Wiener Zeitung sucht neues Geschäftsmodell
Die Wiener Zeitung wurde 1703 gegründet, damit ist sie die älteste noch bestehende Tageszeitung der Welt. Heute gehört sie der Republik - und lebt davon. Der Staat und Firmen zahlen, damit Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt gedruckt werden. Diese Pflichtveröffentlichungen will die neue Regierung streichen, zumindest haben sich das ÖVP und FPÖ fix vorgenommen. Die Abschaffung findet sich auch gleich in drei Kapiteln des Regierungsprogramms, das Vorhaben dürfte also ernst sein.
Wiener Zeitung verliert Existenzgrundlage
Wenn das so kommt, verliert die Wiener Zeitung ihre Existenzgrundlage, sagt Geschäftsführer Wolfgang Riedler im Ö1-Interview: „Wenn dieser Auftrag wegfällt, dann würde das auch bedeuten, dass dieses Geschäftsmodell so nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Oder anders gesagt: Ein Einnahmenverlust müsste, wenn man die Wiener Zeitung, so wie man sie kennt, weiter führen möchte, kompensiert werden.“
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Unter anderem die Wirtschaftskammer macht seit Jahren Stimmung für die Abschaffung der Pflichtveröffentlichung, nicht zum ersten Mal steht sie in einem Koalitionspakt. Diesmal bestätigt Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) aber: „Da haben wir uns entschieden, es so zu sehen, dass die Pflichtveröffentlichung von Unternehmen gegen Entgelt nicht mehr zeitgemäß ist. Das könnte man wesentlich kostengünstiger abwickeln.“ Insgesamt geht es für die Wiener Zeitung um etwa 15 Millionen Euro, das ist der Löwenanteil. An Inseraten wird nur wenig verdient, es gibt weder Presseförderung noch anderweitig Geld aus dem Budget, wie Riedler betont.
Blümel sieht Handlungsbedarf
Blümel weiß, dass es Handlungsbedarf gibt: „Das bedeutet natürlich einen Finanzierungsentfall für die Wiener Zeitung, deshalb müssen wir uns ein langfristiges Konzept überlegen.“ Es sei ihm bewusst, dass die Wiener Zeitung als älteste Tageszeitung der Welt etwas Besonderes ist. Deshalb sei er auch bereits mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Franz Hensel in Kontakt, "den ich sehr schätze und mit dem ich nach der Angelobung telefoniert habe, dass wir uns zeitnah zusammensetzen werden, um Zukunftskonzept zu erarbeiten.
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Hensel ist der Chef von Rewe, zu dem Konzern gehören unter anderem Billa und Merkur, er ist also durchaus ein Faktor in Österreich. In seinem Gespräch mit Blümel dürfte Hensel auch klar gemacht haben, dass er für eine Abwicklung der Wiener Zeitung nicht zur Verfügung stehe. Der politische Preis für eine Einstellung wäre also hoch - weshalb nun ernsthaft über neues Finanzierungsmodell nachgedacht wird.
Riedler hat dazu bereits einige Konzepte in der Lade, betont er. Ob der SPÖ-Politiker diese auch umsetzen wird, ist offen. Sein Vertrag läuft Mitte 2018 aus und sein Posten ist für die neue schwarz-blaue Regierung wohl Teil der Neuregelung.