„Boxweltmeister“ im Elfenbein-Prozess

Teilweise kuriose Weiterentwicklungen in Richtung Boxsport und eine Ausdehnung der Anklage hat der zweite Verhandlungstag im Wiener Elfenbeinprozess gebracht. Der 67-jährige Angeklagte will Ex-Boxweltmeister sein.

Eigentlich geht es in dem Prozess ja um den Besitz von 88 Elefanten-Stoßzähnen, Elfenbein mit einem Gewicht von mehr als 500 Kilogramm und im Wert von rund einer halben Million Euro. Doch am zweiten Prozesstag stand vor allem die Glaubwürdigkeit des Angeklagten im Zentrum des Interesses. Denn der Mann behauptet, 1975 in einem Kampf der World Athletic Association (WAA) in Kairo Box-Weltmeister im Mittelgewicht geworden zu sein. Zum Beweis dafür legte er dem Gericht einen Weltmeistergürtel vor.

Angeklagte

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Der Angeklagte präsentierte sich den Medien als „Box-Weltmeister“

Allerdings existiert die WAA erst seit 1981. Der gebürtige Ägypter widersprach dem Staatsanwalt, die WAA hätte ihre Wurzeln in Ägypten. Sie sei dort 1972 gegründet und nach finanziellen Schwierigkeiten später neu gegründet worden. Doch der Name des Angeklagten findet sich auch nicht in der Hall of Fame der WAA, was Verteidiger Peter Philipp mit den Worten „Dann ist das Internet falsch“ kommentierte. Aber auch der vom Angeklagten vorgelegte Gürtel ist dem WAA-Weltmeister Gürtel nicht einmal ähnlich.

Anklage auf versuchte Nötigung erweitert

Sollte sich der Gürtel als falsch herausstellen, könnte dies für den Angeklagten rechtliche Konsequenzen haben. Schon passiert ist dies nach einem Anruf des Angeklagten nach dem ersten Prozesstag. Er soll angeblich einer Funktionärin des österreichischen Boxverbands gedroht haben, sollte sie ihm mit ihrer Aussage schaden. Das gab die Funktionärin bekannt, als sie nun in den Zeugenstand gerufen wurde. Darauf dehnte der Staatsanwalt die Anklage in Richtung versuchter Nötigung aus.

Gerichtssaal

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Prozess gegen Elfenbein-Sammler

Schließlich ging es aber doch wieder um das Elfenbein, das 2016 in zwei Wohnungen des Angeklagten entdeckt wurde. Ein an einer Hausdurchsuchung beteiligter Beamter sagte aus, es sei „alles kunterbunt herumgelegen“. Einige Stoßzähne wären schon „mit freiem Auge“ ersichtlich gewesen, den Großteil hätte man "Stück für Stück hinter Kästen hervorgezogen.

Erste Funde 2012 ohne Konsequenzen

Bei der Einvernahme eines Zollbeamten stellte sich heraus, dass es bereits 2012 Hausdurchsuchungen in den Wohnungen des Angeklagten gegeben hat. Damals ging es allerdings um den wie sich herausstellte unbegründeten Verdacht, der Mann habe gestohlene Teppiche gekauft. Dabei war in der Wohnung im Erdgeschoß kein Elfenbein, in der darüber liegenden Wohnung allerdings schon Elfenbein gefunden worden.

Sichergestellte Stoßzähne

APA/BMF/Bernhard Hradil

Teil der Elfenbeinsammlung

Das hatte für den Besitzer aber keine Konsequenzen, weil das Umweltministerium keinen Handlungsbedarf sah. Die damaligen Angaben des Besitzers, er hätte sich das Elfenbein vor dem Jahr 1982 gekauft, wären „nicht zu widerlegen“, befand der zuständige Ministerialbeamte. Überhaupt benötige der Besitzer „weder eine CITES-Bescheinigung noch sonstige Nachweise oder Rechnungen“, hieß es in einem Aktenvermerk.

Prozess auf Ende Juni vertagt

Der Staatsanwalt wirft dem Angeklagten einen eklatanten Verstoß gegen das Artenhandelsgesetz vor. Der Angeklagte hingegen sprach zuerst davon, das Elfenbein auf Flohmärkten gekauft zu haben. Dann aber sagte er, das Elfenbein komplett von einem inzwischen verstorbenen UNIDO-Mitarbeiter übernommen zu haben.

Das sei im Jahr 1979 passiert, und damit vor dem Beitritt Österreichs zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES). Der Besitz von Elfenbein ist laut CITES untersagt. In dem Prozess sollen noch weitere Zeugen gehört werden. Daher vertagte das Gericht den Prozess auf den 21. Juni.

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