Koalition: Kulturbranche abwartend bis kritisch

Die Kunst- und Kulturpläne der neuen ÖVP-FPÖ-Koalition beurteilen viele in der Kulturbranche derzeit abwartend. Kritik übte etwa Burgschauspieler Cornelius Obonya, Lob kommt von Ex-KHM-Direktor Wilfried Seipel.

Sehr kritisch zeigte sich Obonya angesichts der Angelobung der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung. Wenn „der gesamte Sicherheitsbereich in der Hand einer Partei ist, ist es fast schon müßig, über Kultur zu reden“, erklärte er. „Man kann nur sagen, dass man wirklich achtsam sein muss.“

Obonya

ORF/Stefan Fürtbauer

Cornelius Obonya sieht die neue Regierung kritisch

Seipel: „Seien wir optimistisch“

Der ehemalige KHM-Direktor Wilfried Seipel hofft hingegen, „dass bestimmte Ansätze, die in der früheren Regierung getätigt wurden - wie das berühmt-berüchtigte Weißbuch für die Bundesmuseen - nicht zur Umsetzung kommt“. Ein solches Weißbuch wäre ein „gewaltiger Rückschritt“ in der Entwicklung der Bundesmuseen und ihrer Autonomie. Damit würden die Museen wieder zu nachgeordneten Dienststellen des Bundes. „Das kann nicht im Interesse einer offenen Museums- und Kulturlandschaft sein“, so Seipel.

In der geplanten Aufgabe des Gießkannenprinzips ortet Seipel hingegen „sicher Vorteile“. „Ich würde einmal sagen: Lassen wir sie einmal arbeiten und seien wir optimistisch und versuchen nicht von vornherein, alles negativ zu sehen.“

Wilfried Seipel

APA/Hans Klaus Techt

Wilfried Seipel will nicht alles negativ sehen

Spera: „Geht nicht um große Würfe“

Für Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, ist die Beibehaltung des Stellenwerts der Kultur in einem eigenen Ressort das Wichtigste. Wichtig sei hervorzuheben, „dass die Kultursituation in diesem Land auf einem sehr, sehr hohen Niveau funktioniert“. Falls es Nachbesserungsbedarf gebe, und das habe man auch im „Weißbuch“ festgehalten, „geht es um Nachjustierungen und nicht um große Würfe. Die haben wir bereits.“

Filmmuseum-Chef skeptisch

Man könne derzeit noch wenig zum allgemeinen Kunst- und Kulturprogramm sagen, meinte etwa der neue Chef des Filmmuseums in Wien, Michael Loebenstein. „Es steht vieles drin, was im internationalen Bereich Common Sense ist“, sagte Loebenstein. Er sei allerdings skeptisch gegenüber einem Programm, das glaube, im Kulturbereich mit mehr Transparenz Dopplungen zu verhindern und Einsparungen zu erreichen: „Da ist jeder Stein schon zweimal umgedreht worden.“

Danielle Spera

APA/Georg Hochmuth

Spera begrüßt, dass es ein eigenes Kulturministerium gibt

Konkret ist im Regierungsprogramm vom „Bekenntnis zur Errichtung eines Analogen Film-Preservation-Centers“ die Rede. Dieses hätte eigentlich bereits heuer in Laxenburg realisiert werden sollen, ist aber in der Diskussion zwischen den verschiedenen Beteiligten, zu denen auch das Filmmuseum gehören soll, zerrieben worden. „Keine Ahnung, was dieses Bekenntnis konkret bedeutet“, meinte Loebenstein. Noch sei niemand auf sein Haus zugekommen.

Mailath-Pokorny: „Wie Drehbuch zu schlechtem Film“

Naturgemäß kritisch sieht Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) das Konvolut. Dieses lese sich wie das Drehbuch zu einem schlechten Film und bringe gerade im Kapitel Kultur nichts Neues. „Ermutigungen, Ermächtigungen, Mut zum Widerspruch und Offenheit fehlen völlig“, so Mailath-Pokorny in einer Aussendung. „Nationalismus, Provinzialismus, Isolationismus und das ‚Schmoren im eigenen Saft‘ sind das genaue Gegenteil von Weltoffenheit.“ Er befürchte das Aushungern eines breit gefächerten Kulturlebens zulasten der freien Kunstschaffenden.

Marboe sieht Ressort in „guten Händen“

Der ehemalige Wiener Kulturstadtrat Peter Marboe (ÖVP) sieht die Kulturagenden bei seinem Parteikollegen und Kanzleramtsminister Gernot Blümel hingegen in „guten Händen“. Dieser habe viel Erfahrung in der Kommunalpolitik, „wo sich im Wesentlichen ja auch ein großer Teil der Kulturpolitik abspielt“.

Erfreut zeigte sich Marboe, dass sich die Kultur anders als bei der früheren Auflage von Schwarz-Blau diesmal in einem Ministerium und nicht wie damals in einem Staatssekretariat wiederfinde. "Das freut mich, weil das tatsächlich mit mehr Kompetenzen wie etwa einem Vetorecht verbunden ist. Bezogen auf die geplanten Evaluierungen im Kunstbereich meinte Marboe: „Ich glaube, dass Kunst und Kultur immer ein Risiko sind. Daher muss man auch bei den Förderungen das Risiko nicht scheuen.“

Bundestheater: Kircher gibt sich gelassen

„Neu aufgestellt“ werden soll laut Regierungsprogramm die Bundestheaterholding. „Ich denke, dass diese Neuaufstellung vor einem Jahr begonnen hat, und wir jetzt einen Weg fortsetzen, der im Sinne des Eigentümers ist“, meinte dazu Holding-Geschäftsführer Christian Kircher. Hintergrundinformationen zu den Plänen habe er noch keine.

Dass man über eine Neuaufstellung rede, sei auch Problemen in der Vergangenheit geschuldet, „als die Holding nicht genug hingeschaut hat, was die Budgets der einzelnen Häuser betraf“, vermutete Kircher. „Dieser Weg ist mittlerweile korrigiert.“ Änderungsbedarf gebe es etwa noch bei den Themen Ticketing und Immobilienmanagement. Stimmen, überhaupt ohne die Holding auszukommen, kenne er aktuell nicht. Die FPÖ hatte unmittelbar nach Bekanntwerden des Burgtheaterskandals die Zerschlagung der Holding gefordert.

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