Verwaltungsreform: Freibrief für Schwarzfahrer?

Im Nationalrat ist die Reform des Verwaltungsstrafrechts beschlossen worden. Bei kleinen Verwaltungsdelikten soll es künftig „Beraten statt Strafen“ heißen. Die Wiener Linien fürchten gravierende Auswirkungen bei Kontrollen.

Mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP hat der Nationalrat die Reform beschlossen. Ab dem Jahr 2019 werden dadurch bei weniger gravierenden Übertretungen Abmahnungen und Belehrungen Vorrang haben. Damit müssten etwa Betriebe in Zukunft bei geringfügigen Verwaltungsübertretungen erst im Wiederholungsfall Strafe zahlen.

Allerdings dürfen durch den Rechtsverstoß weder Personen noch Sachgüter gefährdet gewesen sein. Auch bei vorsätzlichem Verhalten oder wiederholten gleichartigen Übertretungen ist ein Strafverzicht ausgeschlossen.

Kontrollore der Wiener Linien bei Fahrscheinkontrolle in der U-Bahn-Station Schwedenplatz

Wiener Linien/Johannes Zinner

Im Vorjahr wurden in Wien 122.400 Scharzfahrer erwischt

Bedenken bei Wiener Linien

Auswirkungen befürchten vor allem die Wiener Linien. Wer künftig ohne Fahrschein erwischt wird, hat dann zwei Wochen Zeit, die Strafe zu bezahlen. Erst wenn nicht bezahlt wird, gilt man wirklich als Schwarzfahrer, der Straftatbestand wäre erst dann erfüllt. Diese kleine formale Änderung könnte für große Probleme bei den Kontrollen sorgen, wie auch die „Wiener Zeitung“ berichtete.

Denn oft weigern sich Kontrollierte, sich auszuweisen. Bisher hilft hier die Polizei, das wäre dann nicht mehr möglich. „Das ist für uns ein großes Problem“, erklärt Wiener-Linien-Sprecher Daniel Amann. „Weil die Polizei kommt ja nur, wenn es eine begangene Straftat gibt. Und das wäre dann nicht mehr gegeben. Die Polizei würde nicht mehr zur Identitätsfeststellung kommen und der Schwarzfahrer würde ungeschoren davon kommen.“

„Wenn zunächst gar kein Straftatbestand vorliegt, haben weder die Kontrollore noch die Polizei die Befugnis, die Identität festzustellen. Das Schwarzfahren wird sehr einfach und ohne Kostenrisiko gemacht“, meinte der Verfassungsjurist Theo Öhlinger gegenüber „Wien heute“.

Gerstl: Identität auch ohne Polizei feststellbar

Aus dem Parlamentsklub der ÖVP hieß es dagegen, dass die Identitätsfeststellung bei Verwaltungsdelikten erleichtert werde. „Der Schwarzkappler darf die Identität des Schwarzfahrers nun überprüfen. Wenn er es nicht macht, darf der Polizist die Identität überprüfen, auch wenn dieser erst fünf Minuten nach der Tat kommt“, meinte der Wiener Nationalratsabgeordente Wolfgang Gerstl (ÖVP) gegenüber „Wien heute“.

Die Wiener Linien erwischten im Vorjahr insgesamt 122.400 Passagiere ohne gültigen Fahrschein und damit etwas mehr als im Jahr 2016. Seit Jahresbeginn ist die Strafe für das Schwarzfahren um zwei Euro höher - mehr dazu in Wiener Linien: Mehr Schwarzfahrer.

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