Philharmoniker: Historikerkommission gefordert

An den Wiener Philhamonikern gibt es wegen ihres Umgangs mit der Geschichte in der NS-Zeit weiter Kritik. Die Grünen fordern erneut eine Historikerkommission, diese lehnen die Philhamoniker bisher aber ab.

„Noch immer deutet Orchester-Vorstand Clemens Hellsberg die Entstehung des Neujahrskonzerts im Jahr 1939 auf der offiziellen Website zu ‚einer sublimen Erinnerung an Österreich‘ um und interpretiert diese sogar zu einer Art Widerstand“, so der Grüne Abgeordnete und Historiker Harald Walser in einer Aussendung am Mittwoch. Dabei hätten Historiker nachgewiesen, dass das Konzert „das Ergebnis einer nationalsozialistischen Kulturpolitik“ ist.

Probe für das Neujahrskonzert

APA/HERBERT PFARRHOFER

Historiker: Neujahrskonzert „das Ergebnis einer nationalsozialistischen Kulturpolitik“

Bisher kein Gedenken an Opfer?

Die Grünen forderten daher einmal mehr die Einsetzung einer unabhängigen Historikerkommission: „Bis heute sind die Verantwortlichen bei den Wiener Philharmonikern nicht dazu in der Lage, den in den NS-Konzentrationslagern ermordeten Mitgliedern des eigenen Orchesters ein ehrendes Gedenken zu widmen. Gleichzeitig aber stört es sie nicht, dass sie einem verurteilten Kriegsverbrecher wie Baldur von Schirach noch 1966 einen Ehrenring verliehen haben", so Walser.

Kritik an „sturem Verhalten“

Für eine solche Aufarbeitung habe er schon vor zwei Jahren auf ausdrücklichen Wunsch des Geschäftsführers der Philharmoniker ein unter Mitarbeit von Fachhistorikern ausgearbeitetes Konzept erstellt, betonte Walser: „Jetzt müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Nach einer kurzen Ausschreibung können Historikerinnen und Historiker schon Anfang nächsten Jahres ihre Arbeit aufnehmen. Mit ihrer sturen Haltung schaden sich die Wiener Philharmoniker nicht nur selbst, sie werfen als Staatsorchester auch einen Schatten auf die ganze Republik.“

Hellsberg hat in der Vorwoche die Einsetzung einer Historikerkommission abgelehnt. „Es kann jeder Wissenschaftler, jeder Forscher kommen und sich das anschauen. Er wird in keiner Weise behindert“, so der Orchestervorstand gegenüber dem ORF-Radio Ö1. Bei der Verleihung des Ehrenrings an Schirach gehe er von einer „Einzelaktivität“ aus, über die er im Archiv nichts gefunden habe.

Die Homepage des Orchesters wiederum werde bis Mai 2013 neu gestaltet und ein eigenes Kapitel über die NS-Zeit enthalten - mehr dazu in news.ORF.at.

Neujahrskonzert im Schatten der Kritik

Die Philharmoniker kommen also auch wenige Tage vor dem traditionellem Neujahrskonzert nicht zur Ruhe. Es wird mit Wagner und Verdi ganz im Zeichen der großen Jubiläen des kommenden Jahres stehen. Nach 2011 dirigiert zum zweiten Mal Franz Welser-Möst das Konzert des Jahres, das in mehr als 70 Länder übertragen wird - mehr dazu in So wird das Neujahrskonzert 2013.

Link: