Ergometerklassen feiern Jubiläum

Seit zehn Jahren sitzen Schüler in Wien auf Trainingsfahrrädern in Schulklassen und verfolgen so eine Stunde täglich den Unterricht. Die Wiener Ergometerklassen feiern Zehn-Jahres-Jubiläum und haben international Schule gemacht.

Schulen in Deutschland und Schweden sind dem Wiener Beispiel gefolgt, das vor zehn Jahren am Gymnasium Ödenburger Straße in Floridsdorf seinen Anfang nahm. Initiator Martin Jorde erinnert sich, zunächst mit seiner Idee gegen Windmühlen angerannt zu sein. Dann habe er gedacht, er müsse die tägliche Sportstunde in die Klassen bringen - ein Ersatz für die wichtige tägliche Turnstunde sei dies aber nicht. Dennoch, im Schuljahr 2007/08 startete die Ergometerklasse - eine erste Klasse Gymnasium - am GRG 21 in der Ödenburger Straße.

Kinder auf Ergometer in Schulklasse

ORF

Schüler sitzen auf Ergometern

Ergometer-Schüler mit besseren Werten

Der Sportwissenschafter und Initiator begleitete das Vorhaben im ersten Jahr wissenschaftlich im Rahmen seiner Dissertation. Die Studie ergab, dass die Schüler der Ergometerklasse sich im Vergleich zu jenen in den beiden Kontrollklassen besser konzentrieren konnten, aufmerksamer waren, bessere Blutwerte aufwiesen, bei sportmotorischen Tests besser abschnitten und weniger Unterrichtsstunden versäumten.

Es folgten Gesundheits-Auszeichnungen für das von Kleinsponsoren und Firmen unterstützte Projekt, im Zuge der medialen Aufmerksamkeit fand man Nachahmer. „Da hat sich ein Hype entwickelt, der dazu geführt hat, dass es in ganz Österreich und auch in Deutschland sehr viele Schulen gibt, die aufgesprungen sind“, sagte Jorde. Vor einigen Jahren zählte der Lehrer für Bewegung und Sport rund 120 Klassen, die dem Konzept folgten.

„Salomonischer Ansatz“ für Bewegung in Schulen

In Floridsdorf durchliefen bisher rund 360 Schüler ihre ersten beiden Schulstufen am Gymnasium teilweise am Ergometer sitzend. Ab der dritten Klasse werde die Umsetzung schwierig, da die Jugendlichen dann bereits in vielen Fächern in anderen Räumen unterrichtet werden. Die Saat für das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Bewegung sollte bis dahin aber bei den „Absolventen“ der Klassen bereits aufgegangen sein, hofft Jorde.

Bewegungsmangel und falsche Ernährung seien an heimischen Schulen allerdings immer noch omnipräsent. Die schrittweise Einführung der Täglichen Bewegungs- und Sporteinheit (TBuS) habe daran noch nicht viel geändert, was laut dem Projektinitiator auch an den Rahmenbedingungen liegt. Ob die TBuS an einem Schulstandort durchgeführt wird, hänge immer noch an der Entscheidung des Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) und damit im Bereich der Schulautonomie.

Mehr Stunden für die Durchführung gebe es in der Regel nicht. „Würden wir das in unserer Schule einführen, müssten andere Fächer Stunden hergeben. Gegen diese Methodik wehre ich mich, weil das ein Zerfleischen innerhalb des Lehrkörpers oder der Fachgruppen mit sich bringt“, sagte Jorde. Projekte wie die Ergometerklasse, die sozusagen den salomonischen Ansatz der Integration der Bewegung in den Unterricht gehen, hingen wiederum weiter durchwegs vom „Idealismus der Lehrer“ ab.

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