Wahlrecht: Grüne wollen SPÖ-Blockade vereiteln

Die Grünen wollen den Mehrheitsfaktors beim Wiener Wahlrecht streichen. Um einer roten Blockade zu entgehen, wollen die Grünen die Geschäftsordnung ändern. Laut SPÖ ist das nicht möglich, denn Änderungen träten nicht sofort in Kraft.

Durch die Geschäftsordnungsänderungen soll der Antrag dennoch zur Abstimmung kommen. Diese Vorgangsweise sei die einzige Möglichkeit, wie sich das Mandatsermittlungsverfahren doch noch gegen den Willen der SPÖ ändern ließe, erklärte der grüne Klubchef David Ellensohn: „Nur so schaffen wir’s.“

Wiener Gemeinderat

APA/Herbert Pfarrhofer

Über eine Änderung der Geschäftsordnung soll abgestimmt werden

Sollte der Rathausopposition also tatsächlich etwas an dem neuen Wahlrecht liegen, müsste sie zuerst der begehrten Änderungen in der Geschäftsordnung und dann dem Zusatzantrag zum Wahlrecht zustimmen, appellierte Ellensohn an ÖVP und FPÖ. Würde man gemeinsam so vorgehen, „haben wir ab 27. März ein neues Wahlrecht, das alle Stückeln spielt“.

Ermittlungsverfahren soll adaptiert werden

Der grüne Plan im Detail: Relevant für die Abschaffung des mehrheitsfördernden Faktors im derzeitigen Wahlrecht ist der Zusatzantrag. Das hauptsächlich im Juristen-Deutsch gehaltene Papier zielt im Wesentlichen darauf ab, dass der prozentuelle Stimmenanteil einer Partei sich möglichst 1:1 in ihrer Anzahl der Mandate im Stadtparlament widerspiegelt.

Formal soll dafür das Ermittlungsverfahren in Anlehnung an die Regelung für Nationalratswahlen modifiziert werden, heißt es in der Antragsbegründung. Auf diese Lösung hatten sich die Grünen - damals noch in Opposition - gemeinsam mit ÖVP und FPÖ auch im inzwischen berühmt gewordenen Notariatsakt aus der Zeit vor der Wien-Wahl 2010 verpflichtet.

Grüne Idee laut SPÖ nicht machbar

SPÖ-Klubobmann Rudi Schicker zeigte sich per Aussendung wenig angetan vom Verhalten des Koalitionspartners: „Wir sind überrascht über die Art und Weise, wie die Grünen hier vorgehen.“ Deren Anträge seien sowieso wenig durchdacht, wie sich in puncto Geschäftsordnung zeige.

Denn die Stadtverfassung regle Änderungen in der Geschäftsordnung wie folgt: „Soweit den Verlautbarungen im Landesgesetzblatt ihrem Inhalt nach rechtsverbindliche Kraft zukommt, beginnt diese, wenn in ihnen nicht anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Tages der Freigabe zur Abfrage im Internet.“ Sprich: Eingriffe in die Geschäftsordnung gelten erst, wenn sie online abrufbar sind - also einige Tage nach der Sitzung.

Die Grünen hatten zuvor erklärt, dass Geschäftsordnungsänderungen sofort nach Beschluss wirksam würden. Dadurch könnte noch am gleichen Sitzungstag jene Nachschärfung zum Tragen kommen, die es dem von der SPÖ gestellten Landtagspräsidenten verunmöglichen soll, den Antrag zur Änderung der Mandatsermittlung erst gar nicht zur Abstimmung zuzulassen.

Zustimmung von Opposition

Trotz der verfassungsrechtlichen Einwände der SPÖ hat die Opposition inzwischen Zustimmung zu den grünen Plänen angekündigt. Die FPÖ sei jederzeit bereit mitzuziehen, „wenn es endlich um die Umsetzung eines fairen und demokratischen Wahlrechts für Wien geht“, versprach Klubchef Johann Gudenus via Aussendung.

„Positiv“ reagierte auch die ÖVP, die ein gemeinsames Vorgehen zusagte. „Die heutige Initiative der Grünen, etwaigen Ausflüchten des Landtagspräsidenten für die Nichtzulassung des Antrags einen Riegel vorzuschieben, begrüßen wir eindeutig“, beschied ÖVP-Mandatar Wolfgang Ulm den Grünen seltenes Lob. Er wünscht sich allerdings noch Detailgespräche, um in den Anträgen nachzujustieren. ÖVP, FPÖ und Grüne haben im Wiener Landtag 51 von 100 Mandate - und somit die Möglichkeit, die SPÖ gemeinsam zu überstimmen.

SPÖ-Mehrheit in Ausschüssen

Die Grünen wollen auch anderswo noch in die Geschäftsordnung eingreifen. Dabei geht es um eine Sache, mit der die SPÖ Änderungen im Wahlrecht schon kürzlich fürs erste verhindert hat - um die Befugnisse der Ausschüsse. Denn bevor ein herkömmlicher Initiativantrag, also eine Gesetzesvorlage, im Landtag abgestimmt werden kann, braucht er das Okay des zuständigen Ausschusses.

Und in all diesen Ausschüssen hat die SPÖ nach wie vor die absolute Mehrheit. So konnte sie vor rund eineinhalb Wochen etwa auch Anträge der Opposition zwecks Wahlrechtsänderung zur juristischen Prüfung auf unbestimmte Zeit weiterleiten anstatt sie zur Abstimmung in die nächste Landtagssitzung zu schicken.

Sämtliche Anträge wurden von den Grünen am Montagnachmittag an Landtagspräsident Kopietz übermittelt. In weiterer Folge wird er üblicherweise allen anderen im Landtag vertretenen Fraktionen übermittelt.

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