Filzmaier: „Flucht nach vorne“ für Rot-Grün

SPÖ und Grüne haben die Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord beantragt, für den Politologen Peter Filzmaier ist das eine „Flucht nach vorne“. Bisher kamen Anträge zu U-Kommissionen von der Opposition.

SPÖ und Grüne würden das Ziel verfolgen, „das Gesetz des Handelns irgendwie in der eigenen Hand zu behalten, es geht aber selbstverständlich nur um Schadensbegrenzung, denn der Skandal, der sehr bizarr ist, ist angerichtet“, so Peter Filzmaier gegenüber Radio Wien.

SPÖ und Grüne haben den Antrag für eine Untersuchungskommission am Dienstagnachmittag eingebracht. Die U-Kommission soll „sehr bald“ ihre Tätigkeit aufnehmen, so SPÖ-Obmann Michael Ludwig. Der genaue Ablauf soll im April im Gemeinderat entschieden werden. Die Oppositionsparteien haben die Vorgangsweise von SPÖ und Grünen scharf kritisiert - mehr dazu in KH Nord: Rot-Grün fixiert Untersuchung.

Personelle Konsequenzen fraglich

Ob es personelle Folgen durch die Untersuchungskommission geben wird, ist für Filzmaier fraglich: „Sollte der neue Bürgermeister Michael Ludwig ab Mai ein anderes Regierungsteam präsentieren, dann kann sich die Frage nach der Folge naturgemäß nicht an diese neuen Regierungsmitglieder richten, sondern es würde nur ältere Regierungsmitglieder treffen, die aber dann gar nicht mehr im Amt sind.“

Bisher drei U-Kommissionen in Wien

Mit der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord steht die mittlerweile vierte gemeinderätliche U-Kommission in Wien vor der Tür. Premiere feierte ein derartiges Gremium 2002/03, als die Praxis der Flächenwidmung unter die Lupe genommen wurde. 2003/04 beschäftigte man sich mit Pflegeskandalen, 2008/09 mit Missständen in Psychiatrieeinrichtungen.

Die Einsetzung einer U-Kommission ist in der Hauptstadt seit 2001 möglich, als die Stadtverfassung entsprechend geändert wurde. Beim Thema KH Nord haben nun aber erstmals die Regierungsparteien die Einsetzung einer U-Kommission veranlasst. Bisher ging dies stets von der Opposition aus. Möglich war dies, da die Beantragung einer Kommission in Wien ein Minderheitsrecht ist und somit auch ohne Regierungsmehrheit möglich ist.

Konkret braucht es die Unterschrift von 30 der 100 Gemeinderatsmandatare. Die Kommission selbst hat 15 Mitglieder (und 15 Ersatzmitglieder), wobei die Aufteilung nach einzelnen Fraktionen sich an ihrer jeweiligen Mandatsstärke im Stadtparlament bemisst. Fix ist, dass Angehörige des Stadtsenats - also beispielsweise Stadträte - nicht nominiert werden dürfen. Änderungen könnten demnächst noch kommen. Angedacht ist etwa die Ausdehnung auf 18 Mitglieder, was NEOS eine Teilnahme ermöglichen würde.

Sitzungen sind öffentlich

Der Vorsitz bzw. stellvertretende Vorsitz wird ausgelost, wobei hier auf eine Liste von je drei Richtern, Rechtsanwälten und Notaren zurückgegriffen wird. Die ausgewählten Personen müssen innerhalb von 14 Tagen zu- oder absagen. Steht der oder die Vorsitzende fest, muss nach spätestens zwei weiteren Wochen die konstituierende Sitzung stattfinden.

Die Untersuchungskommission kann für die Beweiserhebung Zeugenladungen beschließen. Die Zeugen unterliegen der Wahrheitspflicht. Es gilt das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz. Die Sitzungen sind in der Regel öffentlich. Am Schluss steht ein Bericht, der dem Gemeinderat vorgelegt wird. Zeitlich ist die Dauer einer U-Kommission auf ein Jahr begrenzt.

Die bisherigen U-Kommissionen hatten durchaus politische Folgewirkungen: Nach der Aufarbeitung der Pflegemissstände musste die damalige Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann (SPÖ) ihren Hut nehmen, die Leitung des Krankenanstaltenverbunds wurde ausgetauscht und die Schließung des Geriatriezentrums in Lainz beschlossen. Im Fall der Psychiatrie-Kommission gab es keine personellen Konsequenzen. Allerdings wurde die Dezentralisierung der Psychiatrie beschleunigt und die Netzbetten wurden abgeschafft.

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