Therapeut verkaufte gefälschte Drogentests

Zu neun Monaten bedingter Haft ist ein Psychotherapeut verurteilt worden, der einem suchtgiftabhängigen Mann über einen Verein falsche Bescheinigungen ausgestellt hat. Das Justizministerium überprüft nun den Verein.

Der Therapeut wurde wegen Begünstigung, Geschenkannahme und Fälschung eines Beweismittels schuldig erkannt. Neben der bedingten Haftstrafe wurde er zu einer Geldstrafe von 5.580 Euro verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Offen ist noch, ob er seine Berufsberechtigung behält.

Der Angeklagte war in einem Verein tätig, der seit 2006 in Kooperation mit dem Justizministerium Entzugstherapien anbot, um Sucht behandeln zu lassen. Schon seit Längerem kursierten über den betreffenden Verein Gerüchte: Man könne dort Drogentests kaufen, ohne Harnproben abgeben zu müssen. Schließlich wurde bei dem Verein ein verdeckter Ermittler eingeschleust, der den angeklagten Psychotherapeuten dann auch prompt überführte. So kam der Fall ins Rollen.

Verdeckter Ermittler zahlte

Der Ermittler gab vor, er sei unter Kokaineinfluss in eine Verkehrskontrolle geraten und benötige nun eine Bescheinigung fürs Verkehrsamt, dass er nicht süchtig sei, um nicht seinen Führerschein zu verlieren. Der Psychotherapeut gab letztlich vor der Richterin zu, die Bescheinigung ausgestellt zu haben.

Ab April 2015 kam der Ermittler monatlich in die Räumlichkeiten des Vereins, bezahlte 200 Euro und bekam dafür ohne Weiteres einen Befund, dass er „sauber“ sei. Auf die Frage, warum er sich auf das eingelassen habe, verwies der Angeklagte auf seinen angeschlagenen Gesundheitszustand: „Es ging mir nicht ums Geld. Ich wollte ihn einfach loswerden. Ich wollte meine Ruhe haben.“

Er hätte sich Anfang 2015 „in einem Ausnahmezustand befunden“. Er sei 35 Jahre in der Suchttherapie tätig gewesen: „Das hat natürlich abgefärbt. Ich schlitterte in ein Burn-out. Ich habe bemerkt, ich konnte mit dem Klientel nicht mehr arbeiten. Ich war fertig.“ Der verdeckte Ermittler hätte ihn „erfolgreich zu diesem Vergehen verleitet“.

Diversion bei zwei Vereinsmitarbeitern

Selbst als der Therapeut im Urlaub in Griechenland war, erhielt und bezahlte der Ermittler für die falschen Befunde. Diese stellten ihm - jeweils einmalig - der aktuelle Geschäftsführer des Vereins sowie ein jüngerer Kollege aus. Die dafür lukrierten 400 Euro wurden dem Angeklagten nach dessen Rückkehr übergeben.

Er habe seinem Vorgänger „einen Gefallen tun wollen“ und sich „nichts dabei gedacht“, obschon er „ein mulmiges Gefühl hatte“, sagte der nunmehrige Geschäftsführer im Zeugenstand. Er sei nach dem Motto „Augen zu und durch“ vorgegangen: „Es war nachlässig von mir.“ Weil ihm und dem jüngeren Mitarbeiter nicht nachzuweisen war, dass sie mehr als einmal ohne Harnprobe einen negativen Harntest ausgestellt hatten, wurden ihre Verfahren von der Staatsanwaltschaft diversionell erledigt. Ihnen blieb eine Hauptverhandlung und damit eine allfällige Vorstrafe erspart.

24-Jähriger machte „Scheintherapie“

Auch ein 24-jähriger suchtgiftabhängiger Mann hatte sich zu einer Therapie bei dem Verein bereiterklärt und musste daher eine Strafe nicht antreten. Wie er am Donnerstag der Richterin schilderte, wusste er, „dass man bei dem Verein eine Scheintherapie machen kann“. Ein Kollege habe ihm das erzählt. Zwischen Juli 2014 und Mai 2015 ging er daher regelmäßig zum Angeklagten: „Ich hab gar nix besprochen. Ich musste keinen Harn abgeben.“

Der Psychotherapeut bestätigte ihm nämlich Monat für Monat, dass der Mann „sauber“ war - obwohl der 24-Jährige wieder Drogen nahm. Dafür habe der Therapeut 150 Euro pro Sitzung verlangt, „die fünf Minuten gedauert hat“, offenbarte der Zeuge.

Der angeklagte Psychotherapeut bestritt entschieden, von dem Mann Geld genommen zu haben, was ihm die Richterin jedoch nicht glaubte. Der Zeuge sei „glaubwürdig“. Der Therapeut hatte auch behauptet, seine monatlichen Berichte ans Gericht wären inhaltlich nicht wirklich unrichtig gewesen: „Es geht um einen Therapieprozess. Da können auch Rückfälle stattfinden.“ Er müsse daher nicht jeden Harnbefund mit einem Drogennachweis erwähnen: „Manchmal würde man es schreiben, manchmal nehme ich die Schablone und schaue es mir noch an.“

Justizministerium prüft Verein

Der Angeklagte war früher Geschäftsführer des Vereins, jetzt ist er selbstständig tätig, aber nicht mehr in der Suchttherapie. Das Justizministerium will nach dem Verfahren am Donnerstag die Rahmenvereinbarung mit dem betreffenden Verein überprüfen, wie Ressortmediensprecherin Britta Tichy-Martin ankündigte. Für die therapeutische und medizinische Behandlung Suchtmittelabhängiger - darunter fallen auch die Kosten für das Maßnahmenpaket „Therapie statt Strafe“ - hat die Justiz 2016 8,41 Millionen Euro aufgewendet. Zahlen für das abgelaufene Jahr liegen noch nicht vor.