Häupl-Nachfolge: Spannung nach Hearing

In genau einer Woche entscheidet sich, wer neuer Wiener SPÖ-Chef und Bürgermeister wird. Die beiden Kandidaten Michael Ludwig und Andreas Schieder haben sich am Samstag einem zweiten Hearing gestellt. Die Entscheidung ist offen.

Am 27. Jänner stimmen knapp 1.000 Delegierte ab. Dann entscheidet sich, ob der bisherige Wohnbaustadtrat Michael Ludwig oder der bisherige Parlamentsklubobmann Andreas Schieder die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl antritt. Beim zweiten Hearing im Odeon Theater wurden die zwei Kandidaten von den 250 anwesenden Delegierten hinter verschlossenen Türen befragt.

Was sie in ihren politischen Absichten voneinander unterscheidet, darüber wollten weder Ludwig noch Schieder nach Ende des Hearings detailliert Auskunft geben. "Wir haben nicht die Unterschiede herausgearbeitet. Wir haben jeweils unsere Positionen den Delegierten vorgestellt“, sagte Ludwig. „Es gibt unterschiedliche Themen auch. Aber ich versuche das darzustellen, wofür ich stehe“, sagte hingegen Schieder.

Kandidaten müssen „persönliche Gespräche suchen“

Doch Politikexperte Peter Filzmaier meint, dass es bei diesem Hearing ohnehin keine großen Überraschungen mehr geben konnte. „Die inhaltlichen Positionen sind bezogen und beim letzten Hearing kann ja keiner mehr etwas an seiner Meinung ändern. Das wäre kurios und würde ihm vorgeworfen werden“, sagte Filzmaier.

Das Rennen ist offen. Große Teile der Stadtregierung unterstützen offen Schieder, zahlreiche Delegierte aus den Flächenbezirken und viele Gewerkschaftsvertreter haben angekündigt, Ludwig wählen zu wollen. Den Kandidaten bleibt jetzt laut Filzmaier eigentlich nur noch eines: „Nachdem es nur knapp 1.000 Delegierte gibt und nur ein kleiner Teil noch unentschlossen ist, müssen die Kandidaten eigentlich persönliche Gespräche suchen, oder durchtelefonieren. Wenn sie es nicht selber schaffen, dann durch Verbündete."

Politikexperte zu Rennen um Häupl-Nachfolge

„Wien heute“-Redakteurin Barbara Wakolbinger hat nach dem zweiten Hearing die beiden Kandidaten, Delegierte und Politikexperten Peter Filzmaier befragt.

Flügelkämpfe „von neuem möglich“

Die Wiener SPÖ habe es geschafft die Flügelkampf so zu bereinigen, dass „man sich nicht auf offener Medienbühne Unfreundlichkeiten ausrichtet“, so Filzmaier. Aber es gehe auch um inhaltliche Gegensätze. Diese wurden laut Filzmaier „nur überdeckt durch die gemeinsame Position gegen die neue Bundesregierung. Aber spätestens im Vorfeld der nächsten Wahl, stellen sich all diese Fragen nach der inhaltlichen Ausrichtung und da sind die Streitigkeiten von neuem möglich“, sagte Filzmaier.

Der Politikwissenschafter meint, dass auch die Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten „geringer wurden“. Diese seien eher im Detail. "Beide sind beispielsweise pro Sozialleistungen, man streitet höchsten in der Frage, wer bekommt sie wann und geht es sich finanziell aus?“, so Filzmaier.

Auch Ludwig für Wartefrist bei Mindestsicherung

Nach Schieder sprach sich zuletzt auch Ludwig für eine Wartefrist bei der Mindestsicherung aus. „Ich vergleiche das mit einer Supermarktkassa: Man muss sich hinten anstellen“, sagte Ludwig im „Standard“-Interview (Wochenend-Ausgabe). Zu der soeben im Landtag beschlossenen Regelung ohne Wartefrist - stehe er - mehr dazu in Neue Mindestsicherung im Landtag fixiert. Es mache aber Sinn zu evaluieren, wie sich das neue System auswirkt.

Ludwigs Kontrahent, Schieder, überlegt bei einem Wechsel nach Wien bei der Mindestsicherung eine Wartefrist von einem Jahr einzuführen. „Wir dürfen nicht zusehen, wie andere Bundesländer Armut nach Wien exportieren“, sagte er.

Erstes Hearing war am Dienstag

Ludwig und Schieder hatten sich am Dienstagabend das erste Mal einem Hearing gestellt. Eingeladen waren ebenfalls alle 981 Delegierten, die am 27. Jänner Ludwig oder Schieder zum Nachfolger von Michael Häupl wählen werden. Danach gaben sich beide betont amikal - mehr dazu in Häupl-Nachfolge: Amikales erstes Hearing. Nach den internen Hearings stellen sich die beiden Kandidaten Anfang kommender Woche in Online-Live-Chats auch den Fragen der Bevölkerung.

Noch-SPÖ-Wien-Chef Häupl zieht sich am 27. Jänner nach rund 25 Jahren vom Parteivorsitz zurück. Bürgermeister bleibt er noch eine Zeit lang - eventuell bis zum Sommer. Erst dann wird die neue rote Nummer eins auch das Bürgermeisteramt bekleiden können.

Der Politikexperte sieht für den Verlierer nach dem Parteitag am 27. Jänner jedenfalls „unmittelbar keine Beschädigung“. Denn Schieder könne in der Bundespolitik bleiben und auch Ludwig müsse nicht befürchten, dass er als Wohnbaustadtrat sofort abberufen wird. „Aber die Stimmung in der Regierung im SPÖ-Teil in Wien ist schon die längerfristige Frage, da haben sich Regierungsmitglieder so oder so deklariert“, sagte Filzmaier.

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