Wenn Mann nicht kann

Sexuelle Funktionsstörungen sind oft ein Tabuthema. Dabei ist es besonders wichtig, darüber zu sprechen, wenn es „im Bett nicht mehr funktioniert“. Welche Gründe das haben könnte, erklärt Allgemeinmediziner und Autor Günther Loewit.

Die sexuelle Dysfunktion sollte sowohl beim Mann als auch bei der Frau weder als rein organisches noch als ein unbedingt rein psychisches Problem, sondern als psychosomatische Einheit gesehen werden. Denn die Sexualität ist unter anderem eine bedeutende Kommunikationsform, und das in jedem Lebensalter. Verständnis, Angenommen sein, Behüten, Beschützen, Geben und Nehmen, Zuhören und die Fähigkeit, sich artikulieren zu können und viele weitere Begriffe sind unabdingbare Bedingungen für erfüllende und damit funktionierende Sexualität.

Sendungshinweis:
„Radio Wien am Vormittag“, 2.11.2015

Trotz einer scheinbar überkommunikativen Gesellschaft ist das Gespräch über Sexualität immer noch mit Angst und Vorsicht verbunden.

Mann und Frau im Bett, sie im Hintergrund, schaut mitleidig auf Mann, der auf der Bettkante sitzt, mit vorgebeugten Oberkörper, die Ellbogen stützen sich aufs Knie, das Kinn ruht auf den Händen

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Sex braucht Liebe

Oft wird vergessen, dass eine nicht mehr funktionierende Sexualität das Leitsymptom einer nicht mehr funktionierenden Beziehung darstellt. Diese Sicht gilt vor allem, wenn man bedenkt, dass gelebte Sexualität die intensivste und körperlichste Form der Kommunikation zwischen zwei Menschen darstellt.

Für die männliche Erektion gilt, dass, unabhängig vom Alter, die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr so lange organisch möglich sein sollte, als Patienten spontane nächtliche Erektionen erleben. Das bedeutet, dass ein Großteil der erektilen Dysfunktionen ihre Ursache unter anderem im psychischen Bereich haben. Auch für die Sexualität der Frau gilt, dass ohne entsprechende psychische Rahmenbedingungen eine erfüllende Sexualität längerfristig nur sehr schwer vorstellbar ist.

Wichtig ist auch zu bedenken, dass sexuelle Bedürfnisse schon im Kindesalter beginnen, und sich in ständig abwandelnder Form das ganze Leben über als zentrales Lebensthema bewusst oder/und unbewusst äußern.

Tipps:

  • Es ist wichtig zu lernen, dass man auch über Sexualität sprechen kann, darf und soll.
  • Die öffentlich-medialen Darstellungen von Sexualität sind wenig geeignet, als Vorbild für glücklich erlebte und erfüllende Sexualität zu dienen.
  • Sexuelle Fehlfunktionen sind häufig die Folge von falschen Erwartungen.
  • In einer vertrauensvollen Beziehung sollte es immer möglich sein, dem Partner die Angst vor einem sexuellen Versagen nehmen zu können.
  • In einer spaß- und lustorientierten Gesellschaft müssen sowohl Männer und Frauen wieder lernen, das eine vorübergehende sexuelle Dysfunktion nicht automatisch ein Zeichen von Schwäche und Unvermögen, sondern einen Hilferuf der Seele darstellen kann.
  • Einfühlsame Hausärzte, Gynäkologen und Urologen werden ihre Patienten auch bei sexuellen Problemen verstehen, beraten und begleiten.

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Günther Loewit