Zeitzeugen erzählen vom „Endkampf“

Geschichten zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern: Ab sofort ist die Dokumentation „Heil Hitler - Die Russen kommen“ über den Endkampf 1945 im Kino zu sehen. Der Wiener Filmemacher Simon Wieland sprach dafür mit zahlreichen Zeitzeugen.

„Natürlich ist der Filmtitel provokativ, aber ich denke, die Menschen verstehen schon, wie das gemeint ist“, so Wieland gegenüber wien.ORF.at. Die Dokumentation erzählt in 13 Kapiteln darüber, wie die Bevölkerung im Osten Österreichs, vor allem Frauen und Kinder, den Krieg am eigenen Leib erleben mussten.

Weinviertel im Blickpunkt

„Die Aggression und Zerstörung, die die deutsche Armee in den Osten heraus getragen hat, kam im April und Mai 1945 in großer Wucht zurück“, so Wieland. Die Dokumentation geht vor allem auf das Weinviertel, die Heimat des Filmemachers, ein. „Unsere Eltern und Großeltern, die ja damals noch Kinder waren, gerieten zwischen die Fronten. Die 14-jährigen Buben mussten in einen völlig aussichtslosen Kampf ziehen, die Mädchen wurden missbraucht.“

Filmbild "Heil Hitler - Die Russen kommen"

Thimfilm

Ein Zeitzeuge: „Man hat gebetet und geweint.“

Ausschreitungen und Gewalt

„Wobei man verstehen muss, das die deutsche Armee vorher dementsprechend in Osteuropa gewütet hat. Das ist zurückgekommen. Außerdem hat es eine große Rolle gespielt, das die Zivilbevölkerung viel Wein gelagert hatte, die Russen aber Wodka gewöhnt waren und den Wein wie Wasser getrunken haben. Dieser Punkt hat auch zu Ausschreitungen geführt“, so Wieland.

Von diesen Ereignissen und Gräueltaten erzählen Zeitzeugen überraschend eindringlich und unverfälscht. Wieland: „Ich habe gemerkt, dass die Bereitschaft im letzten Lebensabschnitt besteht, darüber zu reden. Ich wollte das dokumentieren, damit das nicht vergessen wird. Denn es beeinflusst uns bis heute und ist Teil unserer Geschichte.“

Filmbild "Heil Hitler - Die Russen kommen"

Thimfilm

Frauen und Kinder waren Opfer von Gewalt und Missbrauch

Chronologie des Krieges

Ein wesentlicher Teil der Dokumentation beschäftigt sich mit den Ereignissen im April und Mai 1945 im Weinviertel und dessen Vorgeschichte. „Der Film beginnt mit der Euphorie der Bevölkerung, dann verschwinden die Juden, dann kehren Angehörige nicht mehr aus dem Krieg zurück, dann müssen die Jüngsten einrücken, schließlich brennen die eigenen Häuser und Dörfer und Frauen und Kinder werden Opfer des Krieges“, so Wieland. Schlussendlich geht der Film auch der Frage nach, was man aus der Geschichte lernen kann.

Filmbild: "Heil Hitler - Die Russen kommen"

Thimfilm

„Befreier ja - aber Befreier von allem“, erzählt dieser Zeitzeuge

Positive Reaktionen bei Premiere

Die Dokumentation war ein persönliches Anliegen von Wieland. Er spürte stets eine Trostlosigkeit in seiner Heimat, die für ihn auf die Kriegsjahre zurückzuführen war. Wieland: „Wir Kinder sind bei Großeltern aufgewachsen, die haben uns viel von dieser Zeit erzählt. Unsere Eltern haben dagegen eher darüber geschwiegen.“ Die Wunden seien noch immer nicht verheilt. „Solche verdrängten Erlebnisse werden unterbewusst an nachfolgende Generationen weitergegeben“, ist Wieland überzeugt.

Der Film wird einige Wochen in Wien zu sehen sein. Wieland freute sich jedenfalls über die positiven Reaktionen des Premieren-Publikums im Künstlerhaus Kino am Mittwoch am Karlsplatz. „Es waren über 300 Menschen da, darunter Russen und Juden.“ Am meisten berührte ihn die Reaktion der Kinobesucher aus dem Weinviertel. Wieland: „Die Menschen haben sich teilweise bei uns bedankt, dass wir diesen Film gemacht haben.“

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