Mord an Afghanin: Kein Verfahren gegen Vater

Nach dem Mord an einer Afghanin in Wien-Favoriten sind Ermittlungen gegen den Vater eingestellt worden. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass er den mutmaßlichen Täter, seinen 18-jährigen Sohn, angestiftet hatte.

„Der Verdacht hat sich nicht erhärtet“, sagte Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien am Freitag. Der Vater war ins Visier der Ermittlungen geraten, weil ihn Bilder aus Überwachungskameras der Wiener Linien gemeinsam mit dem tatverdächtigen Sohn auf einer Rolltreppe in einer U-Bahn-Station zeigten.

Wenig später hatte der Sohn seine Schwester ganz in der Nähe auf ihrem Weg zur Schule abgepasst - seiner Darstellung zufolge wollte er sie überzeugen, nach Hause zurückzukehren, wo sie sich von ihren strenggläubigen Eltern eingeengt gefühlt hatte und deswegen Ende Juni ausgezogen war. In einem Innenhof in der Puchsbaumgasse soll der ältere Bruder das Mädchen dann mit eine Reihe von Messerstichen getötet haben - mehr dazu in Erstochene 14-Jährige wohnte in Krisenzentrum und Schwester erstochen: 18-Jähriger amtsbekannt.

Kein Beleg für Mitwisserschaft

Dafür, dass der Vater davon womöglich wusste, schien auch zu sprechen, dass der Mann nachher den Motorradhelm aus der U-Bahn-Station abholte, wo ihn der Mordverdächtige liegen gelassen hatte. Eine Mitwisserschaft des Vaters oder gar eine mögliche Anstiftung ließ sich im Zuge der umfangreichen Erhebungen aber nicht belegen, gab Vecsey der APA bekannt.

Dafür steht inzwischen fest, dass die Getötete nicht - wie ursprünglich angenommen - 14, sondern mindestens 16, möglicherweise schon 18 Jahre alt war. Auch das Alter des Verdächtigen - seinen Aussagen zufolge wurde er am 1. Jänner 1999 geboren - ist mehr als zweifelhaft. Um zu klären, ob er älter als die behaupteten 19 ist, darf an ihm eine MRT-Untersuchung vorgenommen werden, wie das Wiener Oberlandesgericht (OLG) Anfang November entschieden hat - mehr dazu in Afghanin erstochen: Behörden bezweifeln Alter.

Gutachten über Alter ausständig

„Dieses Gutachten ist noch nicht eingelangt“, teilte Behördensprecher Vecsey im Zusammenhang damit mit. Dafür, dass die Altersangaben des Afghanen in seinem Asylverfahren möglicherweise nicht den Tatsachen entsprochen haben, deuten neben seinem äußeren Erscheinungsbild eine ärztliche Untersuchung in Pakistan vom 29. Mai 2013 hin, wo die Familie auf ihrer Flucht nach Europa Zwischenstation gemacht hatte.

Eine Zahn- sowie eine Röntgenuntersuchung vom Handgelenk, dem Ellbogen, der Schulter und des medialen Endes des Schlüsselbeins im Aziz Medical Center in Islamabad ergab, dass der damals angeblich 14-Jährige eher 17, möglicherweise schon 18 war.

Das wahre Alter des Verdächtigen spielt im anhängigen Strafverfahren eine wichtige Rolle. Nur als sogenannter junger Erwachsener käme für ihn der privilegierte Strafrahmen in Betracht, den das Jugendgerichtsgesetz für Personen im Alter zwischen 18 und 21 vorsieht. Ist er älter, müsste der Mann im Fall einer Anklageerhebung und Verurteilung wegen Mordes mit einer Freiheitsstrafe zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslang rechnen.