Messerattacke: Motiv weiter unklar

Ein 26-jähriger Mann ist bei einem Angriff auf einen Soldaten vor der Residenz des iranischen Botschafters in Hietzing getötet worden. Nach einer Hausdurchsuchung gibt es weiterhin keine Hinweise auf das mögliche Motiv.

Laut Polizei konnten vorerst „keine augenscheinlichen Hinweise vorgefunden werden, die auf ein konkretes Tatmotiv schließen lassen“. Es wurden ein PC und mehrere Datenträger sowie ein Handy sichergestellt. „Die Auswertung dieser Datenträger ist im Gange, die Ermittler erhoffen sich aus den Daten Rückschlüsse zum Motiv des 26-jährigen Tatverdächtigen. Die Sichtung kann unter Umständen mehrere Tage in Anspruch nehmen“, so die Exekutive.

Bei dem Angreifer handle es sich um den 26-jährigen Mohamed E., einen gebürtigen Österreicher mit familiären Wurzeln in Ägypten, sagte Polizeisprecher Harald Sörös. Das Einsatzkommando Cobra und Ermittler des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) führten die Durchsuchung im Bezirk Penzing durch, so Sörös. Der Mann soll dort mit seinen Eltern bzw. seiner Mutter gelebt haben. Die Identifizierung dürfte nicht schwer gewesen sein, hatte der Angreifer doch seinen österreichischen Pass dabei.

Terroristisches Motiv noch offen

„Ein terroristisches Motiv kann derzeit weder ausgeschlossen noch bestätigt werden“, sagte der Polizeisprecher. Vorerst könne nichts wirklich ausgeschlossen werden, auch nicht religiöse, politische und selbst „sonstige“, völlig anders gelagerte Beweggründe bis hin zu psychischen Problemen. Das LVT habe eine eigene Gruppe für diese Ermittlungen abgestellt. Eine solche besteht üblicherweise aus fünf bis zehn Polizisten.

Sie seien dabei, „das gesamte Umfeld zu durchleuchten, Handy- und E-Mail-Verläufe zu untersuchen, Freunde und Angehörige zu befragen, in der Wohnung gefundene Schriftstücke zu analysieren“ sowie festzustellen, ob der Mann Kontakt zu bestimmten Glaubensgemeinschaften hatte und ob sich in seinem Besitz einschlägiges Werkzeug oder Anleitungen befanden, berichtete Sörös.

Botschafter zum Tatzeitpunkt in Villa

Die verstärkte Überwachung diplomatischer Einrichtungen in der Bundeshauptstadt wurde vorerst aufrechterhalten - mehr dazu in Bundesheer bewacht neun Objekte in Wien. „Mindestens bis zur Klärung des Motivs“, sagte der Polizeisprecher, und bis zweifelsfrei feststehe, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Zum Tathergang hielt Sörös fest, der Angreifer habe „unzählige Male“ auf den Wachsoldaten eingestochen.

Der iranische Botschafter hatte sich zum Tatzeitpunkt mit seiner Frau und zwei Kindern in der Villa Blaimschein aufgehalten, bestätigte Sörös. „Auf die bilateralen Beziehungen hat dieser Vorfall keine Auswirkungen“, teilte der Gesandte Thomas Schnöll, Sprecher des Außenministeriums, mit.

Soldat hat „alles richtig gemacht“

Der Täter sei ohne Vorwarnung auf den vor der Villa Blaimschein in der Wenzgasse postierten Soldaten losgegangen, sagte Sörös. Dieser habe „mindestens vier“ Schüsse aus seiner Dienstwaffe, einer Glock 17, abgegeben. So viele Hülsen wurden bisher von den Spurensicherern eingesammelt.

Der Soldat habe berichtet, der Angreifer habe sich „sehr verdächtig verhalten“, sei dann auf ihn zugekommen und habe ihn attackiert, sagte Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums. Nach vergeblichen Abwehrversuchen, u. a. mit Pfefferspray, habe der Wachposten "entweder einen Warnschuss oder einen Schuss ins Leere (gemeint ist damit, dass es kein Treffer war, Anm.) abgegeben, so Bauer.

Danach fielen noch zumindest drei Schüsse, seines Wissens sei der Angreifer zweimal getroffen worden. Der Berufssoldat habe damit „aus jetziger Sicht alles richtig gemacht“, nämlich zunächst mit dem Spray das gelindeste Mittel eingesetzt.

„Ohne Schutz wäre er tot gewesen“

Tatzeitpunkt sei gegen 23.35 Uhr gewesen. Vor der Abgabe der Schüsse kam es laut Sörös auch zu einem kurzen Gerangel. Der Soldat trug eine Schnittwunde am Oberarm davon. Der laut Bauer 1994 geborene, in Wien wohnhafte Tiroler ist mit einem schweren Schock ins Spital gebracht worden. Dass es für den Berufssoldaten nicht schlimmer ausging, sei nur dem Umstand zu verdanken, dass er eine Stichschutzweste trug, sagte der Polizeisprecher: „Ohne diesen Schutz wäre er tot gewesen, hundertprozentig“, sagte Sörös.

Beim Tatort handelt es sich um ein historisches Gebäude: Die Villa Blaimschein war einst Schauplatz von Verhandlungen über eine provisorische österreichische Staatsregierung unter Karl Renner. Heute befindet sie sich im Eigentum der Islamischen Republik Iran und dient dem Botschafter als Wohnort.

Bei der Bewachung diplomatischer Einrichtungen durch das Bundesheer ist laut Bauer jeweils ein Soldat vor dem Objekt postiert, ein zweiter entweder im Gebäude oder, falls das nicht möglich ist, in der nächstgelegenen Polizeiinspektion - Letzteres war hier der Fall. Durchgeführt werde der Objektschutz ausschließlich von Berufssoldaten. Die Bewachung als Assistenzleistung für die Polizei wurde mit August 2016 eingeführt. Die Männer erhalten dafür eine spezielle Ausbildung und Einweisung durch die Polizei.