Überstunden: Was darf sein?

Jeder von uns muss mal Überstunden machen. Was Sie als Arbeitnehmer dürfen und was der Arbeitgeber beachten muss, klären wir diese Woche in „Ganz auf Ihrer Seite“ mit den Experten der Arbeiterkammer Wien.

Überstunden liegen vor, wenn die tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit überschritten wird. Grundsätzlich beträgt die Normalarbeitszeit acht Stunden am Tag bzw 40h pro Woche. Das Arbeitszeitgesetz ist aber von sehr vielen Ausnahmebestimmungen und Ermächtigungen geprägt. Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung können daher Abweichungen vom acht Stunden Tag bzw 40 Stunden pro Woche vorsehen, so dass die Normalarbeitszeit ausgedehnt ist und Überstunden erst später anfallen. Wenn sich dazu Fragen ergeben, können sich Arbeitnehmer gerne an die Arbeitsrechtsexperten der AK Wien wenden.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 2.3.2017

Darf der Arbeitgeber Überstunden verlangen?

Diese Forderung ist an eine von mehreren Voraussetzungen geknüpft. Eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden kann vorab im Dienstvertrag geregelt werden. Weiters kann auch in einem Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung die generelle Leistungsbereitschaft zur Überstundenleistung verankert sein. Und drittens, kann sich eine solche Verpflichtung auch anhand der Treuepflicht des Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber ergeben. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass der Arbeitgeber nicht jedes Mal, wenn er eine Mehrleistung des Arbeitnehmer benötigt, sich auf die Treuepflicht berufen kann.

Der Arbeitgeber kann sich beispielsweise dann nicht auf diese Treuepflicht berufen, wenn sich die Überstundenarbeit durch normale betriebsorganisatorische Maßnahmen (ausreichend großer Personalstand, organisatorische Vorsorge für Ausfälle durch Urlaub, Erkrankungen, sonstige Dienstverhinderungen usw) vermeiden lässt. Der Arbeitgeber hat, wenn er mit zeitweise auftretendem erhöhtem Arbeitsbedarf rechnen muss, entsprechende Vereinbarungen über Überstundenarbeit anzustreben oder sonstige geeignete Maßnahmen zu treffen Er kann sich nicht darauf verlassen, seine Arbeitnehmer schon auf Grund von deren Treuepflicht in Situationen, die bei entsprechender Organisation Routine sein müssten, ohne Vereinbarung zu Überstundenarbeit heranzuziehen.

Ihre Rechte und Pflichten bei Überstunden

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Kann ich als Arbeitnehmer Überstunden ablehnen?

Wenn der Arbeitgeber einen wichtigen betrieblichen Grund hat und kurzfristig viel Arbeit anfällt, kann er Überstunden anordnen.
ArbeitnehmerInnen wiederum dürfen Überstunden ablehnen, wenn Sie wichtige Gründe haben wie z.B. Kinderbetreuung oder einen dringenden unaufschiebbaren Arzttermin. Diese Gründe müssen schwerer wiegen als die Interessen der Firma! Es muss immer eine Interessensabwägung vorgenommen werden und dies im Einzelfall geprüft werden. Bei Unklarheiten empfehlen wir hier dem Arbeitnehmer sich vor der Ablehnung von Überstunden beim Betriebsrat, der Gewerkschaft oder der Arbeiterkammer zu informieren. Lehnt ein Arbeitnehmer Überstunden zu Unrecht ab, dann riskiert er eine fristlose Entlassung!

Fünf Überstunden pro Woche

Grundsätzlich sind pro Woche fünf Überstunden zulässig. Darüber hinaus erlaubt das Gesetz fünf weitere Überstunden pro Woche, also insgesamt zehn Überstunden pro Woche. Diese zusätzlichen fünf Überstunden dürfen aber im Jahr insgesamt maximal 60 Stunden ausmachen. Kurz gesagt 12 Wochen im Kalenderjahr dürfen zehn Überstunden geleistet werden, in den restlichen Wochen des Jahres nur fünf Überstunden pro Woche. Durch Kollektivvertrag bzw Betriebsvereinbarung kann es aber noch Ausnahmen geben, so dass zusätzliche Überstunden zulässig sind.

Überstunden sind mit einem Zuschlag von mindestens 50 Prozent abzugelten. Für eine Überstunde muss ich eineinhalb Stunden bezahlt oder frei, in Form von Zeitausgleich, bekommen. Das Gesetz sieht in der Regel eine Abgeltung durch Bezahlung vor, es kann aber Zeitausgleich vereinbart werden. Achtung es ist auch eine schlüssige Vereinbarung möglich. Beispielsweise wenn man ein Jahr lang die Überstunden immer als Zeitausgleich bekommen hat, dann wurde schlüssig, also durch das dementsprechende Verhalten, Zeitausgleich vereinbart.

Arbeitszeiten aufzeichnen

Zu Beweiszwecken sollte man die Arbeitszeiten immer aufzeichnen, und nach Möglichkeit vom Vorgesetzten unterschreiben lassen. Die Arbeiterkammer bietet dazu einen Arbeitszeitkalender an und auf www.ak-zeitspeicher.at kann man die Arbeitszeiten auch per Computer mitprotokollieren. Auch den Inhalt der Arbeitsleistung, also was man gearbeitet hat, sollte man sich notieren. Weiters ist zu beachten, dass es für die Geltendmachung von arbeitsrechtlichen Ansprüchen Verfallsfristen gibt d.h. dass offene Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist, häufig nur 3 Monate, schriftlich eingefordert werden müssen, da sie sonst verfallen und damit nicht mehr beim Arbeitgeber eingefordert werden können.

Gerade für Überstunden sind diese Verfallsfristen häufig sehr kurz, weshalb bei Nichtzahlung eine rasche schriftliche Geltendmachung, per eingeschriebenem Brief, empfohlen wird! ArbeitnehmerInnen sollten ihre Arbeitszeiten notieren und immer vom Arbeitgeber bestätigen lassen und sich rechtzeitig um die Abgeltung kümmern bzw die Ansprüche schriftlich einfordern!

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