Grüne: Kandidatensuche ab August

Die Grünen haben bei ihrer Landesversammlung den Modus für die Suche nach einem Spitzenkandidaten für die Wien-Wahl 2020 abgeschlossen. Der mehrwöchige Prozess beginnt im August. Einen Leitantrag gab es gegen den Lobautunnel.

Die entsprechenden Anträge zu einer Reform der Statuten wurden am Samstag bei der Landesversammlung - mit klarer Mehrheit, wie nach der Sitzung betont wurde - beschlossen. Über Personen wurde dabei noch nicht geredet. Ob Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou wieder als Listenerste ins Rennen geht, ist noch offen. Sie hat sich dazu bisher noch nicht geäußert.

Nun ist jedoch klar: Die Frage wird sich noch im Sommer entscheiden. Denn ab August sind Bewerbungen möglich. Wer sich für den Spitzenplatz interessiert, soll bis zu einem Termin im September Zeit haben, dies kundzutun. Beteiligen können sich dann am Prozedere Parteimitglieder, aber auch Nicht-Mitglieder, die sich als Wähler registrieren lassen.

Maria Vassilakou

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Ob Maria Vassilakou 2020 Spitzenkandidatin der Wiener Grünen sein wird ist weiter offen

Unterschiedliche Stimmenanzahl notwendig

Um tatsächlich zur Wahl anzutreten, brauchen die Kandidaten eine gewisse Anzahl an Unterstützungserklärungen: 100 sind für relativ neue Personen nötig. Länger dienende Mandatare, die bereits zwei Perioden absolviert haben, brauchen 200 Stimmen für das Antreten. Mindestens die Hälfte der Unterstützer müssen aber jeweils Parteimitglieder sein.

Jedes Mitglied bzw. jeder registrierte Wähler kann übrigens zwei Personen unterstützen - wobei in der ursprünglichen Version angedacht war, dass nur eine Unterstützungserklärung möglich ist. In der Landesversammlung wurde dieser Punkt geändert. Gewählt werden kann dann aber letztendlich nur ein Kandidat.

„Wir haben da sicherlich einen Fahrplan und einen Wahlmodus gefunden, der für Grüne Verhältnisse revolutionär ist“, sagte Gemeinderätin Jennifer Kickert, die Teil der betreffenden Arbeitsgruppe ist. Konkret werden alle Wiener, die an Grüner Politik und an deren Erfolg interessiert sind, eingeladen, sich an der Findung der neuen Spitzenkandidatin bzw. des Spitzenkandidaten zu beteiligen, hieß es. Theoretisch könne sich eine externe Person, die sich die Spitzenkandidatur zutraut, zur Wahl stellen, erklärte Kickert.

Modus für Liste für Herbst geplant

„Ziel ist, das ganze Prozedere öffentlich zu machen und die Menschen einzuladen, mitzuentscheiden“, sagte Nikola Furtenbach, die ebenfalls Teil der Arbeitsgruppe war, die den Antrag erarbeitet hat. Der Auswahlprozess wird über mehrere Monate laufen. Geplant sind mehrere öffentliche Hearings an verschiedenen Orten in Wien, die per Livestream übertragen werden. „Reibungslos war es nicht, aber es ist wirklich eine Änderung, daher war Diskussionsbedarf da“, erklärte Kickert die stundenlange Debatte.

Die Entscheidung über die Spitzenkandidatur für 2020 soll bis spätestens Anfang 2019 fallen. Über den Modus bei der Wahl der restlichen Liste wird bei einer nächsten Landesversammlung im Herbst entschieden. Dass das Prozedere ähnlich sein wird wie bei der Kür des ersten Listenplatzes, sei durchaus möglich, wurde betont.

Antrag gegen Lobautunnel

Zuvor hatte es bei der Landesversammlung vor allem Kritik am Lobautunnel gegeben, ein Leitantrag wurde verabschiedet. In dem Antrag mit dem Titel „Nein zum Milliardengrab Lobau-Autobahn“ werden sowohl Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) als auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) aufgefordert, „von dem unsinnigen und milliardenteuren Prestigevorhaben abzurücken“.

„Wir werden auf allen Ebenen darum kämpfen, dass der Nationalpark Donau-Auen in seiner Unberührtheit erhalten bleibt“, heißt es in dem Antrag. „Eine unsinnige und milliardenteure Röhre unter dem Nationalpark bringt unserer Stadt keine Entlastung, sondern vergrößert nur die Verkehrslawine.“

„Wir werden Verbündete brauchen, damit wir nicht sehenden Auges in ein Milliardengrab steuern - den Lobautunnel. Ein teures Prestigeprojekt, eine Planung, die mehr als 20 Jahre alt ist und eine mächtige, sehr gut bezahlte Lobby, die nichts anderes im Sinn hat, als alle zum Schweigen zu bringen, die nur ein Quentchen Kritik anbringen“, sagte Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. „Den Gefallen werden wir ihnen nicht tun. Jeder Versuch, uns zum Schweigen zu bringen, wird scheitern.“

Joachim Kovacs

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Landessprecher Joachim Kovacs will „mit breiter Brust“ auftreten

Abgrenzung von SPÖ

Landessprecher Joachim Kovacs hatte am Beginn der Landesversammlung eine künftig stärkere Abgrenzung von der SPÖ versprochen und dabei auch den Lobautunnel angesprochen. „Wie kann ich in Zeiten des Klimawandels an einem Umweltzerstörungsprojekt aus den 90er Jahren festhalten? Der Lobautunnel ist ein Milliardengrab, verkehrstechnisch aus der Kreidezeit, umweltpolitisch ein Fiasko“, warnte Kovacs: „Wir können da ruhig mit etwas breiter Brust auftreten.“

Das werde die Koalition nicht gefährden: „Eine inhaltliche Auseinandersetzung hat einer Zusammenarbeit noch nie geschadet.“ Wenn ein Partner mit „Vollgaskaracho“ an die Wand fahre, müsse man ihm die Augenbinde abnehmen.

Grüne: Streit um Wahlmodus

Wie soll künftig die Parteispitze der Wiener Grünen gewählt werden? Um dieses Frage gibt es hitzige Diskussionen bei der Landesversammlung.

Vassilakou: Erneuerung und Öffnung

Vassilakou bat bei ihrer Rede auch um Zustimmung zum geplanten Erneuerungsprozess gebeten. Um gegen den Lobautunnel, aber auch „Anschläge“ durch die schwarz-blaue Bundesregierung wie die Kürzung der Mindestsicherung auftreten zu können, brauche es geeinte Grüne. „Wir haben uns zurecht vergangenen November zwei Ziele gesetzt: Wir wollen Veränderung und Erneuerung bei uns selbst und eine Öffnung erreichen“, sagte Vassilakou.

Das sei eine schwierige und sicher auch kontroversielle Aufgabe, räumte sie ein. „Aber wir dürfen einander nicht aus den Augen verlieren und wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen verlieren“, betonte sie. „Ich möchte die Bitte an euch richten, uns diesem Prozess zu stellen, damit wir Grüne vereint, erneuert, stark und zuversichtlich diese Aufgabe übernehmen können“, appellierte sie daher.

Als „brandgefährliche Entwicklung“ bezeichnete Vassilakou die Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Mindestsicherung. Im „grauslichen Match Schwarz-Blau gegen die Kinder“ stehe es Eins zu Null. „Das wird Wien nicht mitmachen“, betonte sie und bat abschließend um Geschlossenheit. „Damit wir das alles stemmen können, damit wir etwas bewegen können, werden wir einander brauchen“, sagte sie.

Landesversammlung der Grünen

„Wien heute“-Reporterin Barbara Wakolbinger meldete sich von Landesversammlung der Grünen.

Verkehrsminister fordert „Bekenntnis“

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) hat als Reaktion auf den Leitantrag gegen den Lobautunnel ein „klares Bekenntnis der Stadt zum Großprojekt“ gefordert. Er sieht die „Verkehrsentlastungsmaßnahme“ durch das Nein der Grünen „ernsthaft gefährdet“. Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ) warf dem „Team rund um Verkehrsstadträtin Vassilakou“ vor, das Projekt „aus rein ideologischen Gründen“ abzulehnen.

Dass Landessprecher Joachim Kovacs im Zusammenhang mit dem Lobautunnel die SPÖ in der Donaustadt als „Feiglinge“ bezeichnet hatte, sei eine Beleidigunge die abzulehnen sei, sagte SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak. „Vielleicht waren auch die hohen Temperaturen dafür verantwortlich, dass sie keinen kühlen Kopf bewahrt haben“, so Novak.

„Es geht nicht an, dass die Wiener permanent den Streitigkeiten der beiden Regierungsparteien zuschauen müssen, während sich das Projekt weiter verzögert“, kritisierte ÖVP-Verkehrssprecher Manfred Juraczka und forderte Klarheit über das Infrastrukturprojekt.

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