Burgtheater: Letzter Spielplan unter Bergmann

Das Burgtheater hat am Freitag den Spielplan für die Saison 2018/19 präsentiert - die letzte mit Karin Bergmann als Direktorin. 22 Premieren sind geplant, darunter sieben Ur- und Erstaufführungen.

„Ich bin heute ziemlich stolz auf das, was uns gelungen ist“, sagte Bergmann bei ihrer fünften und letzten Spielplanpressekonferenz. „Ich habe alles eingelöst, was ich am Anfang komplett waghalsig versprochen habe, als man mich gefragt hat: Wo bleiben die großen Stoffe? Wo bleibt der neue Jedermann?“

Karin Bergmann

APA/Georg Hochmuth

Bergmann: „Fünf Jahre sind keine dicke Ära“

Doch ihre künstlerische Bilanz werde sie erst in einem Jahr ziehen, denn „ich glaube, wir können da noch einiges in die Waagschale werfen. Fünf Jahre sind aber keine Ära, ich werde also am Ende kein dickes Buch vorlegen“, meinte sie. Sie habe aber hochgerechnet, dass sie in ihrer Direktionszeit gesamt 78,5 Prozent Auslastung und 1,5 Millionen Besucher erreicht haben werde.

Übergabe an Martin Kusej

Mit Ende der Saison 2018/19 übergibt Bergmann an Martin Kusej. In Erinnerung an ihren Sprung ins kalte Wasser nach der Entlassung von Matthias Hartmann sagte sie in Richtung ihres Nachfolgers: „Es ist unabdingbar, dass jemand eine Vorbereitungszeit von zwei Jahren hat. Ich bin in zarten Gesprächen, dass das eine oder andere, das in der kommenden Saison neu kommt, vielleicht meine Direktion überleben kann.“ Sie sei aber „überzeugt, dass sich das Publikum in erster Linie für gutes Theater und erst dann für Direktionswechsel interessiert“.

Harald Schmidt mit Michael Niavarani auf der Bühne

Auf der Bühne werden in der kommenden Saison auch zwei prominente Entertainer: Harald Schmidt und Michael Niavarani. Für den österreichischen Unterhaltungs-Profi, der am Sonntag seinen 50er feiert, hat es sich offenbar ausgezahlt, der Burgtheaterdirektorin bei ihrer Nestroy-Gala-Moderation ebenso kurzfristig wie hoch professionell zur Seite gesprungen zu sein. „Ich freue mich sehr auf die Begegnung der beiden“, sagte Bergmann und stapelte tief: „Ich denke, damit ist die Zeit der für den Theaterbetrieb unerlässlichen Schließtage gut genutzt.“

Karin Bergmann und Thomas Königstorfer

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Direktorin Bergmann und der kaufmännischer Geschäftsführer Königstorfer

Für den klassischen Theaterbetrieb wird Claus Peymann Ionescos „Die Stühle“ inszenieren, Johan Simons realisiert Büchners „Woyzeck“. Michael Thalheimer bringt Horvaths „Glaube Liebe Hoffnung“ auf die Bühne und Andrea Breth widmet sich Gerhart Hauptmanns „Die Ratten“). Simon Stone versetzt die „Medea“ des Euripides in die Gegenwart und mischt sie mit einer realen Geschichte.

Vier Uraufführungen

Vier Uraufführungen finden sich am Spielplan. Eine davon ist das Stück „Zu der Zeit der Königinmutter“, das erste deutschsprachige Werk des im Kongo geborenen und in Graz lebenden Schriftstellers Fiston Mwanza Mujila („Tram 83“). Jan Bosse dramatisiert den Roman „Indigo“ von Clemens J. Setz. Das Projekt „Das Zelt“ von Herbert Fritsch soll im April im Burgtheater eine Art „vorgezogene Abschiedsfeier“ werden. Im Mai läuft als letzte Premiere im Akademietheater ein neues Stück von René Pollesch an.

Habjan-Regiedebüt und Gedenkjahr-Projekte

Der Spielplan sei „alles andere als ein Auslaufspielplan oder ein Übergangsspielplan oder eine Sparspielzeit“, betonte Bergmann. Neben Vorhaben wie der Dramatisierung des Romans „Mephisto“ von Klaus Mann (mit Nicholas Ofczarek als Hendrik Höfgen) und dem Burg-Regiedebüt von Nikolaus Habjan (er inszeniert am Akademietheater Schwabs „Volksvernichtung“) gibt es auch einige Projekte zum laufenden Gedenkjahr. Josef Haslinger schreibt an einem Text über Karl Renner, eine Matinee zum Republik-Geburtstag ist ebenso geplant wie zu den Novemberpogromen.

„Willkommen beim Karneval der Wirklichkeit“

„Willkommen beim Karneval der Wirklichkeit“ - diesen Satz stellte Bergmann über ihre letzte Burgtheater-Spielzeit. Es ist ein Zitat aus Miroslava Svolikovas Stück „europa flieht nach europa“, angekündigt als „akuter wie zeitloser Text über Europa, in dem sich Exzess- und Gewaltbilder zu einem grellen ‚karneval der wirklichkeit‘ vermischen.“ Der Satz schien ihr „wie die logische Fortsetzung“ des im vergangenen Jahr verwendeten Zitats, so Bergmann. Dieses stammte von Ferdinand Schmalz: „Es kommt der Augenblick, in dem die Perspektive dreht.“

Burgtheater von außen

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Inzwischen ist das Burgtheater schuldenfrei

Die Perspektive habe sich seither tatsächlich gedreht, und „die Frage tauchte immer wieder auf: Wo bleiben die Stimmen der Künstler, gibt es keinen Protest, keinen Widerstand?“ Das österreichische Nationaltheater sei im Eigentum der Republik. „Wer ist die Republik? Das sind für mich die Wählerinnen und Wähler dieses Landes. Damit haben wir eine komplett andere Situation als im Jahr 2000.“ Sie persönlich habe „eine klare politische Meinung, die verordne ich aber niemandem, auch nicht auf der Bühne.“ Die Fragen, auf die man Abend für Abend auf der Bühne hinweise, seien kompliziert und die Antworten komplex.

Theater seit 2017 schuldenfrei

Auch finanziell hat sich die Perspektive gedreht: „Seit dem Jahresabschluss 2017 sind wir schuldenfrei“, sagte der kaufmännische Direktor Thomas Königstorfer. „Im Sommer 2013 waren es 6 Mio. Euro Schulden bei der Bank. Heute gibt es eine ähnliche Zahl auf unserem Bankkonto, nur das Minus davor ist weg.“ Man habe nicht nur von Maßnahmen des Bundestheaterkonzerns profitiert und selbst gespart, sondern auch bei den Erträgen und Erlösen stark zugelegt.

9,4 Mio. Euro Ticketeinnahmen in der vergangenen Saison seien ebenso Rekord wie der Eigendeckungsgrad von 25 Prozent. Derzeit liege das Burgtheater stabil bei 77 Prozent Saison-Auslastung und um 4.000 Besucher über dem entsprechenden Vorjahreswert zu diesem Zeitpunkt.

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