WIG 64: Der Start in die Modernität

Sie war ein Symbol des Wiederaufbaus und der Imagepolitik der Stadt und hat Wien unter anderem den Donauturm gebracht: Die Wiener Internationale Gartenschau (WIG 64) vor genau 50 Jahren. Eine Schau im Wien Museum am Karlsplatz zeigt jetzt die Faszination WIG 64.

Vor genau 50 Jahren, im April 1964, eröffnete auf dem Areal des heutigen Donauparks die WIG 64. 2,1 Millionen Menschen besuchten die damals größte Gartenausstellung Europas. Neben dem 252 Meter hohen Donauturm, der mit seinem Drehrestaurant eines der Highlights der Schau war, gab es auch einen Sessellift, mit dem man über die üppig angelegten Blumenbeete schweben konnte, eine Liliputbahn, zwölf verschiedene Nationalgärten und den speziell für die Schau angelegten Irissee.

Das Wien Museum zeigt dazu von Donnerstag bis 31. August zeitgenössische Fotografien, Plakate, Skizzen, Modelle, Filme und von Wienerinnen und Wienern beigesteuerte persönliche Erinnerungen an die damalige Veranstaltung. Etwa 300 Ausstellungsstücke können im zweiten Stock des Stadtmuseums am Karlsplatz im ersten Bezirk begutachtet werden. Diese stammen zwar größtenteils aus der Zeit während und unmittelbar nach der Schau, stellen den Donaupark und dessen Entwicklung aber auch bis heute fotografisch dar.

Ansichtskarte WIG 64

Wien Museum

Ansichtskarte der WIG 64 mit dem Sessellift

Betonung von Fortschritt und Modernität

Zwei besondere Kuriositäten der damaligen Gartenausstellung stellten außerdem der Ruthnerturm (konzipiert von Ingenieur Othmar Ruthner), ein 41 Meter hohes Turmgewächshaus, das das Prinzip des „Vertical Gardening“ als Möglichkeit der Landwirtschaft in der Stadt praktisch vorstellen sollte, und der Garten des 21. Jahrhunderts dar. In diesem wurden skurrilerweise Pflanzen gezüchtet, die künftig als Nahrung für Astronauten dienen sollten.

Plakat WIG 64

ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung

Programmheft aus Blumen

Der Flyer, der übrigens von den Wiener Stadtgärten auf der Wiese vor dem Wien Museum mit Blumen und Steinen nachgebildet wurde

Nachdem Wien das Projekt mit dem Standort Donaupark 1958 beim Bureau International des Expositions in Paris vorgestellt hatte, erhielt es nach einigen Absagen 1962 schließlich den Rang einer Weltausstellung. Österreich eiferte hierbei vor allem Deutschland nach, das derartige Ausstellungen bereits seit Anfang der 50er Jahre zu veranstalten pflegte und seine Städte dadurch zu Metropolen und Symbolen des Wirtschaftswunders und des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg erhob.

Auch Wien wollte zeigen, dass es das Zeug zur Weltstadt hat. Fortschritt, Modernität und Innovation sollten mit Hilfe der Ausstellung betont, die Vergangenheit aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht werden. „Ganz nach dem Prinzip Tabula rasa“, wie Wien-Museum-Kuratorin Martina Nussbaumer erklärt. Auf dem Areal war zuvor eine Militärschießstätte stationiert, wo während des Zweiten Weltkriegs unzählige Deserteure hingerichtet wurden.

Der internationale Zustrom war jedenfalls auch gigantisch. 1.971 Journalisten kamen aus 38 Ländern, um über das üppig inszenierte Spektakel in Wien zu berichten. Das Pressebüro informierte 2.137 verschiedene Medien laufend über die Ereignisse auf dem Parkgelände jenseits der Donau.

Reklame für die WIG 64

ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung

Werbung für die WIG 64

Kritik von Architekten und Presse

Neben all dem Lob und der Begeisterung fanden sich aber natürlich auch jede Menge Kritiker aus unterschiedlichen Reihen. So bezeichnete der Wiener Architekt Hermann Czech den Ruthnerturm beispielsweise als „wild gewordene Fantasie eines Kleingärtners“, und auch von der Presse wurden die gezwungen optimistische Inszenierung und der finanzielle Aufwand, der eigentlich allein für die Wiener Imagepolitik betrieben wurde, nicht nur gutgeheißen.

Zur Veranschaulichung: Die Kosten für die Errichtung des Donauparks beliefen sich auf 187 Millionen Schilling, die des Donauturms auf 60 Millionen und die der Durchführung der Schau selbst auf 19 Millionen.

Das Wien Museum zeigt die Ausstellung bis 31. August. Die Eintrittspreise liegen für Erwachsene über 19 Jahre bei acht bzw. sechs Euro (ermäßigt), für alle darunter ist der Eintritt frei. Das Ticket gilt dann auch für alle weiteren Ausstellungen im Haus.

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