3.650 Flüchtlinge am Westbahnhof

Insgesamt 3.650 Flüchtlinge sind laut Polizei am Montag aus Ungarn kommend am Wiener Westbahnhof angekommen. Kontrolliert wurde kaum. Hunderte schliefen im Bahnhof. Zahlreiche Menschen kamen, um zu helfen.

Lediglich sechs der 3.650 Menschen hätten einen Asylantrag gestellt, so Polizeisprecher Patrick Maierhofer. Der Rest sei bereits in Zügen Richtung Salzburg und Deutschland weitergereist.

Hunderte Menschen verbrachten die Nacht auf Dienstag auf dem Gelände des Westbahnhofs. Sie hätten in einem von den ÖBB bereit gestellten Zug und in einem leer stehenden Bürogebäude geschlafen, teilte der Geschäftsführer der Caritas Wien, Alexander Bodmann, mit. Er sprach von rund 300 bis 400 Menschen. Die Caritas versorgte die Flüchtlinge mit Lebensmitteln, es standen zwei Suppenbusse bereit. Zahlreiche Privatpersonen brachten Hygieneartikel, halfen den Menschen mit Wasser, Obst und Schokolade. Auch Mitarbeiter der ÖBB stellten Wasser zur Verfügung.

Freiwillige Helfer am Westbahnhof

APA/Roland Schlager

Freiwillige Helfer am Westbahnhof

„Kontrolle unmöglich“

Den ganzen Montag über waren dieselben Bilder zu sehen, wie sie in Europa inzwischen zum traurigen Alltag gehören: abgekämpfte Menschen, teilweise mit Kindern im Arm, strömten in Wien aus den Zügen aus Ungarn. Empfangen wurden sie von der Polizei und von freiwilligen Helfern, die Wasser und Bananen an die Ankommenden verteilten. Die meisten hatten allerdings gar keine Zeit, um sich von den Strapazen zu erholen. Ziel der meisten Flüchtlinge waren offensichtlich die Anschlusszüge nach Deutschland.

Die Polizei hielt sich zurück, Kontrollen gab es so gut wie keine. „Österreich gibt den Versuch, Migranten zu filtern, offensichtlich auf“, kommentierte die Nachrichtenagentur Reuters. „Der Westbahnhof ist kein Flughafen, den man absperren kann“, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Zudem sei eine lückenlose Kontrolle bei einem derartigen Strom von Menschen gar nicht möglich.

Bildershow: Die Flüchtlinge am Westbahnhof

Flüchtlinge ohne Visum müssen zurück nach Ungarn

Hahslinger unterstrich aber, dass sehr wohl Kontrollen stattgefunden hätten. Die Flüchtlinge hätten auch bei jedem Polizisten Asyl beantragen können. Bei jenen Migranten, die nicht Asyl beantragt haben und die über kein Schengen-Visa verfügten, wurden „Maßnahmen zur Rückführung nach Ungarn eingeleitet“. Allerdings gab es noch keine Zahlen über derartige Aufgriffe.

Polizeisprecher am Westbahnhof

Polizeisprecher Roman Hahslinger im ZIB 2-Interview.

Der Ansturm der Flüchtlinge nach Wien war möglich geworden, nachdem Ungarn am Montag überraschend seine Blockade gegen die Weiterreise von Flüchtlingen beendet hat. Tausende Migranten versuchen seitdem, Tickets für Züge nach Österreich und Deutschland zu ergattern.

"Almanya, Germany“-Rufe

"Almanya, Germany.“ So einfach war es noch nie für so viele Menschen, ohne EU-Aufenthaltsbewilligung, Richtung Deutschland zu reisen. Almanya, Germany – hier geht´s nach Deutschland, riefen ÖBB-Security-Mitarbeiter und spontane Helfer am Wiener Westbahnhof. So animierten sie die Flüchtlinge und Migranten zum Umsteigen aus einem Zug, der nicht mehr weiter fährt in einen Zug nach Salzburg. Eine Reportage von Bernt Koschuh - mehr dazu in Von Budapest über Wien nach Deutschland (oe1.ORF.at).

Stundenlange Verspätung

Die Railjets am Montag aus Budapest waren auch derart überfüllt, dass sich die ÖBB veranlasst sahen, an der Grenze die ungarische Polizei zur Hilfe zu rufen und die Züge wegen Überfüllung zu räumen. Erst Stunden später konnten sie ihre Reise fortsetzen - mehr dazu in Flucht im Zug: Stopp bei Nickelsdorf (burgenland.ORF.at).

Die Hunderten von Flüchtlinge könnten nur eine Vorhut gewesen sein. Seitens der Behörden rechnete man damit, dass auch in den kommenden Tagen Flüchtlinge aus Ungarn nach Österreich und Deutschland reisen werden. Pro Tag verkehren rund 15 Züge zwischen Wien und Ungarn.

Demo Mensch sein in Österreich

APA/Georg Hochmuth

Demonstranten hießen Flüchtlinge willkommen

Demo gegen Asyl-Zustände

Auf dem Wiener Westbahnhof machten auch eine Handvoll Demonstranten ihrem Ärger über die Asyl-Zustände in Österreich Luft. Sie skandierten Parolen wie „No Border, no Nation“ und hielten Plakate in die Höhe, auf denen „Refugees Welcome“ zu lesen war.

Außerdem demonstrierten am Montag in Wien rund 20.000 Menschen für mehr Menschlichkeit in der Flüchtlingspolitik. Zur Demo aufgerufen hatte eine Privatperson. Mehrere NGOs schlossen sich an - mehr dazu in 20.000 Menschen bei Flüchtlingsdemo.