Wie viel Lohn steht mir zu

Wir widmen uns diesmal in „Ganz auf Ihrer Seite“ mit den Experten der Arbeiterkammer Wien, der Frage des angemessenen Gehalts beziehungsweise der Ermittlung meines persönlichen Marktwertes.

Wie stelle ich nun fest, ob mein Entgelt überhaupt in der richtigen Höhe bezahlt wird? Hier muss zwischen zwei verschiedenen Werten differenziert werden. Zum einen: Wie hoch ist das Minimum, das mir laut Kollektivvertrag ausbezahlt werden muss? Dieser Mindestbetrag darf ja bekanntlich ohnehin nicht unterschritten werden. Zum anderen: Welcher Betrag ist denn überhaupt angemessen? Verdiene ich „leistungsgerecht“?

Ob ich unter dem Kollektivvertrag bezahlt werde oder nicht, kann ich jederzeit selbst rausfinden. Unter www.kollektivvertrag.at besteht die Möglichkeit, sämtliche Kollektivverträge einzusehen. Sollte ich bei Fragen zur richtigen Einstufung nicht mehr weiter wissen, kann man jederzeit bei den zuständigen Gewerkschaften oder der Arbeiterkammer um Rat fragen.

Gehaltsverhandlung

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Welcher Lohn ist angemessen?

Die Frage der Angemessenheit lässt sich nur subjektiv beurteilen, denn wer gibt denn vor, welches Entgelt angemessen ist. Hauptproblem ist dabei ja auch die mangelnde Transparenz der Einkommen. In kaum einem Land wird das Einkommen so geheim gehalten wie in Österreich. Und dies führt, entgegen der landläufigen Meinung, nicht zu Vorteilen für jene ArbeitnehmerInnen, die in den unteren Einkommensklassen angesiedelt sind. Und stellt vor allem für Frauen ein Problem dar.

Wenn eine Arbeitnehmerin sich im Vergleich zu männlichen Arbeitskollegen schlechter entlohnt fühlt, kann sie sich zunächst im Unternehmen mit Betriebsrat an diesen wenden. Handelt es sich um ein Unternehmen, das einen Einkommensbericht erstellt hat, kann dieser als Hilfsmittel dienen, um ungleiche Entlohnung aufzudecken. Wichtig ist zu sagen, dass der Inhalt des Einkommensberichts vertraulich ist. Jedoch kann sich die Arbeitnehmerin natürlich an die Interessenvertretungen (AK und Gewerkschaft) und die Gleichbehandlungsanwaltschaft und ähnliche Einrichtungen wenden, um sich beraten zu lassen.

Was tun wenn nicht gerecht?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Zum einen: Die juristische Herangehensweise: Ich kann mich an den Betriebsrat wenden, die Fachgewerkschaften befragen oder mich an die Arbeiterkammer wenden. Zusätzlich gibt es noch die die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt. In weiterer Folge kann man ein Verfahren bei der Gleichbehandlungskommission zur Feststellung der Diskriminierung einleiten. Oder es kann – in eindeutigen Fällen der Benachteiligung - gleich eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht werden.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 8.2.2018

Die zweite Variante bedeutet ich mache mich selbst schlau und nütze den freien Arbeitsmarkt aus. Jeder darf so viel verdienen, wie er/sie möchte. Jeder kann so viel verdienen, wie er/sie mit dem Arbeitgeber vereinbart. Es gibt keine Gesetze, die eine Beschränkung nach oben festlegen, egal, in welcher Branche ich tätig bin. Wenn ich irgendein Spezialwissen habe, das an einem speziellen Ort zu einer bestimmten Zeit sehr gefragt ist, dann kann ich daher auch entsprechend viel verlangen. Habe ich umgekehrt sehr viele Konkurrenten in meinem Tätigkeitsfeld und der AG kann aus vielen guten BewerberInnen auswählen, dann wird’s schwieriger, meinen Wert in die Höhe zu treiben.

Richtwerte ermitteln

Am besten schaut man sich regelmäßig Stellenanzeigen an. Die meisten Menschen machen das nur, wenn sie arbeitslos sind. Aber warum sich nicht auch im aufrechten Arbeitsverhältnis erkundigen, was es wo zu verdienen gäbe? Warum nicht einmal ein Vorstellungsgespräch wahrnehmen und schauen, ob mir ein anderer Arbeitgeber auch gefallen würde und vor allem: Was könnte ich dort verdienen?

Eine Art Marktbeobachtung, immer wieder interessenhalber nach offenen Stellen schauen, immer für alle Angebote offen sein. Man muss den angebotenen Job ja dann nicht zwingend annehmen. Und glauben Sie mir: Man tritt ganz anders in einem Vorstellungsgespräch auf, wenn man ohnehin einen fixen Arbeitsplatz hat. Es fällt einem leichter, ein passendes Gehalt zu fordern, wenn man nicht unbedingt darauf angewiesen ist, diesen Job auch zu bekommen. Bin ich umgekehrt arbeitslos, werde ich wahrscheinlich schneller mal eine billige Bezahlung akzeptieren, weil ich froh bin, überhaupt etwas gefunden zu haben. Es liegt also oft an der Ausgangslage, wie gut ich mich „verkaufen“ kann. Und „verkaufen“ ist hier im wahrsten Sinne des Wortes gemeint.

Selbstbewusst ins Vorstellungsgespräch

Wenn ich mich aus einem aufrechten Arbeitsverhältnis für einen anderen Job bewerbe, werde ich regelmäßig mehr verdienen, als wenn ich dies aus der Arbeitslosigkeit heraus mache. Schließlich muss mich ja dann der potentielle Arbeitgeber auch erst mal überzeugen, dass er mich unbedingt für sein Team haben möchte.

Man kann austesten, ob der Arbeitgeber tatsächlich an mir und meinen Fähigkeiten Interesse hat. In weiterer Folge darf ich keine Angst davor haben, mit einer überzogenen Vorstellung aus dem Rennen zu sein. Eine hohe Forderung muss ja nicht immer ein negatives Zeichen sein. Es könnte doch umgekehrt auch als Zeichen von Selbstvertrauen gewertet werden und zeigt dem Arbeitgeber umgekehrt, dass er mich vielleicht nicht zum Billigs-Preis erhält, sondern sich sehr wohl bemühen muss, mich von diesem Arbeitsplatz zu überzeugen.

Selbstbewusst auftreten ist das Um-und-Auf in solchen Situationen. Ich muss auf Augenhöhe mit dem künftigen Arbeitgeber auftreten. Natürlich immer höflich und freundlich sein, aber sich nicht in die Rolle des Bittstellers drängen lassen, der alles dafür tun würde, um diesen Job zu ergattern. Ein seriöser Arbeitgeber wird einen solchen ehrlichen Umgang zu schätzen wissen!

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Arbeiterkammer