Aus für alte Straßenbahnen naht

Sie prägen das Stadtbild und sind eine Art Wiener Wahrzeichen geworden: die alten rot-weißen Straßenbahnen der Wiener Linien. Doch ihr Ende ist absehbar. Die älteste Generation soll bereits im Jahr 2017 ihre letzte Fahrt antreten.

„Einerseits wollen wir barrierefrei werden und den Fahrgästen einen bequemen Einstig schaffen, andererseits sind die älteren Fahrzeuge am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. Nach mehr als 40 Jahren ist es Zeit ihre letzte Fahrt anzutreten“, begründet Wiener Linien-Sprecher Dominik Gries das Ausscheiden der alten Garnituren gegenüber wien.ORF.at.

Alte Straßenbahnen in Wien

Wiener Linien / Thomas Jantzen

„E1“ bei der Station Josefstädter Straße

Betroffen davon ist die klassisch rot-weiße Bim. Hier sind die Wiener Linien mit den Modellen „E1“ und „E2“ unterwegs. „Wir gehen davon aus, dass die letzte Fahrt eines ‚E1‘ im Jahr 2017 sein wird“, kündigte Gries an. Die „E2“ wird noch etwas länger in der Stadt unterwegs sein, die „aktuelle Prognose ist, dass sie ihre letzte Fahrt um 2025 herum machen werden“, sagte der Sprecher. Um den Abgang zu kompensieren, ist bereits eine Ausschreibung für die Bestellung 150 neuer Niederflurstraßenbahnen angelaufen - mehr dazu in 150 neue Bims für Wien.

Während die „E1“ über Holzsitze und keine Einstiegshilfen verfügt, kommt den Fahrgästen beim Einsteigen in die „E2“ eine Schwenkstufe entgegen. Auch an der Anzeige am Dach können die beiden Typen unterschieden werden. Bei der „E1“ zeigt ein Metallwürfel die jeweilige Linie an, während die „E2“ mittlerweile über eine elektronische Anzeige verfügt. Zudem wurde das Modell nachgerüstet, damit die Bremsenergie wieder in das Stromnetz eingespeist wird.

Viele Wiener Bims in Polen unterwegs

Fahrbereit und zum Großteil im Einsatz stehen laut Wiener Linien derzeit 130 Züge der „E1“ und 120 Garnituren der „E2“. Daneben sind die Wiener Linien aktuell mit 269 Niederflurstraßenbahnen, die in Wien auch als ULFs („Ultra low floor“) bezeichnet werden, im fünftgrößten Straßenbahnnetz der Welt unterwegs.

Alte Straßenbahn "E2" in Wien

Wiener Lineine/Johannes Zinner

Eine „E2“ am Ring

Die ausgemusterten alten Straßenbahnen landen zum „Großteil in der Altstoffverwertung. Es ist viel altes Eisen, das eingeschmolzen werden kann“, sagte Gries. „Der Materialwert ist größer, als die Entsorgungskosten. Für eine alte Garnitur bekommen wir mehrere tausend Euro.“ Ein Teil der alten Garnituren werde auch an Liebhaber verkauft.

In der Vergangenheit gingen viele alte Straßenbahnen nach Osteuropa. „Viele davon fahren heute in Polen“, sagte Gries. Allerdings würden die Verkehrsbetriebe im Osten mittlerweile auch lieber moderne Niederflurzüge kaufen, weshalb die Wiener Linien bei der Ausmusterung der alten Garnituren laut Gries nicht mehr mit dem großen Geschäft im Osten rechnen.

Austausch für Wien Tourismus kein Problem

Angesprochen auf den Verlust eines beliebten Fotomotives bei Touristen, meinte Gries: „Unsere alten Straßenbahnen prägen sicher das Stadtbild. Uns ist aber trotzdem der Komfort unserer Fahrgäste, die täglich damit unterwegs sind, wichtiger, als die touristische Komponente.“ Mit der Ringtram und den Oldtimern gebe es auch „sicher Varianten“, wie man die Touristenattraktion bewahren könne.

Für den Wien Tourismus ist das Verschwinden der alten Straßenbahnen ebenfalls kein Problem. „Einerseits gibt es Nostalgiefahrten und andererseits wollen Touristen möglichst rasch und bequem von Ort zu Ort gelangen“, sagte Vera Schweder von Wien Tourismus gegenüber wien.ORF.at.

Alle derzeit in Betrieb befindlichen Straßenbahngenerationen der Wiener Linien

WienerLinien/Helmer

Alle in Betrieb befindlichen Straßenbahn-Generationen der Wiener Linien

Seit 1997 Niederflurstraßenbahnen in Wien

Die Wiener Linien sind seit 1997 mit Niederflurstraßenbahnen unterwegs. Siemens hatte sich Mitte der 1990er-Jahre den Auftrag für die erste Tranche mit einer Einstiegshöhe von damals rekordmäßigen 19 Zentimetern gesichert. Einige Jahre später folgte eine zweite 357 Mio. Euro schwere Bestellung, die davon noch ausstehenden Garnituren sollen laut Wiener Linien bis Ende 2017 schrittweise ausgeliefert werden.

Der Vertrag enthielt außerdem eine Option auf einen dritte, noch einmal 150 Züge umfassende Tranche. Von dieser Option machten die Wiener Linien allerdings nicht Gebrauch. Sie entschieden sich Ende Oktober für die Neuausschreibung des Auftrags. Ab Mitte 2017 sollen dann die ersten Exemplare der neuen Straßenbahngeneration durch Wien fahren. Die Lebenszeit der ULF-Nachfolge-Garnituren ist auf 35 Jahre ausgelegt - damit ist sie etwas kürzer, als jene der klassischen rot-weißen Bim.

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