Tanzkunst abseits von Disco und Parkett

Der sterbende Schwan, eine schmutzige Müllsammlerin und Pole-Dance. Das ImPulsTanz-Festival geht von 17. Juli bis 17. August mit 40 internationalen Produktionen in die nächste Runde. Das Programm ist dicht - vom Workshop bis zur Party.

Obwohl es das 1984 gegründete Festival bereits stattliche 30 Jahre gibt, wirkt es keineswegs altbacken oder fad. Jahr für Jahr sorgt das umfangreiche Programm mit seinen Weltpremieren („John“ des vielfach ausgezeichneten DV8 Physical Theatre um Lloyd Newson von 5. bis 9. August im Akademietheater), den neu interpretierten Klassikern („Swan Lake“ der Dance Factory um Dada Masilo von 22. bis 25. Juli im Volkstheater) und der Präsentation junger Tanzschaffender („[8:tension] Yound Choreographers’ Series“) für Furore in der Hauptstadt.

Sendungshinweis:

„Wien heute“, 24.7.2014

Viereinhalb Wochen steht Wien im Juli und August im Zeichen des zeitgenössischen Tanzes, der aber mit Schunkeln in der Disco oder öden Gesellschaftstänzen absolut gar nichts zu tun hat. Die Projekte bewegen sich zwischen Theater und Artistik, oszillieren oft zwischen Performance und Aktionismus. Abgesehen von den 40 Produktionen in verschiedenen Spielstätten - vom Akademietheater über das Schauspielhaus bis zum Volkstheater - gibt es auch von Profis betreute Workshops, Forschungsarbeiten, Diskussionen und Parties.

Bilder: Produktionen und Workshops beim ImPulsTanz

Neu und anders

Offiziell eröffnet wird das Festival heuer vom belgischen Choreografen Alain Platel und seiner „les ballets C de la B“-Compagnie im Volkstheater. Das Stück „tauberbach“, welches dieses Jahr auch zum Berliner Theatertreffen geladen war, wurde in Zusammenarbeit mit den Münchner Kammerspielen entwickelt. Platel verbindet hierfür „Estamira“, eine Dokumentation von Marcos Prado über eine brasilianische Abfallsammlerin und „Tauber Bach“, ein Musikprojekt von Artur Zmijewski und einem Gehörlosen-Chor. Eine Hommage an die menschliche Würde.

Zahlen und Fakten

Insgesamt gibt es beim diesjährigen ImPulsTanz-Festival 40 professionelle Produktionen, 240 Workshops, davon 90 für Anfänger, 32 Aftershow-Abende mit DJs und Bands im Burgtheater-Vestibül und zwei offizielle Parties (am 25. Juli und am 5. August) im Kasino am Schwarzenbergplatz.

Der Klassiker „Schwanensee“ wurde schon oft inszeniert. Die Südafrikanerin Dada Masilo, die bekannt und ausgezeichnet ist für ihre zeitgenössischen Interpretationen des Balletts, hat auch dieses Stück unter ihre Fittiche genommen. Mit viel Witz und Ironie nähert sie sich in „Swan Lake“ auch ernsthaften Themen wie Aids und Homophobie an. Der Andrang war im Vorverkauf schon so hoch, dass mittlerweile bereits eine Zusatzvorstellung am 23. Juli im Volkstheater festgelegt wurde.

„Auch jedem, der sich nicht mit Tanz beschäftigt, kann dieses Stück ans Herz gelegt werden. Da geht man nach 60 Minuten raus und hat einen tollen Tanzabend erlebt“, so ein Sprecher. Auch die Welturaufführung von „John“, der neuesten Produktion des DV8 Physical Theatres um Gründer Lloyd Newson, gilt als Höhepunkt. Hierfür hat er 50 Männer interviewt, aus deren Lebensgeschichten sich schließlich das Stück zusammensetzte. Die Befragten sprechen und tanzen dabei ihre Antworten - Abgründe, Leidenschaften, Vorlieben, Ängste, alles.

IMpuls

Ben Hopper

Performer Hannes Langolf in der Lloyd Newson-Produktion „John“.

Highlights auf den zweiten Blick

Weniger prominent in der Spielstätte, aber mindestens genauso beliebt, ist Hannes Wurms „Far Away So Close“ (von 20. bis 30. Juli jeden zweiten Tag). Auch hier gibt es bereits einen Zusatztermin aufgrund des großen Andrangs im Ticketvorverkauf. Der Wiener Performancekünstler nennt das 22-minütige Tanzsolo im Schaufenster im Schauspielhaus auch „Momente rationaler Berührung“. Im Zentrum der „One-Man-Show“ steht der Blick auf seinen linken Fuß. Wurm bewegt sich in seiner Arbeit vorrangig abseits des Mainstream-Theaters.

Ausbildungsprojekte

Im Programm „Biblioteca do Corpo“ führt Ismael Ivo 35 junge Profis zu künstlerischen Höchstleistungen. Außerdem gibt es den einmonatigen DanceAbility Teacher Certification-Kurs, das Stipendienprogramm „danceWEB“ und „IDOCODE“, ein Austausch über Unterrichtspraktiken im zeitgenössischen Tanz (1. bis 3. August)

Unter den Highlights ist auch das Workshop-Programm. Davon gibt es insgesamt 240 Stück mit einer beeindruckenden Bandbreite. Von Pole-Dance über den Punkt „Golden Ager“ für Teilnehmer ab 55 Jahren bis hin zu der Kooperation „Shake The Break“ mit dem Dschungel Wien für die Kleinsten scheinen ausnahmslos alle Besucher ihrer Tanzleidenschaft frönen zu können oder sie auch erst entdecken zu können. Dabei ist etwa die in Los Angeles lebende Österreicherin Nina Kripas, die zuletzt unter anderem mit Kanye West und den Black Eyed Peas auf Tour war.

Sascha Hauser, der „Parkour & Freerunning“ im Wiener Stadtraum betreibt und Libby Farr, die eine kleine Einführung ins Ballett präsentiert, sowie Susanne Bentley und Conny Aitzetmueller, die gemeinsam die zwei Pole-Dance-Workshops leiten, kommen ebenfalls zu den Festival-Workshops ins MuseumsQuartier. Besonders beliebt sind Jahr für Jahr die Aftershow-Parties im Burgtheater-Vestibül, bei denen jeden Abend Performer, Tänzer, DJs, Musiker und Gäste aufeinandertreffen. „Da ist immer der Bär los“, so der Sprecher.

Wurm

Claudia Bosse

Die One-Man-Show „Far Away So Close“ von Hannes Wurm.

Inoffizielle Eröffnung mit Heinz Fischer

Auch mit enger geschnalltem Gürtel lässt es sich tanzen. Mit weniger Produktionen und ohne Open-Air-Eröffnung im MuseumsQuartier fällt das ImPulsTanz-Festival dieses Jahr zwar „ein wenig kleiner aus“, wie Intendant Karl Regensburger bei der Programmpressekonferenz betonte. Auf große Namen und den Bundespräsidenten wird aber trotzdem nicht verzichtet. Am 15. Juli wird die inoffizielle Eröffnung in der Hofburg gefeiert - mehr dazu in Uraufführungen und Klassiker: ImPulsTanz zeigt 40 Produktionen aus aller Welt (news.ORF.at).

Das ImPulsTanz-Festival findet von 17. Juli bis 17. August an diversen Veranstaltungsorten in Wien statt. Der Vorverkauf läuft bereits seit 2. Juni. Tickets gibt es einzeln und in unterschiedlichen Abos. Das gesamte Programm gibt es auf der Website des Festivals nachzulesen.

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