Arbeitszeitgesetz: Kaum Änderungen für ÖBB

Bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ist man über die aktuellen Betriebsversammlungen und Zugausfälle nicht glücklich. Die Arbeitszeitgesetze würden die ÖBB de facto kaum berühren, heißt es in einem internen Papier.

„12 Stunden sind im Betriebsdienst der ÖBB bereits jetzt möglich und werden von Arbeitgeber- wie von Arbeitnehmerseite mitgetragen. Jedenfalls für diesen Bereich wird das neue Arbeitszeitrecht unmittelbar kaum Änderungen bringen“, heißt es in dem an ÖBB-Mitarbeiter versandten Informationspapier zum Arbeitsgesetz Neu.

Am Montag gab es auch zahlreiche Betriebsversammlungen

Der Zwölfstundentag sei durch Kollektivverträge mit der Gewerkschaft für Berufe wie Lokführer, Fahrdienstleiter etc. klar geregelt, heißt es weiter. Für die ÖBB werde das neue Gesetz im Betriebsdienst also unmittelbar kaum Änderungen bringen, heißt es. Die Konzerngeschäftsführung hält das Vorgehen von Gewerkschaft und Betriebsrat daher für nicht notwendig.

Gewerkschaft sieht Gefahr für Sicherheit

Die Gewerkschaft sieht das anders. Die potenziellen Auswirkungen der geplanten Arbeitszeitregelungen auf die ÖBB-Mitarbeiter seien enorm, so Konzernbetriebsratschef Roman Hebenstreit. Tausende Kolleginnen und Kollegen hätten etwa Gleitzeitverträge. Die Bundesregierung setze mit dem geplanten Gesetz Maßnahmen, „die auch im Bereich Sicherheit, gerade im Eisenbahnbereich, eine enorme Wirkung haben.“ Man sei bei den Überstunden schon jetzt an Grenze. Am Montag wurden zahlreiche Betriebsversammlungen durchgeführt, was zu Zugausfällen und -verspätungen führte - mehr dazu in Zugverzögerungen wegen Versammlungen.

Mehr Überstunden möglich

Mit der geplanten Änderung des Arbeitszeitgesetzes sollen jedoch künftig mehr Überstunden pro Tag und Woche möglich sein. Durch die Änderung der Höchstarbeitszeit von täglich zehn auf zwölf und wöchentlich 50 auf 60 Stunden würden bei den ÖBB künftig 20 statt bisher zehn Überstunden pro Woche möglich. Das Überstundenkontingent steige von 320 auf 416 Überstunden pro Jahr. Die Grenze von durchschnittlich 48 Stunden in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen bleibe aber aufrecht.

„Braucht überwiegend Konsens“

„Um die neuen Spielräume für den Arbeitgeber zu nützen, braucht es überwiegend Konsens mit Gewerkschaft und Betriebsrat“, betont die ÖBB-Konzernführung. Es brauche dazu eine Änderung im ÖBB-Arbeitszeit-Kollektivvertrag, die nur im Einvernehmen mit der Gewerkschaft möglich sei. Unter Umständen müssten auch Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat neu verhandelt werden.

Auch Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe, die laut neuem Arbeitszeitgesetz viermal im Jahr möglich sein sollen, müssten bei den ÖBB durch eine Betriebsvereinbarung gedeckt werden, schreibt die Konzernspitze. Angepasst werden müssten die ÖBB-internen Gleitzeit-Betriebsvereinbarungen, für die Nutzung der Übertragungsmöglichkeit von Zeitguthaben brauche es ein Anpassung im bestehenden Kollektivvertrag.

Hofer: „Nur bedingt Verständnis“ für Versammlungen

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) hat für die Betriebsversammlungen bei den ÖBB „nur bedingt Verständnis“, wie er in einer Aussendung erklärte. Er habe den Eindruck, dass die große Mehrheit der Mitarbeiter dort bei der per Betriebsvereinbarung bestehenden Zwölf-Stunden-Regelung bleiben wolle.

Bei den ÖBB gebe es in vielen Bereichen bereits seit Jahren Betriebsvereinbarungen über Zwölf-Stunden-Dienste, so der Verkehrsminister. Der aktuelle Gesetzesentwurf zur Arbeitszeitflexibilisierung sehe vor, dass sich an diesen Vereinbarungen auch nichts ändere. Sollte es aber innerhalb der Belegschaft den Wunsch geben, auf einen Dreischichtbetrieb zu je acht Stunden umsteigen zu wollen, dann stehe es dem Betriebsrat frei, entsprechende Vereinbarungen mit dem Management zu treffen.

Arbeitsrechtler mit Bedenken

Der Arbeits- und Sozialrechtsexperte Franz Marhold äußerte unterdessen rechtliche Bedenken gegen die ÖBB-Betriebsversammlungen „Die Belegschaftsvertretung befindet sich damit nicht hundertprozentig auf dem Boden des Gesetzes“, sagte Marhold, Leiter des Instituts für österreichisches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Wirtschaftsuniversität Wien.

Das Betriebsverfassungsrecht und die gesetzlich geregelte Personalvertretung bei den ÖBB setze eine Betroffenheit des Unternehmens voraus. Die ist laut ÖBB-Konzernführung aber nicht gegeben. Man hätte stattdessen eine gewerkschaftlichen Betriebsausschuss zur Information über die Gesetzespläne einberufen können, so Marhold. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe die Teilnahme an den rechtlich fragwürdigen Betriebsversammlungen aber keine Folgen, weil die Verantwortung dafür beim einladenden Betriebsratsvorsitz liege.

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