Schlagabtausch in Semmelweis-Sondersitzung

Zwischenrufe, Aufrufe zur Mäßigung, hitzige Wortmeldungen: Die Sondersitzung des Gemeinderats zum Semmelweis-Areal in Währing war von Wortgefechten geprägt. Die Opposition begrüßte aber die angekündigte Bausperre.

„Wir wollen endlich Transparenz rund um diesen dubiosen Immobiliendeal“, sagte NEOS-Abgeordneter Christoph Wiederkehr zu Beginn der von seiner Fraktion beantragten Sondersitzung. Unter dem Deckmantel der Ansiedlung einer renommierten Schule seien Grundstücke ohne Vergabeverfahren und weit unter Wert verkauft worden, kritisierte er. Die von Vassilakou verordnete Bausperre sei „ein erster richtiger Schritt“, aber auch die Grünen hätten wie die SPÖ „zu lange weggeschaut“.

Für ÖVP-Gemeinderat Wolfgang Ulm ist Vassilakous Plan, eine Bausperre zu verhängen und eine Umwidmung zu veranlassen, „besser als nichts“. Es handle sich aber „nur um eine Notmaßnahme aufgrund von fatalen Versäumnissen in der Vergangenheit“. Immer wieder gehe die Stadt Deals mit „Oligarchen“ ein - „Warum lässt sich Wien auf so etwas ein?“, fragte Ulm.

Auch FPÖ-Mandatar Udo Guggenbichler forderte mehr Transparenz und die Offenlegung aller Unterlagen zu den Verkäufen. „Wir wollen wissen, wer hier kassiert hat“, sagte er. Die Bausperre sei zu begrüßen, allerdings komme sie um ganze sechs Jahre zu spät, so Guggenbichler.

Semmelweis-Areal

APA/Herbert Neubauer

Amadeus International School Vienna

SPÖ: „Streit zwischen Privaten“

Die Regierungsfraktionen SPÖ und Grüne verteidigten die Liegenschaftsverkäufe. „Die Idee war, dieses Areal nicht höchstpreisig zu verwerten und damit ausschließlich Luxuswohnungen zu bekommen, sondern die Musikschule“, sagte der grüne Gemeinderat Christoph Chorherr. „Diese Schule funktioniert, ist anerkannt und wird und soll aus Sicht der Stadt dort weiter bleiben“.

SPÖ-Abgeordneter Georg Niedermühlbichler warf der Opposition vor, einen Skandal herbeireden zu wollen, „der ein Skandal sein mag zwischen Privatbeteiligten, aber sicher kein Skandal, an dem die Stadt Wien beteiligt ist“. „Es gibt Mutmaßungen, Verdächtigungen, Spekulationen, aber es ist kein einziger Beweis vorgelegt worden“, stellte Niedermühlbichler fest. Die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Grundstücksdeal rund um die Musikschule seien zudem von der Staatsanwaltschaft geprüft und die Ermittlungen eingestellt worden. „Das ist ein Streit zwischen Privaten“, meinte er.

Schule dementiert Räumungsklage

Es sei keine Räumungsklage anhängig, betonte der Rechtsvertreter der Schule, Stefan Weishaupt. Offenbar würden hier in der öffentlichen Debatte Dinge vermischt. „Man muss zwischen der Mieterin und der Vermieterin unterscheiden“, erklärte Weishaupt. Mieterin sei die private Amadeus International School. Diese habe aufrechte Verträge mit der Liegenschaftseigentümerin, die als Amadeus Vienna Campus Eigentümergesellschaft m.b.H firmiert. Letztere habe offenbar finanzielle Probleme.

Das habe aber nichts mit der Schule bzw. dem Schulbetrieb selbst zu tun. Hier gebe es keinerlei Mietrückstände oder Ähnliches, versicherte der Anwalt. Er erklärte zudem, dass keine Räumungsklage gegen die Schule im Raum stehe, sondern eine Zwangsversteigerung, die nicht die Schule, sondern eben die Liegenschaftseigentümerin betreffe.

Neues Musikgymnasium auf dem Areal der Semmelweiß-Klinik

www.amadeus-vienna.com

Der Causa widmete sich am Freitag eine Sondersitzung im Gemeinderat

Vassilakou lässt Bausperre vorbereiten

Wenige Stunden zuvor hatte Planungsstadträtin Vassilakou eine Bausperre für das Areal in Währing in Auftrag gegeben. Diese solle im September in Kraft treten und drei Jahre dauern. Damit soll die Liegenschaft dem „spekulativen Markt“ entzogen werden. Vassilakou: „Das ursprüngliche Ziel im Jahr 2012 war, die Nutzung durch eine Bildungseinrichtung sicherzustellen. Dieses Ziel ist nun in Gefahr, da der aufrechte Vertrag mit der Stadt Wien möglicherweise außer Kraft gesetzt wird.“

Während der Bausperre soll der Magistrat einen neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan erarbeiten. Das Areal soll dann nachhaltig für die Nutzung für Bildungszwecke gewidmet werden. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) versteht die Aufregung rund um das Semmelweis-Areal nicht: „Ich kann in dieser Debatte nichts Neues erkennen“, sagte Ludwig. Das Thema sei im Gemeinderat schon rauf und runter diskutiert worden.

Vertrag über Nutzung könnte ins Wackeln kommen

Derzeit ist die Fläche eigentlich als Wohngebiet gewidmet. Die Nutzung durch eine Bildungseinrichtung ist nur vertraglich geregelt. Die Befürchtung ist nun, dass bei einer Räumung dieser Vertrag unwirksam werden und damit der Weg für den Bau gewinnbringender freifinanzierter Wohnungen geebnet werden könnte. Anfang der Woche hatte die „Wiener Zeitung“ über eine drohende Räumungsklage der auf dem Areal befindlichen Amadeus International School Vienna berichtet - mehr dazu in Räumungsklage gegen Amadeus-Schule.

Es folgten eine Stellungnahme der Schule - mehr dazu in Amadeus-Schulbetrieb „ungefährdet“ - sowie die Ankündigung einer Sondersitzung im Gemeinderat. Zum Verkauf des Grundstücks ermittelt auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue gegen unbekannt. Teil der Ermittlungen sei die von NEOS eingebrachte Sachverhaltsdarstellung zu dem Thema.

Verkauf weit unter dem wahren Wert?

Die Vorwürfe rund um die Immobiliendeals auf dem Semmelweis-Areal bestehen bereits seit Längerem. 2012 war ein Teil jenes Areals, auf dem sich die Frauenklinik Semmelweis befindet, mit einigen Gebäuden an eine Investorengruppe rund um den Immobilienentwickler Peter Nikolaus Lengersdorff und den neuseeländischen Milliardär Richard Chandler verkauft worden, um dort das internationale private Musikgymnasium Amadeus Vienna zu errichten.

Der Verkauf sei ohne Ausschreibung, ohne Bürgerbeteiligungsverfahren und unter Wert erfolgt, lauteten die Vorwürfe. Ein weiteres Teilareal wurde an das Unternehmen at home Immobilien GmbH verkauft - und zwar ebenfalls ohne Verfahren und weit unter seinem tatsächlichen Wert, wie die Opposition kritisiert.

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