Erste postume Schau von Franz West
„Gekröse“ heißt einer der letzten, aber mit Sicherheit größten Skulpturen von Franz West (geb. 1947): Eine überdimensionale, hautfarbene Schlange aus Alu-Röhren, die in sich verschlungen die Blicke der Art Basel-Besucher auf sich zog. Einen Monat darauf, im Juli 2012, verstarb der Maler und Bildhauer Franz West. Er zählte zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern Österreichs.
Epa/Georgios Kefalas
Kombination mehrerer Einzelarbeiten
Das MUMOK präsentiert nun mit „Wo ist mein Achter?“ die erste große Retrospektive des Wiener Künstlers nach seinem Tod. Gezeigt werden rund 30 mehrteilige „Kombi-Werke“, bei denen Franz West mehrere Einzelarbeiten wie „Passstücke“, Möbel, Skulpturen, Videos und Arbeiten auf Papier zu installativen Arbeiten zusammenfügte.
West arbeitete bei der Konzeption der Ausstellung maßgeblich mit: „Er hat die Werksauswahl mitgetroffen und das Konzept noch im Krankenhaus gesehen“ , sagt Kuratorin Eva Badura-Triska vom MUMOK gegenüber wien.ORF.at.
In den mehrteiligen Installationen enthalten sind auch Arbeiten befreundeter Künstlerkollegen wie Martin Kippenberger, Rudolf Polanszky, Jason Rhoades oder Heimo Zobernig.
Markus Rössle/Archiv Franz West
Tragbare Prothesen
Zum Markenzeichen von Franz West wurden seine seit 1974 entwickelten „Passstücke“ (für den menschlichen Körper), organisch anmutenden Objekten, die er aus Pappmache, Polyester, Gips oder Aluminium formte. Sie waren der menschlichen Physiognomie entlehnt und sollten dem Menschen als tragbare Prothesen dienen.
Ausstellungshinweis:
Franz West Wo ist mein Achter?, MUMOK, 23. Februar bis 26. Mai 2013, Mo 14–19 Uhr, Di bis So 10–19 Uhr, Do 10–21 Uhr
Sendungshinweis
„Wien heute“, 23. Februar 2013
Haptisch erfahr- und benutzbar sollten seine Arbeiten sein, der Bezug zum Körper war West besonders wichtig. Viele seiner Skulpturen wie etwa die in der Ausstellung gezeigte „Curacao“ - ein couchähnliches Stahlgestell - luden Betrachter zum Sitzen ein. Es war sogar sein ausdrücklicher Wunsch, seine Objekte zu verwenden. Dies gilt auch nach seinem Tod: „Die Besucher dürfen sich auf einzelne Installationen hinsetzen“, versichert Badura-Triska. So kann man es sich auf einem der 16 Stühle der „Sitzgruppe Heimo“ bequem machen, die vor einem Kubus Heimo Zobernigs stehen.
APA/ Herbert Pfarrhofer
Erst Autodidakt, dann Student der Akademie
Ein prägnantes Beispiel für Wests Praxis der Kombination und Rekombination ist die aus drei Teilen bestehende Pappmache-Skulptur „Redundanz“: Schrottähnliche Gebilde, die in einer Ecke des MUMOK arrangiert sind.
Mit 23 Jahren begann Franz West künstlerisch zu arbeiten, zunächst autodidaktisch, von 1977 bis 1982 als Student der Meisterklasse bei Bruno Gironcoli an der Akademie der Bildenden Künste in Wien.
MUMOK/Franz West
Lebenswerk mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet
Franz West verdiente sich auch im internationalen Kunstbetrieb seine Sporen, seine Arbeiten erreichen heute Preise bis zu einer halben Million Euro. Ihm selbst bedeuteten materielle Dinge wenig: 2001 verpasste er bei einer Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst seinem Zweit-Maserati einen neuen Anstrich, indem er ihn mit rosa Farbe übergoss.
Zu seinen wichtigsten Einzelausstellungen zählen etwa jene im New Yorker Museum of Modern Art (1997), in den Hamburger Deichtorhallen (2002) oder im Museum für Angewandte Kunst in Wien (2008). Zweimal (1992 und 1997) nahm West an der Documenta in Kassel teil und überraschte die Besucher mit seinen stoffüberzogenen Sitzmöglichkeiten.
Die höchste Auszeichnung für einen lebenden Künstler wurde ihm schließlich 2011 bei der Biennale in Venedig zuteil: Die Jury zeichnete ihn mit dem Goldenen Löwen aus. Bereits 1990 vertrat er Österreich bei der Kunstausstellung in der Lagunenstadt.
David Zwirner/Franz West, Courtesy Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof
„Lemuren“-Köpfe auf der Stubenbrücke
Den Objekten von Franz West begegnet man nicht nur in Museen, sondern auch außerhalb musealer Mauern. Vier seiner auf der Documenta IX gezeigten gespenstischen „Lemuren“-Köpfe fanden auf Sockeln der Stubenbrücke in Wien ein neues Zuhause - eine Leihgabe eines Sammlers. Zwei „Lemuren“ werden die Besucher auch vor dem Eingang des MUMOK begrüßen.
„Triple Feature“ mit Performance und Musik
In Kooperation mit dem Impulstanz Festival zeigt das Museum am Eröffnungsabend außerdem ein Triple-Feature mit Beiträgen des bulgarischen Performers und Choreografen Ivo Dimchev sowie der Musiker Philipp Quehenberger und Didi Kern. Nach einer Führung durch die Ausstellung zeigt Ivo Dimchev sein Solo „I-ON“ und wird bei musikalischer Untermalung mit den Passstücken von West agieren.
Der Musiker Philipp Quehenberger, der West zehn Jahre lang musikalisch begleitet hat, wird mit dem Schlagzeuger Didi Kern unter der Überschrift „Schlagzeugspiel, Keyboard- und Effektwahnsinn, Free Electronic Jazz und Noise – ein Abend zu Franz West“ die Veranstaltung musikalisch abschließen. Beginn ist ab 18.00 Uhr bei freiem Eintritt.