Hemayat: 400 Flüchtlinge warten auf Betreuung

Die auf die Betreuung traumatisierter Flüchtlinge spezialisierte Organisation Hemayat hat im vergangenen Jahr um ein Drittel mehr Therapiestunden geleistet als 2016. Trotzdem warten noch mehr als 400 Menschen auf Betreuung.

2017 waren es mehr kriegstraumatisierte Menschen als je zuvor, die bei Hemayat am Alsergrund Hilfe gesucht haben. 817 haben sich neu angemeldet, um Unterstützung zu bekommen bei der Bewältigung ihr Kriegs-, Folter- und Fluchterfahrungen. Doch die Wartezeit auf einen Therapieplatz ist lang. Fast ein Jahr dauert es, sagt Geschäftsführerin Nora Ramirez Castillo: „Das ist einerseits sehr hart den Menschen gegenüber, die unsere Hilfe brauchen. Und andererseits ist es auch aus gesundheitlicher Sicht unzumutbar, weil Symptome chronisch werden können.“

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Es gibt zwar mehr Therapeutinnen, aber die Warteliste ist lange

Therapieplätze aufgestockt

Wegen des steigenden Bedarfs an Therapien für kriegstraumatisierte Flüchtlinge in Wien hat Hemayat 2017 aufgestockt, acht neue Therapeutinnen angestellt und um knapp 40 Prozent mehr Betreuungsstunden angeboten. Immerhin beträgt die Wartezeit auf ein Erstgespräch nicht mehr vier bis sechs Monate, sondern nur mehr ein bis drei. Auf einen fixen Betreuungsplatz warten immer noch hunderte Menschen.

Auf der Warteliste sind auch rund 70 Kinder, die etwa Psychotherapeutin Friedrun Huemer betreut: „Kinder und Jugendliche warten wesentlich kürzer, weil das auch unserer Meinung nach nicht geht, wenn man ein Kind nicht in die Schule gehen kann, weil es zum Beispiel Angst hat, die Mutter alleine zu lassen.“ Rund 400 Menschen sind derzeit bei Hemayat in Einzelpsychotherapie, etwas mehr Männer als Frauen.

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Kunsttherapie kann unter Umständen auch helfen

Therapie als Beitrag zur Integration

Die meisten kommen aus Afghanistan, gefolgt von Syrien und Tschetschenien. Viele leiden unter Schlafstörungen, Unruhe und Ängsten, sagt Ramirez Castillo: „Was oft für die Menschen auch eine gewisse Entlastung ist, einfach irgendwo anzukommen, wo jemand sagt: Das kann wieder besser werden. Dass sie nicht verrückt werden, sondern, dass die Symptome, die sie entwickelt haben, eine Reaktion sind auf diese abnormale Situation, die sie im Krieg oder auf der Flucht erleben musten.“

Wenn über das Erlebte nicht gesprochen werden kann, hilft mitunter Kunsttherapie, die hier auch angeboten wird. Edita Lintl ist eine der Therapeutinnen: „Diese Bilder, die oftmals im Kopf sind, bekommen eine andere Plattform. Auf Papier zum Beispiel und wir können auf Distanz uns dem Geschehenen nähern.“ Die Behandlung von Traumatisierungen sieht man bei Hemayat auch als wichtigen Beitrag zur Integration und für die Betroffenen als Perspektive.

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