Fans jubelten zwischen Gay-Bar und Rathaus

Bei trockenem Wetter haben am Donnerstagabend auf dem Rathausplatz tausende Menschen das zweite Semifinale des Song Contest geschaut. Aber auch an anderen Orten in der Stadt wurde mitgefiebert - von der Gay-Bar bis zum Ringstraßenhotel.

„Wie laut können 6.000 Menschen sein?“, fragt der Moderator kurz vor der Live-Übertragung auf dem Rathausplatz. Die Menge brüllt, die Show beginnt, Fahnen werden in die Höhe gerissen. Schnell wird klar, wer die Favoriten des Abends sind oder wer die lautesten Fans am Rathausplatz hat: Schweden, Slowenien und Israel. Eine Gruppe Schweden feuert Mans Zelmerlöw mit „Heja Sverige“ an, was so viel wie „Los geht’s Schweden“ heißt. Sie sind überzeugt, dass Zelmerlöw siegen wird. Als der Refrain seines Beitrages „Heroes“ einsetzt, tanzt die Masse.

Auch bei Israel tobt die Menge und als der Sänger Nadav Guedj zu tanzen beginnt, hüpft auch das Publikum. Und wie auch schon am Dienstag beweist das Public-Viewing-Publikum ein ziemlich sicheres Gespür: Alle Lieblinge schaffen es ins Finale.

Gejubelt wird übrigens auch für Teilnehmer, die an dem Abend gar nicht im Semifinale gesungen haben: Il Volo aus Italien und The Makemakes sorgen beim Interview vor dem Ergebnis für Begeisterungsstürme am Rathausplatz. Die österreichischen ESC-Starter konnten die Fans bereits rund zwei Stunden vor dem zweiten Semifinale live am Platz erleben.

Hotel Imperial: „Man wird schauen, wen man trifft“

Auch im Hotel Imperial am Kärntner Ring wird im Erdgeschoß die Liveshow übertragen. Ein 60-jähriger Veranstaltungstechniker aus Korneuburg hat sich hier mit einem Freund nach der Arbeit verabredet. „Das Ambiente“, sei der Grund, sagt er. Der Eintritt ist kostenlos und „kommen kann jeder der will“, hieß es im Vorfeld. Das kleine Bier kostet fünf Euro, für einen Aperol-Spritzer müssen die Gäste sechs Euro bezahlen.

Liveticker zum Nachlesen
Songcontest.ORF.at hat das zweite Semifinale live begleitet. Mit Kommentaren, Bildern und vielen Posts aus den Sozialen Netzwerken. Der Ticker ist hier nachzulesen.

„Ich schätze, dass 90 Prozent Wiener sind, der Rest sind Hotelgäste“, sagt Hotelmanager Klaus Christandl. Einer der Besucher ist ein 36-jähriger Unternehmensberater, der mit seiner Freundin auf Einladung von Florens Eblinger, dem Ehemann von Song-Contest-Moderatorin Arabella Kiesbauer, da ist. Ob es dabei ums Netzwerken geht, beantwortet der Unternehmensberater so: „Man wird schauen, wen man trifft“. Eblinger erzählt, dass er für den heutigen Abend viele Einladungen verschickt hat, in Absprache mit der Hotelleitung. Hotelmanager Christandl schätzt, dass „gut 120 Personen gekommen sind“.

Die Gespräche unter den Besucherinnen und Besuchern reißen auch während der einzelnen Song-Contest-Beiträge nicht ab. Einige sitzen oder stehen während der Live-Übertragung mit dem Rücken zur Leinwand. Hie und da sind „Psst“-Rufe zu hören, einmal wird auch auf ein Glas geklopft, um für Ruhe zu sorgen. Der Song Contest als solcher scheint bei einigen Besuchern im Ringstraßenhotel nicht unbedingt an erster Stelle zu stehen.

„Gänsehaut“ in der Gay-Community

Andere Prioritäten gibt es hingegen in der Gay-Community, die im Felixx und in der Village Bar in Mariahilf das zweite Semi-Finale gespannt mitverfolgt. „Kannst du ein bisschen rutschen, wir waren zuerst hier“, versuchen deutsche Fans ihren Platz im Felixx zu verteidigen. Bis zu einer halben Stunde brauchen die Kellner am Abend um sich durch die Massen wieder zurück an die Theke zu schlängeln. Bei „Heroes“, dem Favoriten aus Schweden, sind die Streitigkeiten um die Plätze längst wieder vergessen. „Ich habe so Gänsehaut, das Lied ist so schön“, sagt Diego aus Chile. „Die Lichtshow ist verblüffend.“

Sendungshinweis:
„Wien heute“, 22.5.2015

Auch die Veranstalter der Lokale selbst sind mittlerweile vom Song-Contest-Fieber angesteckt. „Man spürt, es gefällt den Fans, die von überall her reisen. Wir sind stolz auf Wien“, sagt Helmut Patterer vom Felixx. Bereits vier Monate vor dem Song Contest trafen erste Reservierungen aus Norwegen ein.

Für Samstag ist das Felixx ausreserviert. „Das ist die umsatzstärkste Woche, die das Lokal jemals haben wird“, sagt Kellner Andy. „Ich bin überrascht, was die Leute an Geld ausgeben. Eine Gruppe von Schweden besucht uns jeden Tag und lässt jedes Mal mehrere hundert Euro hier“, erzählt Patterer. Mit der Song-Contest-Dekoration könnte es allerdings bis zum Finale eng werden. Denn die Wimpel an der Decke und die Tischaufsteller verschwinden „Stück für Stück“, sagt Patterer.

Martina Gerlitz, Lisa Rieger, Hubert Kickinger, wien.ORF.at

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