntnisse der vergangenen Jahrzehnte über Bord geworden. Ellensohn: „Sechsjährige sind bisher behutsam in die Schule eingeführt worden, durch die verbale Beurteilung haben Eltern mehr Informationen erhalten, als durch die Benotung mit Ziffern.“

ÖVP und FPÖ drücken aufs Tempo

Die Chefverhandler von ÖVP und FPÖ wollen das Thema Bildung bald abschließen. Anscheinend setzt man mittlerweile auf Tempo, denn die Steuerungsgruppe soll sich dem Vernehmen nach nun nahezu täglich treffen. Als ein konkretes Vorhaben von ÖVP und FPÖ im Bereich Bildung wird kolportiert, die Vergabe von Ziffernnoten generell als Pflicht zu definieren. Derzeit ist es möglich, in den ersten drei Volksschulstufen eine verbale Beurteilung vorzunehmen - mehr dazu in ÖVP und FPÖ erhöhen bei Koalitionsverhandlungen das Tempo (news.ORF.at).