Rennen bis zum Ausbrennen

„Rennen bis zum Ausbrennen - Entgrenzung von Arbeitszeit“ - das ist das aktuelle Thema der „Radio Wien“-Rubrik „Ganz auf Ihrer Seite“. Jeden Donnerstag geben Arbeiterkammer-Experten Tipps. Hier finden Sie alle Informationen.

Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit lösen sich immer mehr auf und verschwimmen. Die ständige Verfügbarkeit der Beschäftigten wird von den Betrieben immer mehr vorausgesetzt.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 12.03.2015

Die Arbeitswelt wird damit immer schneller und dichter – die moderne Technik macht´s möglich. Wir müssen heute mit einer höheren Geschwindigkeit arbeiten als noch vor 20 Jahren und sind produktiver geworden. Fakt ist: Immer mehr Arbeit muss von immer weniger Arbeitnehmern, in immer kürzerer Zeit, erledigt werden. Um das vorgegebene Pensum zu schaffen wird dann ein Teil der Arbeit in der Freizeit erledigt. Mails werden “schnell noch“ beim Abendessen beantwortet, Besprechungen während der Abendnachrichten vorbereitet und vor dem Schlafen gehen wird noch ein wichtiges Telefonat mit einem Kollegen geführt. Viele Menschen halten diesem Druck und der Dauerbelastungen aber irgendwann nicht mehr stand.

Was für Auswirkungen kann das dann haben?

Wer über lange Zeit permanent - ohne Phasen der Regeneration - unter Hochdruck arbeitet, wird wahrscheinlich früher oder später krank. Je nach Veranlagung kann sich das körperlich oder psychisch auswirken. Der eine wird auf die Dauerbelastung beispielweise mit einer Erschöpfungsdepression oder einem Burnout reagieren, während eine andere Person körperliche Krankheiten entwickelt. Das kann von Nervosität und Schlafstörungen über Herz-Kreislauferkrankungen bis hin zu einem erhöhten Sterbe- und Krebsrisiko reichen.

Für den Chef bedeutet das mehr Krankenstände und damit auch mehr Kosten. Oft sind es letztlich besonders engagierte Mitarbeiter, sozusagen die Leistungsträger eines Betriebs, die der Dauerbelastung mittelfristig nicht standhalten können. Gesunde Arbeitsbedingungen rechnen sich also auch für die Arbeitgeber.

Was kann ich tun um mich da besser abzugrenzen?

Wenn es in einem Betrieb üblich ist, Arbeit mit nach Hause zu nehmen, ständig erreichbar zu sein oder berufliche Termine in der Freizeit wahrzunehmen, ist es oft sehr schwer sich als Einzelner diesem Druck zu entziehen. Sinnvoll ist es auf jeden Fall sich in einem ersten Schritt an den Betriebsrat zu wenden – wenn es ihn gibt, zumal das Problem wahrscheinlich mehrere Beschäftigte betreffen wird. ABER: Eigentlich darf ja es streng genommen solche entgrenzte Arbeitsbedingungen in den österreichischen Betrieben seit dem neuen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz gar nicht mehr geben…

Seit dem 1. Jänner 2013 muss jeder österreichische Betrieb psychisch gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen identifizieren und diese auszuschalten oder reduzieren. Wir sprechen hier von der sog. Evaluierung der psychischen Belastungen. Dabei ist es egal wie groß oder klein der Betrieb ist. Stellt sich heraus, dass Gefahren für die psychische Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten vorhanden sind, müssen gezielte Schutzmaßnahmen gesetzt werden, ist der Chef gefordert.

Je nach Ursache muss er dann beispielsweise, die Arbeit anders verteilen oder mehr Zeit zur Verfügung stellen, zusätzliches Personal aufnehmen oder andere organisatorische bzw. strukturelle Maßnahmen setzen. Es geht um die Lösung des Problems: Die allerorts beliebten Zeitmanagementschulungen sind hier zu wenig, da sie ja das Übel nicht bei der Wurzel packen.

Was sind die Vorteile?

Die Verantwortung für die Durchführung der Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen trägt der Arbeitgeber. Verfügt dieser nicht über die notwenige Expertise, müssen ExpertInnen hinzugezogen werden.

Die Vorteile: Für die Beschäftigten werden gesunde Arbeitsbedingungen geschaffen und für die Unternehmen entstehen weniger Kosten, da die Zahl der Krankenstände sinkt, die Fluktuation abnimmt und die Produktivität zunimmt.

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