Neues von Erwin Wurm in der Albertina
Übergewichtig, faltig und erschlafft: In Erwin Wurms erster Einzelausstellung in der Albertina geht es um den unausweichlichen Verfall des menschlichen Körpers im Alter. Zu sehen sind bis 17. Februar 20 mit Tinte gezeichnete Selbstporträts des Künstlers und 80 übermalte Aktfotografien, die Wurm selbst und - ausschließlich männliche - befreundete Künstlerkollegen zeigen. Die 2012 entstandene Serie „De Profundis“ ist eine gänzlich neue Werkgruppe des Künstlers.
Erwin Wurm/Albertina, Wien. VBK, Wien 2012
Radikale und schonungslose Darstellung
Die in der Schau zu sehenden Arbeiten sind in ihrer expliziten Darstellung schonungslos und durchaus radikal. Denn statt positiven Konnotationen des Alterungsprozesses wie Lebenserfahrung und innerer Schönheit, zeigt Wurm mit den entblößten Künstlern Einsamkeit und körperlichen Verfall. Die ungeschönte Erscheinung alternder Männerkörper im 21. Jahrhundert stellt er medienübergreifend der Körpersprache der Gotik gegenüber. Auch Selbstinszenierungen Wurms in bekannten religiösen Posen sind in der Ausstellung zu finden.
Erwin Wurm/Albertina, Wien. VBK, Wien 2012
Wurm thematisiert sich selbst
Selbstinszenierung und Selbstthematisierung ist generell ein wiederkehrendes Motiv in „De Profundis“ - auch wenn Wurm diese mitunter an seinen abgebildeten Künstlerkollegen vollzieht. Die „Leidensgenossen im Alter“ dienen häufig als Spiegelbild seiner selbst. In ihrer Darstellung trotzen die übergewichtigen und faltigen Körper in Wurms Arbeiten jedem jugendlichen Ideal, das heute mehr denn je hochgehalten wird.
Durch gezielte Übermalung der Fotografien - meist mit Acrylfarben - arbeitet der Künstler bestimmte Körperpartien heraus, betont Teile und verdeckt andere. Wurm deformiert und entstellt die nackten Körper oft zusätzlich, anonymisiert die Aktdarstellungen seiner prominenten Kollegen aber auch teilweise und schützt sie durch die aufgetragenen Farbschichten vor den Blicken der Betrachter.
Erwin Wurm/Albertina, Wien. VBK, Wien 2012
Ausstellungshinweis:
Erwin Wurm. De Profundis, 12. Dezember bis 17. Februar 2013
Durchbruch mit One Minute Sculptures
In der internationalen Kunstwelt konnte sich der österreichische Künstler mit den humoristisch-skurrilen „One Minute Sculptures“ etablieren. Dabei posierten Menschen gemeinsam mit Alltagsgegenständen innerhalb der Ausstellung. Einer breiten Öffentlichkeit wurden diese Spontan-Skulpturen unter anderem durch das Musikvideo der Rockband Red Hot Chili Peppers zu ihrem Song „Can’t Stop“ bekannt. Die Band nannte Erwin Wurm als Inspirationsquelle für ihr Video-Konzept.