Sonntagsöffnung: Kritik an Befragung

Die Mitgliederbefragung der Wirtschaftskammer Wien zur Sonntagsöffnung sorgt für Wirbel. Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) Wien wittert einen Datenschutzskandal, weil die Wahlkuverts persönlich zuordenbar seien. Die Kammer weist die Kritik zurück.

Stein des Anstoßes ist ein Barcode auf dem Rücksendekuvert für die Stimmabgabe. Er enthält die Wirtschaftskammer-Nummer des Abstimmenden. Mit einer kostenlosen Handy-App könne auf Basis des Codes jeder den Absender des Kuverts ermitteln, kritisiert der SWV Wien - und damit sei der Wählerwille für die Auszähler nachvollziehbar. „Es ist ein lupenreiner Datenschutzskandal“, so SWV-Wien-Direktor Peko Baxant am Mittwoch in einer Aussendung.

„Viele fragen uns, ob sie den Barcode entfernen können und ob ihre Stimme dann noch gültig ist“, so Baxant weiter. Man könne die Frage jedoch nicht seriös beantworten, da laut Wahlrechtsexperten ein solches Wahlkuvert ohnehin nicht zulässig sei.

Fußgängerzone Kärntner Straße

ORF.at/Julia Hammerle

In der Kärntner Straße könnten Geschäfte am Sonntag bald öffnen dürfen

Kammer: Code gegen doppelte Stimmenabgabe

Die Wiener Wirtschaftskammer weist die Kritik zurück. Der Barcode diene ausschließlich der Verhinderung von Mehrfachabstimmungen, hieß es in einer Aussendung am Mittwoch - das sei bei jeder Briefwahl und Volksabstimmung üblich. Die Kuverts würden beim Einlangen eingelesen, dann werde der Code abgetrennt und entsorgt. Die - ungekennzeichneten - Fragebögen würden entnommen und erst danach von einer Wahlkommission ausgezählt, die behördlichen Charakter habe.

Im Übrigen seien alle Fraktionen in der Wirtschaftskammer in die Vorbereitungen der Abstimmung eingebunden gewesen, und da habe es keine Kritik gegeben, so Kammersprecher Martin Sattler zu Radio Wien. In einer Aussendung hieß es zudem, man appelliere, nicht „mit Unwahrheiten und Panikmache politisches Kleingeld auf dem Rücken der Wiener Unternehmerinnen und Unternehmer zu wechseln“.

Ergebnis der Befragung am 9. Dezember

Am 29. Oktober begann die vom Präsidenten der Wiener Wirtschaftskammer, Walter Ruck, angekündigte Befragung in Sachen Tourismuszonen. Das Ergebnis soll am 9. Dezember vorliegen. Betriebe werden befragt, ob die Wirtschaftskammer für eine Tourismuszone mit Sonntagsöffnung eintreten soll - mehr dazu in Umfrage zu Sonntagsöffnung und Schanigärten. Daneben geht es auch um die ganzjährige Öffnung von Schanigärten und die Bemessungsgrundlage für die gewerbliche Sozialversicherung. Insgesamt sind 100.000 Unternehmer zur Teilnahme an der Urbefragung aufgerufen.

Kundgebung

ORF Wien

Anfang Oktober wurden bereits die Handelsangestellten befragt

Häupl befürwortet Tourismuszonen

Die Wirtschaftskammer Wien sprach sich im September dafür aus, in der Innenstadt und möglicherweise auch in anderen Bereichen der Stadt eine Tourismuszone zu errichten. Dort sollen Geschäfte dann am Sonntag geöffnet haben dürfen - mehr dazu in Wirtschaft für City-Sonntagsöffnung. Eine kammerinterne Arbeitsgruppe sei zu dem Schluss gekommen, dass das Mehreinnahmen von 140 Millionen Euro bringe, erklärte Ruck den Meinungsumschwung in der Frage. „Es handelt sich hier um einen Paradigmenwechsel in diesem Haus.“

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) befürwortet die Einrichtung von Tourismuszonen. Als Bedingung nannte er aber erneut eine Einigung der Sozialpartner - mehr dazu in Sonntagsöffnung: Häupl für Tourismuszonen. Gegen eine Sonntagsöffnung in Wien ist hingegen beispielsweise die FPÖ - mehr dazu in FPÖ „strikt“ gegen Sonntagsöffnung.

Handelsangestellte gegen Sonntagsöffnung

Bereits Anfang Oktober hat die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier die Angestellten im Handel befragt. Auf die Frage „Wollen Sie am Sonntag arbeiten?“ antworteten 94,3 Prozent mit Nein - mehr dazu in Handelsangestellte gegen Sonntagsöffnung.

Kritik an den Befragungsmodalitäten übte damals Alexander Biach, Direktor des Wiener Wirtschaftsbundes: „Ich würde beim Ausfüllen einer Stimmkarte großen Druck verspüren, wenn mein vermeintlicher Interessenvertreter neben mir steht", so Biach in einer Aussendung. Und: "Warum schreit die Gewerkschaft in Wien jetzt plötzlich so laut, während sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehreren hundert Tourismuszonen in allen anderen Bundesländern zugestimmt hat?“