Kurzfilme gegen den Komfort

Ab Samstag lädt das neue Kurzfilmfestivals dotdotdot im Wiener Volkskundemuseum dazu ein, die eigene Komfortzone zu verlassen. Geboten werden 200 Filme an 40 Tagen. Eröffnet wird mit einer Installation und Performances.

Dotdotdot tritt die Nachfolge vom espressofilm-Festival an. Unter freiem Himmel werden im Garten des Volkskundemuseums Kurzfilme gezeigt, die das Publikum dazu anregen sollen, private und politische Komfortzonen in Frage zu stellen. Erstmals wird auch der Schönbornpark für Picknicks, Workshops und künstlerische Interventionen genützt. Das Volkskundemuseum selbst dient als Festivalzentrum, aber auch als Kaffeehaus, Diskussions-, Ausstellungs- und Workshopraum.

Volkskundemuseum

Craig Dillon

Dotdotdot bietet Kino im Museumsgarten und Picknicks im Schönbornpark

Die Bedeutung der drei Punkte

Das Kurzfilmfestival heißt nicht ohne Grund dotdotdot. Denn im Morsealphabet stehen drei kurze Signale (engl. dot ) für den Buchstaben S wie in „short“. Drei Punkte am Ende eines Satzes stehen außerdem für das, was nicht ausgesprochen wird.

Veranstaltungshinweis:

dotdotdot15, Open-Air-Kurzfilmfestival, von 11. Juli bis 23. August, Volkskundemuseum

Ein Kurzfilm ist ein Film mit drei Punkten am Ende, so die Veranstalter. Kurzfilm habe das Potential, durch Auslassungen ganze Welten zu öffnen. Das Ziel sind Diskussion, Emanzipation und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politischen Brennpunktthemen.

Filme von Studierenden und Preisträgern

Gezeigt werden etwa Filme vom britischen Fotografen Daniel Meadows sowie den Regie-Drehbuch-Kollaborateuren Radu Jude und Florin Lazarescu anlässlich ihrer Auszeichnung mit dem Silbernen Bären für „Aferim!“ bei der Berlinale 2015. Außerdem kommen die jüngsten Preisträger des „Prix illy du court metrage“ aus Cannes nach Wien. Am Programm stehen auch Arbeiten von Studierenden der Wiener Filmakademie.

Offenes Festival für alle Menschen

Um als "offenes Filmfestival“ für alle Menschen, unabhängig von individuellen Fähigkeiten, ethnischer wie sozialer Herkunft, Geschlecht oder Alter zu dienen, gibt es einen frei wählbaren Eintritt ab null Euro. Zusätzlich werden generationenverbindende Workshops und ein barrierefreien Zugang zu allen Veranstaltungsorten angeboten.

Lisa Neumann

Ulrike Kozeschnik-Schlick

Festivalleiterin Lisa Neumann

Jeden Freitag ist barriereFREItag. Hier werden alle Filme mit Untertitel ausgestattet, alle Moderationen und Gespräche werden in Gebärdensprache übersetzt und bei allen Workshops stehen Kommunikationsassistentinnen zur Seite. Die letzten beiden Ferienwochen gehören den jüngsten Besuchern ab vier Jahren. Denn Kinder seien zum einen ein kritisches Publikum und zum anderen oft selbst radikale sowie neugierige Filmemacher.

Kurzfilme, Gedichte und Twitter

Das Festival erkundet außerdem Wechselbeziehungen zwischen Kurzfilm und anderen Gattungen, die Kurzformen hervorbringen - etwa das Gedicht. Genauso wie der Kurzfilm schöpft es seine Kraft aus der Dichte. Gemeinsam mit Protagonisten der lokalen Szene wollen die Festivalmacher unter dem Titel „beyond words“ poetische Streifzüge auf der Leinwand und durch die Stadt bieten.

„Wir werden uns durch eine Vielfalt zeitgenössischer Kurz- und Kürzestformate probieren – Widerstandsdichtung, Twitter Poetry, Video Haikus –, neue Hybriden kreieren“, so die Veranstalter. Außerdem sollen Exponate der Sonderausstellung des Volkskundemuseums „Denk an mich! Stammbücher und Poesiealben aus zwei Jahrhunderten“ für die Kinoleinwand adaptiert werden.

Personale, Residents of June Street, Salford, 1973

Daniel Meadows und Martin Parr

Zur Eröffnung werden Filme von Daniel Meadows gezeigt

Nächtliche Gespräche über die Komfortzone

Neben Barrierefreiheit beschäftigt sich das Festival unter dem Motto „no/more comfort“ mit kreativen Strategien gegen private und politische Komfortzonen. Zu den nächtlichen Gesprächsrunden mit den Filmemachern stoßen Menschen dazu, die in Wien Zeichen und Aktionen setzen.

Die Komfortzone Wohnraum wird ebenso in Frage gestellt wie virtuelle Kommunikationszonen und das Gefühl vermeintlicher Sicherheit, das Bürokratie und Regulierungsmaßnahmen vermitteln. Welches Risiko und welche Chancen bergen Grenzüberschreitungen? Wo fängt soziale Verantwortung an? Wie geht Zivilcourage?

Unter dem Codewort KOZO öffnet sich bei am Samstag bereits um 20.00 Uhr die Komfortzone für die Festivalbesucher. Die interaktive Installation der Literaturwissenschaftlerin Julia Grillmayr lädt zur Pflege von Bedürfnissen und Befindlichkeiten ein.

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