Die „Ringstraße des Proletariats“

Der Wiener Gürtel ist auch als „Ringstraße des Proletariats“ bekannt. Anlässlich des Ringstraßen-Jubiläums widmet sich eine Ausstellung im Karl-Marx-Hof den Gemeindebauten am Gürtel, die hier in der Zwischenkriegszeit entstanden.

Zwischen 1919 und 1933 errichtete das „Rote Wien“ 380 Gemeindebauten. Die meisten wurden am Margaretengürtel errichtet. Als „politischer Gegenentwurf“ zur bürgerlichen Ringstraße wurden rund um den Reumannhof 24 zum Teil monumentale Bauten errichtet, die als architektonische Zeichen auch die neuen Machtverhältnisse in Wien widerspiegeln sollten, heißt es in den Unterlagen zu der von Lilli Bauer und Werner T. Bauer kuratierten Schau.

Dabei soll nicht nur die Architektur, sondern auch die Infrastruktur der sozialen Wohnbauten thematisiert werden - schließlich verfügten bei Ende des Ersten Weltkriegs über 90 Prozent aller Wiener Wohnungen über keine eigene Toilette und keinen eigenen Wasseranschluss. Dem versuchte der seit 1919 sozialdemokratisch dominierte Wiener Gemeinderat durch ein großangelegtes kommunales Wohnbauprogramm entgegenzutreten.

„Eine Ringstraße des Volkes“

Das neue Klassenbewusstsein fand Ausdruck in „Volkswohnungspalästen“, etwa am Gürtel. „Längs dieser Straße sind heute prächtige Bauten entstanden, die in ihrer Zweckmäßigkeit und Schönheit die Anerkennung der Welt gefunden haben. So können heute die Margaretner ihren Gürtel eine zweite Ringstraße nennen. Hier ist eine Ringstraße des Volkes entstanden, des Volkes, das wir emporführen wollen zum Verständnis und zum Genuss des Schönen“, zeigte sich Bürgermeister Karl Seitz bei der Eröffnung des Franz-Domes-Hofes am 28. Juni 1930 stolz.

Die Ausstellung „Die Ringstraße des Proletariats - Ein Gegenentwurf“ im „Waschsalon“ des Karl-Marx-Hofs in Wien-Heiligenstadt ist bis 20. Dezember geöffnet, am Donnerstag von 13.00 bis 18.00 Uhr, am Sonntag von 12.00 bis 16.00 Uhr sowie nach Voranmeldung unter 0664/88540888.

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