Spitalsärzte: Streit über Nachverhandlungen

Nach der deutlichen Ablehnung der Einigung für die Spitäler des KAV durch die dort beschäftigten Mediziner pocht Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres auf Nachverhandlungen. Die Stadt hält diese für „nicht sinnvoll“.

Alles schien unter Dach und Fach - seit Montag ist wieder alles offen: Eine deutliche Mehrheit der Wiener Spitalsärzte hat ein von Stadt, Gewerkschaft und Ärztekammer schon Ende Jänner fixiertes Dienstzeiten-Lösungspaket für die KAV-Mediziner abgelehnt. Kammerchef Thomas Szekeres will nach dem Nein der eigenen Mitglieder nachverhandeln, was die Gesundheitsstadträtin als „nicht sinnvoll“ erachtet.

Protestkundgebung der Ärztekammer gegen den Stellenabbau in Wiener Spitälern

APA/Fohringer

Protest der KAV-Ärzte hinter dem Rathaus

Kammerpräsident hat Papier unterschrieben

Bei einer beachtlichen Beteiligung von knapp drei Viertel aller KAV-Ärzte stimmten 87,44 Prozent gegen die Einigung. Diese hätte unter anderem höhere Grundgehälter und weniger Nachtdienste vorgesehen. Sauer aufgestoßen waren den Medizinern allerdings die Pläne, im Zuge der Strukturreform bis 2018 genau 382 Dienstposten einzusparen - ein Vorhaben, unter das auch der Wiener Ärztekammerpräsident Szekeres seine Unterschrift gesetzt hatte - mehr dazu in Spitäler: KAV spart 382 Ärzte ein.

Die Kurie hatte allerdings schon im Vorfeld auf eine Abstimmempfehlung verzichtet. Der Kammerchef selbst musste sich noch in der Vorwoche bei einer Ärztekundgebung hinter dem Rathaus Buhrufe aus den eigenen Reihen anhören - mehr dazu in Ärzteprotest: Buhrufe für Kammerspitze.

Szekeres pochte nach Veröffentlichung des Ergebnisses, das für ihn „vorhersehbar und klar“ gewesen sei, auf nochmalige Gespräche mit der Stadt: „Ich glaube, dass es Nachverhandlungen wird geben müssen.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass das Rathaus ein so eindeutiges Votum ignorieren und gegen die Ärzte agieren werde, zeigte er sich überzeugt.

Neuer Plan noch diese Woche

Der Kammerpräsident sieht in der Sache den KAV in der Pflicht. Dieser agiere mit unpräzisen beziehungsweise falschen Zahlen und habe zudem noch nicht einmal im Ansatz damit begonnen, die vereinbarten Strukturmaßnahmen durchzuführen. Stattdessen würde nur über Einsparungen bei Dienstzeiten und Personal nachgedacht, wodurch für Szekeres die Vereinbarung „konterkariert und gebrochen“ wird.

Einen Vertrauensentzug der eigenen Mitglieder sieht der Ärztekammerpräsident offenbar nicht. „Die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter hat ihr Misstrauen gegenüber dem Dienstgeber ausgesprochen, nicht gegenüber der Ärztekammer“, versicherte er. An Rücktritt will Szekeres folglich nicht denken. Wie es nun in Sachen Ärztedienstzeiten in den Gemeindespitälern konkret weitergeht, ist noch unklar. Die Kurie der Ärztekammer will jedenfalls noch diese Woche die weitere Vorgangsweise beraten.

Wehsely will nicht „von vorne anfangen“

Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) steht Nachverhandlungen äußerst skeptisch gegenüber. Das halte sie für „nicht sinnvoll“, sagte sie am Montagnachmittag. Gleichzeitig betonte die Ressortchefin, dass die Gewerkschaft hier erster Ansprechpartner sei. Wenn diese für neue Gespräche sei, „fangen wir von vorne an“, warnte sie.

Sendungshinweis:
Ein „Wien-heute“-Interview mit Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely sehen Sie am Montag um 19.00 Uhr in ORF2 und danach sieben Tage auch on Demand.

Sollte es tatsächlich zu neuerlichen Verhandlungen kommen, dürfte das Gesprächsklima allerdings ziemlich frostig sein. Denn Wehsely übte offen Kritik am „Zick-Zack-Kurs“ der Kammer und an Szekeres selbst. „Es widerspricht allen Erfahrungen in der Sozialpartnerschaft, dass man sich nicht mehr auf Unterschriften verlassen kann und dass Kompromisse nicht gemeinsam vertreten werden“, richtete sie dem Kammerchef aus.

Kein Punkt der Vereinbarung sei unbekannt gewesen. Schon bei der Präsentation der Lösung Ende Jänner habe man darauf hingewiesen, dass man künftig mit weniger Ärzten auskommen werde. „Der Dialog geht weiter, das Paket steht. Von meiner Seite wird der Inhalt des Pakets nicht aufgemacht“, sagte Wehsely im Gespräch mit „Wien heute“.

Gewerkschaft: „Bitterer Nachgeschmack“

Der Vorsitzende der Gewerkschaft für Gemeindebedienstete - Kunst, Medien, Sport und freie Berufe (GdG-KMSfB), Christian Meidlinger, bedauerte die Ablehnung der Einigung für die Ärzte des KAV: „Es ist schade, dass es der Ärztekammer nicht gelungen ist, ein gutes Ergebnis gut zu verkaufen“.

Die Gewerkschaft, die zusammen mit den Ärztevertretern für die Seite der Arbeitnehmer verhandelt hatte, stehe jedenfalls weiter hinter dem Ergebnis. Nun werde man das weitere Vorgehen in einer Vorstandssitzung am Donnerstag sowie in weiterer Folge mit dem Sozialpartner, in diesem Fall der Stadt Wien, besprechen. Das Votum der KAV-Ärzte werde man dabei mitberaten und besprechen.

Er halte die Vereinbarung für „herzeigbar und gut“, so Meidlinger. Man habe sowohl bei den Gehältern eine gute Summe erreicht, als auch gute Dienstzeitmodelle entwickelt. Mit der Ablehnung bleibe nun ein „bitterer Nachgeschmack“. Er verteidigte auch das Vorgehen des KAV, nun jede einzelne Abteilung in Workshops zu evaluieren: Das wäre eine übliche Vorgehensweise von Dienstnehmern in jedem Bereich.

Opposition will Nachverhandlungen

Nichtsdestotrotz regte auch die Rathaus-Opposition am Montag Nachverhandlungen hinsichtlich der Dienstzeitenregelung an. Das negative Ergebnis sei sehr ernst zu nehmen, die Gesundheitsstadträtin müsse wieder zurück an den Verhandlungstisch, drängte ÖVP-Landesparteichef Manfred Juraczka. Er wies aber auch darauf hin, dass Szekeres in die Pflicht zu nehmen sei: „Denn schlussendlich ist er für Verhandlungsergebnisse mitverantwortlich.“

FPÖ-Nationalratsabgeordneter Andreas Karlsböck forderte ebenfalls die Gemeinde auf, „weitere Verhandlungen nicht zu blockieren“. Am Freitag wird sich zudem der Wiener Gemeinderat in einer außertourlichen Sitzung mit dem KAV beschäftigen. Die FPÖ hatte diese bereits vor wenigen Wochen verlangt.

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